Montag, 14. September 2015

Dissoziiertes Paar

Nein, so wollte er nicht weiterleben, so nicht mit dieser zwar sehr hübschen aber stinklangweiligen Regula. Schon ihr Name, sie verabscheute Kosenamen, war ihm mit der Zeit zuwider geworden, er fand—sagte es ihr aber nie—das töne nach Regelblutung. Und eben, Regelblutung, Kopfschmerz, Rückenbeschwerden, Völlegefühl einfach alles war bei Regula Ausrede um keine Zärtlichkeiten ertragen zu müssen. Wenn Regula ab und zu doch einwilligte den—wie sie sagte—Beischlaf zu akzeptieren, hatte er das Gefühl mit einer Puppe oder gar mit einer Schlafenden zusammen zu sein. Regula war sexuell langweilig und absolut phantasielos. Sie liess es wie eine Naturkatastrophe über sich ergehen. Zwar waren sie schon bald sieben Jahre zusammen aber Regula wurde immer langweiliger, das Einzige was ihr Freude zu machen schien war Shoppen. Oliver ging immer öfter allein aus, mal ins Kino—Regula mochte nur honigsüsse Liebesschnulzen—mal mit den Kollegen ins Stammlokal, auch fing er wieder an ein wenig Sport zu machen. Ein grosser Sportler war er nie gewesen aber ein wenig Bewegung konnte ja nichts schaden. Er brachte, nach vielen Jahren sein altes Fahrrad wieder in Schuss und kaufte sich einen Helm, so etwas schien heutzutage üblich zu sein. An diesem Samstag nun fuhr er schon sehr früh, als Regula noch schlief, um eine Radtour rund um den kleinen Greifensee zu machen. Noch vor sieben Uhr sah er eine Radfahrerin am Wegrand die dabei war ihren kaputten Reifen zu wechseln. Ganz Gentlemen hielt er und bot seine Hilfe an, lachend sagte die Fahrerin, solche Galanterien, dachte sie, gebe es schon lange nicht mehr. Renate—so hiess sie, wurde aber nur Renni genannt—und Oliver kamen ins Gespräch. Renni war etwa fünfzehn Jahre älter als Oli, sie war absolut durchtrainiert, kein Gramm, nicht mal ein Milligramm Fett war auf ihrem drahtigen Körper auszumachen. Warum Renni „Renni“ genannt wurde merkte Oli beim gemeinsamen weiterfahren. Renni schwatzte lustig darauf los während Oli ausser Atem strampelte was das Zeug hergab und dabei immer mehr zurückfiel. Renni wartete und gab sich viel Mühe l a n g s a m e r zu treten. Im Restaurant beim Fischessen kamen sie sich näher. Oli fragte, ob sie alles so intensiv mache, die Antwort war klar und deutlich. Ja wenn du das wissen willst, musst du schon zu mir kommen, dann zeige ich dir, dass nicht nur Sport meine Zeit ausfüllt. So eine Sex(plosion) hatte er in seinem ganzen Leben noch nie erlebt. Im Bett—was heisst hier Bett—es war in der ganzen Wohnung überall und ohne irgendwelche Tabus….einfach irreal, Renni war überwältigend. Renni machte bei vielen Sportereignissen mit, Marathon, Ironman, Radrennen einfach alles was viel Energie brauchte, auch merkte Oli ,dass Renni sehr viel ass aber durch den Sport ihr Gewicht und ihre Muskeln total kontrollierte.
Genauso apathisch wie sie in der Beziehung gewesen war nahm Regula die Trennung hin, als hätte sie in all den Jahren nichts für Oli empfunden. Renni und Oli wurden ein Paar, bald schon zog Oli bei Renate ein, gross genug war das Haus und die Wohnung ja, da ihr Exmann damals als sie aus einem Trainingslager zurückgekommen waren, nur seine Klamotten und einige Bücher mitgenommen hatte und sich damit aus dem Staub gemacht hatte. Selbst zur Scheidung war er nicht aus Argentinien, wo er nun lebte, zurückgekommen. Als sie zusammengekommen waren war Oli  knapp fünfunddreissig Renni also einundfünfzig. Jahrelang akzeptierte Oli, jede freie Minute mit Renni zusammen sportlich aktiv zu sein, Renni war in dieser Beziehung fast unersättlich auch ihr Liebesleben wurde immer intensiver, was Oli mit der Zeit Probleme bescherte. Jahre später, als er sich einmal über zu viel Sex beklagte  musste er sich anhören, „glaubst du ich habe einen viel jüngeren Mann genommen um sexuell zu darben“?  und fand am nächsten Abend eine grosse Packung Potenzpillen neben seinem Abendbrotteller als sie beide von einem Waldlauf zurück nach Hause kehrten. Und jetzt sann Oli wie er es vermeiden könnte  wenigstens an diesem Wochenende nicht erneut mit dem Schlauchboot über Stromschnellen fahren zu müssen. Als sie Freitags zu später Stunde, beide mit Fahrrädern, Anhänger und der ganzen Campingausrüstung sowie dem Schlauchboot an ihrem Geheimort in den Bergen am reissenden Fluss angekommen und ihr kleines Camp aufgebaut hatten wollte Renni das Boot aufblasen. Wo ist die Pumpe, fragte sie recht unwirsch. Ja hast du sie denn nicht, wie immer, in deinen Anhänger gepackt antwortete Oli scheinheilig, die ist doch immer in deinem Wagen. Er hatte die Pumpe, als Renni noch mal schnell Pipi machte aus dem Anhänger entfernt und an ihren Aufbewahrungsort zurückgetan. Der Ventilansatz der Fahrradpumpen war viel zu klein um damit das Boot aufzupumpen und die nächstgelegene Garage weit genug entfernt sodass eine Fahrt dahin keinen Sinn machte. Das ganze hatte auch noch einen kleinen, für Oli sehr schönen, Nebeneffekt, da Renni sauer war, schlief sie –was nur selten passierte—ohne Sex ein.  Nirgendswo war am Samstag eine Pumpe aufzutreiben, dies brachte Renni dazu auszuflippen. Nun in ihrer unkontrollierten Wut kam ihr Alter voll zur Geltung, der Charme war gebrochen und Oli musste sich auf die Schnelle eine neue Bleibe suchen.         

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