Mittwoch, 30. September 2015

Marina, oder ein verkorktes Leben

 Marina war eine strebsame Schülerin gewesen und dann war sie auch im Lehrerseminar—das sie aus Familientradition besuchte— die Klassenbeste. Trotz ihrer herausragenden Leistungen fand sie immer wieder Zeit um Dozenten und Kommilitonen –nicht nur rein bildlich gesprochen—zur Brust zu nehmen. Ja Marina war sehr an den Männern interessiert. Man sagte ihr schon in der Schulzeit unzählige Liebeleien nach, vielen ihrer Mitschüler war sie wissende Instruktorin auf dem Weg der sexuellen Entdeckungen gewesen. In der Zeit des Studiums hatte sie  einen geradezu enormen Verschleiss an Sexualpartnern. Sie war nicht etwa untreu, denn nie hatte sie behauptet sich mehr als einige möglichst wilde sexuelle Begegnungen nehmen zu wollen. Viele ihrer Kurzzeitpartner verliebten sich aber in diese sehr gut aussehende junge Frau, deren ganz leichter „Silberblick“ also ihr leichter Strabismus ihr einen ganz besonderen Reiz gab. Sie wollte aber nichts Festes, dazu fühlte sie sich viel zu jung und verzichten auf all die anderen wäre  ihr ein Gräuel gewesen. Mit Bestnote absolvierte sie ihr Examen. Sie fand auch sofort eine  Stelle in der begehrtesten Schule der Hauptstadt. Das war für Marina ideal, stammte  sie doch aus einem Dorf wo die Auswahl junger, oder auch nicht so junger, Männer naturgemäss sehr beschränkt war. Sie war in dieser Schule mit Abstand die jüngste und hübscheste, also begehrenswerteste, Kollegin. Schon nach wenigen Monaten hatte sie Affären mit den meisten männlichen Kollegen, sodass deren Gattinnen sich erbost telefonisch oder auch persönlich  bei ihr beschwerten; lassen sie meinen Mann in Ruhe sie : wahlweise Hure, Nutte, Schlampe, Kreatur, Schnepfe……….. Marina antwortete immer ruhig lächeln, sorgen sie dafür, dass ihr Mann nicht anderswo sein Glück suchen muss, ich—das schwöre ich ihnen—zwinge keinen und nehme nur die, die wirklich wollen. Einige Jahre später war Marina mit einem sehr sanften Gymnasiallehrer verheiratet, dies hinderte sie aber nicht ihren, an Obsession  grenzenden, Männerverschleiss fortzuführen. Sie kauften zusammen ein Haus, Marina wohnte aber nur selten und dann lediglich für einige Tage mit ihrem Gatten zusammen, sie brauchte und  hatte eine eigene Wohnung. War ihr Ehemann, so wie er allen Aussenstehenden erschien, homosexuell oder ist dies nur üble Nachrede gewesen? Marina machte immer mehr Politik, Erziehungspolitik. Irgendwann verliess sie das Lehramt und wechselte in die Leitung „Bildungswesen“. Dadurch hatte sie ein ganz neues Jagdrevier, ja viel interessantere  Begegnungen die sie auch schon mal zeitlich ausdehnte, oft wurde sie nun monatelang mit nur einem Partner gesehen. Viele Jahre gingen ins Land, Marina blieb verheiratet, Kinder hatte sie keine und mit ihrem Mann zusammen war sie nur sporadisch, zu Urlauben und Kulturreisen in die grossen Opernhäuser der Welt. Sie hatte immer noch ein sehr jugendlich wirkendes Gesicht, aber ihr Körper war enorm geworden. Nun sah man sie oft abends an der einen oder anderen Hotelbar der Hauptstadt, wie sie nach neuen Bekanntschaften Ausschau hielt und ganz gemächlich mehrere Gläser Cognac schlürfte. Kam man nach dem Kino oder  Theater noch mal kurz an die Bar um ein letztes Glas zu trinken, sass sie meist noch da, allerdings leicht besäuselt und leider immer noch ohne Begleitung.                                                               Ach wie ist doch das Altern manchmal grausam!!!

Samstag, 26. September 2015

Intimität, was ist das?

Er kann sich noch gut an die Zeit erinnern, als man mit der geliebten Person am Freitag nach der erledigten Arbeit gemeinsam zum Einkaufen ging, man musste sich allerdings beeilen, denn die Geschäfte schlossen um halb sieben. Also war automatisch Hetzerei angesagt. Wenn man dann mit schweren Einkaufstaschen nach Hause kam, fiel man erst mal gierig übereinander her, hatte man doch die ganze Woche gedarbt und sich auf den anderen gefreut, zusammenziehen tat man damals erst nach der Trauung.  Erst später wurde das Eigekaufte in Ruhe in der Küche ausgepackt und verstaut. Apéro und gemeinsames Kochen waren üblich, dann kam meist ein erholsamer Fernsehabend, zum Ausgehen war ja der Samstag da. Einige Jahre später, er war inzwischen verheiratet, Kinder waren gekommen und die gemeinsamen Kuschelstunden fanden immer später statt, erst nach dem Essen und dem –ins Bett bringen—Ritual der Kinder. Alltagssorgen mischten sich in die Intimität, es war einfach anders als früher, weder schlechter noch besser, aber eben anders. Dann kam die Katastrophe, seine Frau hatte sich neuorientiert und er hatte keinen Platz mehr in ihrem Daseins-Planing. Es fiel ihm sehr schwer, sich auch neu zu orientieren war ihm zuwider, er blieb alleine und stürzte sich –statt in eine neue Liebschaft—in die Arbeit, bis ja bis der Körper über den Geist siegte. Depression und Herzrhythmusstörungen brachten ihn in eine—da er viel Geld hatte—Luxusklinik. Er wurde, wie er im Nachhinein lachend sagte, renoviert. Die Hauptverantwortliche der Erneuerung war eine junge Physiotherapeutin, sie wurde zu seiner Obsession, ja er lebte nur noch für die zwei Stunden, die Kathrin täglich mit ihm verbrachte. Als er dann, als geheilt, die Klinik verliess, war er ihr schon unsterblich verfallen.

Bei ihrem ersten gemeinsamen Essen in einem sehr schönen und guten Restaurant, merkte er –eher unbewusst—dass etwas anders war als zuvor. Was es war wurde ihm in der bald darauf folgenden ersten Liebesnacht bewusst. Sie waren zu dritt im Bett, Kathrin er und das Smartphone. Ja damals in der Klinik war es dem Personal verboten gewesen, ihr Mobiltelefon mit zur Arbeit zu nehmen, aber dann im Restaurant und im Bett war der Blick immer halb aufs Handy gerichtet. Da er keine Dreierbeziehung wollte lebte er nun wieder alleine in seinem grossen Haus, schuld war Martin Cooper, wäre der angeln gegangen statt das diabolische Mobiltelefon zu erfinden wäre er mit Kathrin sicher glücklich geworden.

Dienstag, 22. September 2015

Backpackers

Sind wir nicht alle, wenn wir ein gewisses Alter erreicht  und  „gelebt“, also eine Vergangenheit aufgestaut, haben, mit Backpackern zu vergleichen. Die wirklichen Backpackers tragen ihr Hab und Gut immer mit sich herum, wir anderen haben einen virtuellen Rucksack der uns immer begleitet. Ja, wenn wir neue Menschen kennenlernen, ganz egal in welcher Situation, hat unser Gegenüber genauso wie wir selbst, seine ganze Lebenserfahrung in einem unsichtbaren Rucksack bei sich. Unbefangen ist man in der Kindheit und in den jugendlichen Anfängen des sich Kennenlernens, aber je länger und je intensiver man lebt desto schwerer wird der Rucksack und damit die Annäherung an neue Menschen. Sei‘s nun ,dass man eine neue Arbeit antreten soll oder neue Bekanntschaften macht, immer drückt der virtuelle Rucksack, manchmal nur leicht, oft aber sehr schwer auf unsere seelischen Schultern. Wie, ja wie kann ich für einige Zeit meine Vergangenheit und die—nicht etwa nur schlechten—Erfahrungen einfach vergessen. Man würde so gerne mit neuem Blick an neue Begegnungen herangehen, aber  der Teufel der Erinnerung guckt uns immer über die Schulter. Ja dieser Teufel ist ja auch der Erfinder des Phänomens des „Deja-vu“—des Französischen Wortes dass wohl alle kennen—auch wenn sie mit der Sprache Voltaires nicht vertraut sind.  Sei‘s beim allerersten gemeinsamen Essen mit    ein er/em neuen Partner/in oder bei einem Vorstellungsgespräch mit dem eventuellen neuen Chef, es ist nicht der Schalk sondern die Vergangenheit die einem im Nacken sitzt und bohrende Fragen oder Randbemerkungen in unsere Ohren flüstert. Vermeiden lässt sich dies alles nicht, es bleibt uns nur der Versuch damit luzide umzugehen um weiterhin Freude am Leben zu haben.

Freitag, 18. September 2015

Freundschaftsdienst

Es ist ja schon seit der Antike bekannt, wenn du jemandem einen Dienst erweist, machst du dir einen Feind, weil er sich  in deiner Schuld fühlt. Es ist einfacher mit dem Dienst unzufrieden zu sein als sich zu bedanken. Dazu eine kleine Geschichte, ob sie erlebt oder erfunden ist spielt eigentlich kaum eine Rolle. Es waren einmal zwei Freundinnen, die eine hatte einen Laden, einen Modeladen mit schönen sehr modischen Kleidern. Nennen wir sie Roswitha, ihre Freundin hiss Eveline. Warum diese zwei so unterschiedlichen Frauen befreundet waren hat kaum eine andere ihrer Bekannten und Freundinnen je verstanden. Roswitha  und Eveline verbrachten sehr viel Zeit zusammen in dem Laden, sie schwatzten und tranken Kaffee und diverse Light-Getränke. Kamen Kundinnen in die Boutique so kümmerte sich Roswitha um sie ,meist kauften diese Frauen auch etwas, manchmal reservierten sie aber nur dies oder jenes, um sich Bedenkzeit zu lassen. Ab und zu, aber eher recht selten, wenn sie zum Arzt oder sonst wohin musste, bat Roswitha ihre Freundin den Laden zu hüten. Eveline sagte nie nein, denn insgeheim beneidete sie ihre Freundin um diese schöne Boutique, die sie nur dank ihres Mannes Grosszügigkeit, vor einigen Jahren eingerichtet hatte.        Ja Roswitha hatte alles, einen Mann, zwei Kinder und diese beneidenswert tolle Boutique. Eines schönen Tages fragte Roswitha ihre Freundin ob sie einverstanden wäre, die Boutique für  ein ganzes Jahr zu hüten, denn sie und ihr Mann wollten mit den fast schon erwachsenen Kindern zusammen eine grössere Reise unternehmen—so was wie eine letzte gemeinsame Zeit bevor die Kinder studierten—. Eveline war natürlich Feuer und Flamme und sagte sofort zu. Allerdings musste sie dazu auch die neue Mode für die nächsten Saisons einkaufen. Roswitha erklärte ihr alles und empfahl ihr, den Verkäufern, die sie schon seit Jahren kannte, zu vertrauen was Menge Grössen und Auswahl betraf. Die Familie verreiste und Eveline kümmerte sich um die Boutique. Bald merkte sie, dass die Stammkundinnen kaum je etwas kauften, nein sie reservierten und dann traten sie vom Kauf zurück, dies fast systematisch. Auch kamen immer weniger der Stammkundinnen, die Eveline ja auch vom Sehen her kannte, in den Laden. Es war für Eveline unverständlich und sehr frustrierend. Selbst im Ausverkauf konnte sie nur wenig—vor allem an Laufkundschaft—loswerden. Trotzdem musste sie die neue Kollektion einkaufen. Sie war sicher, dass die von Roswitha gekauften Sachen nicht dem Kundenwunsch entsprachen und so schlug sie die Ratschläge der Verkäufer in den Wind und suchte selbst, nach ihrem Geschmack, aus. Nichts, oder fast nichts der so gut ausgesuchten Sachen brachte Eveline an den Mann, beziehungsweise, richtiger, an die Frau. Als Roswitha, nach  einem Jahr zurückkam, hatte ihr ihre LADENHÜTERIN statt gute Umsatzzahlen nur sehr viele LADENHÜTER zu präsentieren.     Komisch ,dass die Freundschaft danach nicht mehr so richtig innig weiterging.


Mittwoch, 16. September 2015

Vorstellungstermin

Nie zuvor und auch fast vierzig Jahre danach habe ich so etwas gesehen. Es war komisch und erschreckend zugleich, das schwierigste  dabei    war,  selbst das Gesicht zu wahren, während das Gesicht des Protagonisten zerfiel, zerbröckelte und einfror.   
     Ja damals Ende der Siebzigerjahre, ich war seit fünfzehn Jahren schon in der selben Firma im Aussendienst und fühle mich etwa so wie ein altes Möbelstück behandelt, das zwar immer da ist, welches man aber nicht mehr pflegen muss. Als mich dann ein Kollege einer anderen Pharmafirma fragte, ob ich nicht Interessiert wäre mit ihm zusammen in seiner Firma zu arbeiten, entschied ich, mich dort zu bewerben. Der Kollege sagte mir allerdings, er habe schon mehrere Kollegen befragt und diese seien auch schon zu einem Bewerbungsgespräch angetreten, aber er würde alles stoppen, sollte ich mich bewerben, denn er habe mich seit Jahren als kompetenten und beliebten Mitarbeiter kennengelernt und da wir ja zusammenarbeiten würden wäre er froh es mit mir und nicht mit –er nannte mir die anderen Kandidaten—so mittelmässigen. Warum er mehrere Kandidaten angesprochen hatte erfuhr ich erst viel später, ja die Firma zahlte für jeden valablen Kandidaten dreihundert Franken und für den Kandidaten auf den die Wahl fiel zweitausend. Weil nun mein zukünftiger Kollege eine sehr enge Beziehung zum Materiellen hatte, schickte er mehrere Kandidaten nach Basel um sich mehr Geld zu sichern, denn alle waren irgendwie als valabel einzustufen, arbeiteten sie doch seit Langem in anderen Firmen.      

Also ging ich nach Basel zu einem Gespräch, ich wurde von mehreren Personen getestet und dann gefragt, ob ich einverstanden sei, da ich in die engere Wahl komme, zu einer renommierten Psychologin zu gehen. Ich war einverstanden, würzte aber mein Einverständnis mit einem kleinen Psychotest, ja ich bat—um keinen Arbeitsausfall bei meinem jetzigen Arbeitsgeber zu haben— und da es meine Ehrlichkeit nicht zuliess einfach frei zu nehmen, an einem Samstag oder Abends nach Achtzehn Uhr zu diesem Test zu gehen. Dies beindruckte meine eventuell zukünftige Chefin ausserordentlich. Nach absolviertem Test bei einer sehr charmanten älteren Psychologin, die dem Namen nach zum „Basler Daig“ gehörte, wurde ich zu einem finalen Gespräch nach Basel eingeladen, an einem Samstag!! Um zehn Uhr früh fand ich mich in der Firma ein und wurde von der Chefin persönlich abgeholt, weil der Pförtner—der ja sonst samstags nie da sein musste—verspätet kam.  Ihre Psychologische Beurteilung ist sehr positiv sagte mir die Chefin schon im Fahrstuhl in die obere Etage. Man bot mir Kaffee an und fragte mich ob ich die Stelle—zu den schon bekannten sehr guten Konditionen—annehmen wolle. Ich bejahte und unterschrieb sofort den vorbereiteten Vertrag. Innerlich frohlockte ich, da ich mit einem Schlag, nur schon mit dem Grundlohn und den grosszügigen Spesen  etwa fünfundzwanzig Prozent mehr verdienen würde; dazu kamen ja noch—hoffentlich erreichbare— Prämien. Wir, der Personalchef, der Direktor und meine „jetzt“ Chefin plauderten noch angeregt, bis etwa viertel vor elf. Dann verabschiedete ich mich und nahm den Lift zum Ausgang.  Als  der Fahrstuhl sich öffnete stand ein Kollege, den ich natürlich seit Jahren kannte, vor der  Tür. Als er mich sah und erkannte fror sein Lächeln ein   und dann wurde sein Gesicht  plötzlich wie versteinert und er sagte. Du bist also der andere in der Endrunde, dann ist es ja für mich gelaufen, ich muss gar nicht mehr   hinaufgehen.  Ich versuchte ihn zu beruhigen, sagte nicht dass ich unterschrieben habe und wollte mich verabschieden. Aber er klammerte sich an mich und  sagte, dass meine absolute Zweisprachigkeit sicherlich ein grosser Vorteil sei.                                                              Ich liess ihn in diesem Glauben und schützte Beschäftigung vor, als er mich bat, doch auf ihn zu warten.          

Montag, 14. September 2015

Dissoziiertes Paar

Nein, so wollte er nicht weiterleben, so nicht mit dieser zwar sehr hübschen aber stinklangweiligen Regula. Schon ihr Name, sie verabscheute Kosenamen, war ihm mit der Zeit zuwider geworden, er fand—sagte es ihr aber nie—das töne nach Regelblutung. Und eben, Regelblutung, Kopfschmerz, Rückenbeschwerden, Völlegefühl einfach alles war bei Regula Ausrede um keine Zärtlichkeiten ertragen zu müssen. Wenn Regula ab und zu doch einwilligte den—wie sie sagte—Beischlaf zu akzeptieren, hatte er das Gefühl mit einer Puppe oder gar mit einer Schlafenden zusammen zu sein. Regula war sexuell langweilig und absolut phantasielos. Sie liess es wie eine Naturkatastrophe über sich ergehen. Zwar waren sie schon bald sieben Jahre zusammen aber Regula wurde immer langweiliger, das Einzige was ihr Freude zu machen schien war Shoppen. Oliver ging immer öfter allein aus, mal ins Kino—Regula mochte nur honigsüsse Liebesschnulzen—mal mit den Kollegen ins Stammlokal, auch fing er wieder an ein wenig Sport zu machen. Ein grosser Sportler war er nie gewesen aber ein wenig Bewegung konnte ja nichts schaden. Er brachte, nach vielen Jahren sein altes Fahrrad wieder in Schuss und kaufte sich einen Helm, so etwas schien heutzutage üblich zu sein. An diesem Samstag nun fuhr er schon sehr früh, als Regula noch schlief, um eine Radtour rund um den kleinen Greifensee zu machen. Noch vor sieben Uhr sah er eine Radfahrerin am Wegrand die dabei war ihren kaputten Reifen zu wechseln. Ganz Gentlemen hielt er und bot seine Hilfe an, lachend sagte die Fahrerin, solche Galanterien, dachte sie, gebe es schon lange nicht mehr. Renate—so hiess sie, wurde aber nur Renni genannt—und Oliver kamen ins Gespräch. Renni war etwa fünfzehn Jahre älter als Oli, sie war absolut durchtrainiert, kein Gramm, nicht mal ein Milligramm Fett war auf ihrem drahtigen Körper auszumachen. Warum Renni „Renni“ genannt wurde merkte Oli beim gemeinsamen weiterfahren. Renni schwatzte lustig darauf los während Oli ausser Atem strampelte was das Zeug hergab und dabei immer mehr zurückfiel. Renni wartete und gab sich viel Mühe l a n g s a m e r zu treten. Im Restaurant beim Fischessen kamen sie sich näher. Oli fragte, ob sie alles so intensiv mache, die Antwort war klar und deutlich. Ja wenn du das wissen willst, musst du schon zu mir kommen, dann zeige ich dir, dass nicht nur Sport meine Zeit ausfüllt. So eine Sex(plosion) hatte er in seinem ganzen Leben noch nie erlebt. Im Bett—was heisst hier Bett—es war in der ganzen Wohnung überall und ohne irgendwelche Tabus….einfach irreal, Renni war überwältigend. Renni machte bei vielen Sportereignissen mit, Marathon, Ironman, Radrennen einfach alles was viel Energie brauchte, auch merkte Oli ,dass Renni sehr viel ass aber durch den Sport ihr Gewicht und ihre Muskeln total kontrollierte.
Genauso apathisch wie sie in der Beziehung gewesen war nahm Regula die Trennung hin, als hätte sie in all den Jahren nichts für Oli empfunden. Renni und Oli wurden ein Paar, bald schon zog Oli bei Renate ein, gross genug war das Haus und die Wohnung ja, da ihr Exmann damals als sie aus einem Trainingslager zurückgekommen waren, nur seine Klamotten und einige Bücher mitgenommen hatte und sich damit aus dem Staub gemacht hatte. Selbst zur Scheidung war er nicht aus Argentinien, wo er nun lebte, zurückgekommen. Als sie zusammengekommen waren war Oli  knapp fünfunddreissig Renni also einundfünfzig. Jahrelang akzeptierte Oli, jede freie Minute mit Renni zusammen sportlich aktiv zu sein, Renni war in dieser Beziehung fast unersättlich auch ihr Liebesleben wurde immer intensiver, was Oli mit der Zeit Probleme bescherte. Jahre später, als er sich einmal über zu viel Sex beklagte  musste er sich anhören, „glaubst du ich habe einen viel jüngeren Mann genommen um sexuell zu darben“?  und fand am nächsten Abend eine grosse Packung Potenzpillen neben seinem Abendbrotteller als sie beide von einem Waldlauf zurück nach Hause kehrten. Und jetzt sann Oli wie er es vermeiden könnte  wenigstens an diesem Wochenende nicht erneut mit dem Schlauchboot über Stromschnellen fahren zu müssen. Als sie Freitags zu später Stunde, beide mit Fahrrädern, Anhänger und der ganzen Campingausrüstung sowie dem Schlauchboot an ihrem Geheimort in den Bergen am reissenden Fluss angekommen und ihr kleines Camp aufgebaut hatten wollte Renni das Boot aufblasen. Wo ist die Pumpe, fragte sie recht unwirsch. Ja hast du sie denn nicht, wie immer, in deinen Anhänger gepackt antwortete Oli scheinheilig, die ist doch immer in deinem Wagen. Er hatte die Pumpe, als Renni noch mal schnell Pipi machte aus dem Anhänger entfernt und an ihren Aufbewahrungsort zurückgetan. Der Ventilansatz der Fahrradpumpen war viel zu klein um damit das Boot aufzupumpen und die nächstgelegene Garage weit genug entfernt sodass eine Fahrt dahin keinen Sinn machte. Das ganze hatte auch noch einen kleinen, für Oli sehr schönen, Nebeneffekt, da Renni sauer war, schlief sie –was nur selten passierte—ohne Sex ein.  Nirgendswo war am Samstag eine Pumpe aufzutreiben, dies brachte Renni dazu auszuflippen. Nun in ihrer unkontrollierten Wut kam ihr Alter voll zur Geltung, der Charme war gebrochen und Oli musste sich auf die Schnelle eine neue Bleibe suchen.         

Sonntag, 13. September 2015

Traumgarderobe

Lothar hatte eine recht grosse Wohnung. Er hatte es sich so eingerichtet, dass er viele verschiedene Schränke besass .Der Grund dafür war, sein Gewicht. Ja es schwankte sehr, ging rauf, dann wieder runter und wieder rauf so wie es allen Menschen mit Gewichtsproblemen bekannt sein dürfte; ausser jenen, denen es ganz egal ist zuzunehmen, die also kein Gewichtsproblem haben und die auch nie den Versuch—sich schlankzuhungern—unternehmen. Bei Lothar war das ganz anders, jedes Mal wenn er einen neuen „Freund“ hatte fing er eine strenge Diät an, je intensiver das Liebesverhältnis war, desto schneller purzelten die Pfunde. Wie so oft bei schwulen Paaren setzte die Promiskuität, manch grosser Liebe wenn nicht ein Ende, so doch einen Dämpfer , oder gar eine  Unterbrechung  der Beziehung, auf. War Lothar schuldig an dieser „Liebespause“ hatte also was Neues in (L)(P)etto, ging alles seinen gewohnten Weg, er blieb Gewichtsstabil war aber der Freund Schuld an der Liebespause oder –noch schlimmer—am Liebesende tröstete sich Lothar, indem er –bildliche gesagt—im Kühlschrank lebte und in wenigen Wochen mehr zulegte als er je zuvor verloren hatte. Dies war nun schon seit vielen Jahren so und das erklärt die vielen Schränke.   Ja jeder Schrank war, nicht etwa einer bestimmten Moderichtung zugedacht, nein einer bestimmten Kleidergrösse. 50,52,54,56,58,60 waren die Schränke, virtuell, angeschrieben. Mäntel, Anzüge Jacken Hosen Hemden Pullis und auch Leibwäsche befanden sich fein geordnet im jeweils passenden Schank. Als grossen Trost empfand Lothar, dass Schuhe und Socken  n i c h t  in den Schränken aufbewahrt werden mussten, dies war eine, beziehungsweise zwei, Sorgen weniger. Jeder neue Liebhaber fragte selbstverständlich nach diesen Schränken—die natürlich nicht mit den Kleidergrössen angeschrieben waren—dazu war Lothar viel zu eitel. Einmal, als Lothar einen süssen jungen neuen Liebhaber gefunden und zu sich nach Hause abgeschleppt hatte, sie ein ganzes Wochenende lang kaum aus dem Schlafzimmer gekommen waren, kam der Zeitpunkt wo der Süsse die grosse Wohnung inspizieren wollte. Stolz zeigte Lothar alles was er besass, auch die Schränke, dies sogar mit Erklärung. Siehst du, mein Liebling, wenn ich so glücklich wie mit die bin purzeln die zu vielen Pfunde einfach weg und schon bald kann ich die nächst kleinere Garderobe wieder anziehen; und diesen Schrank mit der kleinsten Grösse brauche ich, wenn wir zwei, mein Süsser, ein Jahr Zusammensein feiern, dann laden wir alle Freunde ein und feiern meine jugendliche schlanke Figur. Du träumst wohl, sagte der süsse Liebhaber, dabei dachte er an  die Beziehung, Lothar dachte an Grösse 50  !  Seit diesem Liebeswochenende, das leider nicht wiederholt wurde, nennt Lothar seine Reserveschränke „meine Traumgarderobe“

Freitag, 11. September 2015

Streber

Alle in der Schule hielten Dieter für ein Riesen-AL. Selbst den Lehrern ging dieser fiese Streber auf den Sack, auch die Lehrerinnen fanden ihn zum Kotzen. Lag es an seinem familiären Hintergrund, denn seine Eltern waren sehr streng mit ihm? Der Vater war höherer Polizeibeamter, einer von der unangenehmsten, sadistischen  Sorte, die Mutter hingegen war das was man früher als Waschweib bezeichnete, sie arbeitete Halbzeit als Hilfskraft im Kirchgemeindehaus der Reformierten Kirche. Bigott waren schon die Grosseltern gewesen, das heisst sie waren es noch immer. Beide Opas waren Lehrer und ihre Frauen die Omas hatten sich um Haushalt und Kinderdressur gekümmert; ja Erziehung war in diesen Familien ein totales Fremdwort gewesen. So waren die beiden Opas, die ja ein Leben lang in derselben Schule unterrichtet—eigentlich gewütet—hatten und der Vater im Kirchenrat und kontrollierten alles was in der Gemeinde passierte. In welcher politischen Partei sie militierten sei dahingestellt, wo immer es war, sie, die beiden Opas und der Vater, hatten das Sagen! Nun zurück zu unserem „Goldstück“ Dieter. Er nahm sich alles was er zuhause mitbekam sehr zu Herzen, besonders wenn die zwei  Opas ihrem Sohn, seinem Vater, beziehungsweise Schwiegersohn zuhörten als der erklärte  wie er Verdächtigen Fallen stellte und die Freude die er fast schon körperlich empfand wenn die Schuldigen dann auch in die gestellte Falle tappten und so der gerechten Strafe zugeführt werden konnten. Dieter machte es genauso, er spionierte die Mitschüler aus und petzte nicht etwa im Geheimen, nein er meldete sich vor der ganzen Klasse zu Wort, um dem Lehrer die Sündenböcke zu nennen welche dies oder das angestellt hatten. Auch in der Freizeit musste man sich vor Dieter in Acht nehmen, er versteckte sich da wo er glaubte, oder gar wusste, dass die Mitschüler nach der Schule ihre verbotenen Streiche und Ungezogenheiten anstellten. Dieter machte im Religionsunterricht sehr eifrig mit und petzte dem Pfarrer alle schlimmen Worte und Taten seiner Mitschüler. Der Pfarrer war ein alter vergrämter humorloser kinderloser Witwer, seine Frau war vor vielen Jahren, noch sehr jung, verstorben und es war für ihn Labsal diese bösen Kinder, die Dieter ihm mit allen Einzelheiten ans Messer lieferte, gebührend zu ermahnen oder gar zu bestrafen. Das schlimmste war, wenn der Herr Pfarrer sich für einen Besuch bei den Eltern des Sündenbockes ankündigte. Ja Dieter war der aufrechte Helfer der Schule und der Kirche. Er musste viel lernen, drei Mal wöchentlich bei dem einen und vier Mal wöchentlich bei dem anderen Opa, der ihn auch am Sonntag in Religion unterrichtete. Dadurch  war er den anderen meilenweit voraus und hatte doch noch Zeit zu intrigieren. Inzwischen war man im sechsten Schuljahr, wo der Weizen von der Spreu getrennt werden musste, die einen kamen ins Gymnasium, die anderen entweder in die Sekundarschule oder—die weniger begabten—in die Realschule. Vor dem Abschluss des Schuljahres der Klasse war ein Ferienlager anberaumt, alle Schüler waren dabei. Eine Woche Wanderung im schönen Hinter-Rheintal. Alle, Schüler und Lehrer kamen erholt von dieser Erfahrung nach Hause, nicht so Dieter, er war unglücklich ausgerutscht  und  tief ins Tal gestürzt. Die religiöse Abdankfeier war sehr ergreifend mit dem Gesang der vereinten Schulklassen „ Ich hat einen Kameraden“. Warum dann auf dem Friedhof eine so fröhliche Stimmung herrschte blieb den Eltern und den Grosseltern ein Geheimnis, sie dachten sicherlich dass die Erinnerung an ihren über alles geliebten Dieter alle so fröhlich gestimmt hatte.

Mittwoch, 9. September 2015

Faule Eier

So einfach ist es gar nicht, spontan seinen Unwillen auszudrücken, indem man jemanden mit matschigen Tomaten und faulen Eiern  bewirft! Ich frage mich, wie spontan kann den ein Wutausbruch der Bauern, die in der Hauptstadt, das Landwirtschaftsministerium mit faulen Eiern und matschigen Tomaten bewerfen, sein. Bis Eier so richtig faul sind, dass es bis ins Büro des Ministers stinkt, müssen diese Eier ja  mindestens zwei—besser drei bis vier—Monate ungekühlt aufbewahrt werden. Bei den Tomaten geht’s schneller es ist aber keineswegs  einfach hier den idealen  Zeitpunkt zu erwischen. Dies zwingt die unzufriedenen Bauern, den spontanen Ausdruck der Unzufriedenheit Monate im Voraus zu planen,  sonst stinken die Eier nicht richtig  und die Tomaten sind nicht in der Lage die Wände und Fenster fernsehwirksam einzufärben. Darum kann ich den Landwirten, eigentlich nur raten, mit Gülle und Mist in ihre Hauptstadt oder gar gen Brüssel zu ziehen, denn diese wirksamen protestunterstreichenden Hilfsmittel sind immer—wenn sie auch danach zum Düngen der Felder fehlen—in grosser Menge vorhanden. Noch ein kleiner Tipp, Gülle und Mist der Bretonischen und Holländischen Schweinezüchter ist um vieles penetranter als der Kuh oder gar der Pferdemist.

Dienstag, 8. September 2015

Mademoiselle

Madeleine, war aus ihrem geliebten Jura nach Lausanne in die Schwesternschule des roten Kreuzes gekommen. Es war eigentlich schon immer ihr Wunsch gewesen Krankenschwester zu werden. Ja eigentlich eher Kinderschwester. Auch liebäugelte sie von Zeit zu Zeit mit der Idee als Kinderschwester in eine Mission geschickt zu werden, denn sie war doch recht aktiv in ihrer reformierten Gemeinde im südlichsten Teil des –damals noch ganz zu Bern gehörenden—Juras. Wie so oft im Leben kam alles anders. Madeleine machte ihre Schwesternschule ohne Probleme und war schon in jungen Jahren eine beliebte Kinderschwester, ja beliebt war sie bei allen, seien  es  Kinderärzte oder Mitschwestern, aber am meisten Erfolg hatte sie bei den Kindern. Auch mit den Eltern kranker Kinder konnte sie sehr gut umgehen. Sie war eine reizende junge Frau—natürlich damals noch Fräulein also Mademoiselle—für den Chefarzt der schon die sechzig überschritten hatte, war sie nicht nur reizend sondern sichtlich aufreizend. Damals blieben Chefärzte mindestens bis siebzig, konnten aber auch bis fünfundsiebzig bleiben; ein Desaster für nachrückende Oberärzte die sich entweder in Geduld hüllen oder in die Privatpraxis gehen und dadurch ihren Traum Chef zu werden begraben mussten. Erst förderte der Chefarzt diese bildhübsche Kinderschwester, bald schon sollte, oder durfte sie in seiner Praxis arbeiten. Es kam wie es kommen musste, eines Abends als Madeleine noch die Praxis aufräumte bedrängte er sie mit – wie er in seinem Kopf glaubte—betörenden Worten und als sie sich zu Wehr setzte wurde er grob und nahm sich das, was er glaubte das Recht zu haben, eben mit Gewalt. Irgendwann gab Madeleine ihre Gegenwehr auf und liess es über sich ergehen. Am nächsten Tag konnte sie nicht zur Arbeit gehen, sie blieb heulend und verängstigt zwei Tage im Bett. Auf die Fragen der Mitbewohnerinnen im Wohnheim antwortete sie sehr ausweichend. Dann rappelte sie sich auf und ging wieder ins Spital, weigerte sich aber in der Praxis des Chefarztes zu arbeiten. So hatte keiner Madeleine je gesehen, die sonst immer lachende fröhliche junge Schwester war in sich gekehrt und sehr ängstlich. Einige Tage später hatte sie Nachtdienst, der diensthabende Arzt war—damals ein absolutes Novum—eine Frau, nein eine „Mademoiselle“, Docteur Germaine B. Die Ärztin verwickelte Madeleine in ein—anfangs sehr harziges—Gespräch und erfuhr nach einiger Zeit was dieser „armen Kleinen“ geschehen war. Schon wieder dachte sich die Ärztin, aber es war in dieser Zeit unmöglich den „Gott Chefarzt“ anzuklagen, alle hätten geglaubt, dass diese junge Schwester sich nur wichtigmachen wollte. Germaine kümmerte sich sehr liebevoll um Madeleine und versprach ihr, sie sobald sie ihre Praxis fertiggestellt habe, werde sie Madeleine als Praxisschwester zu sich zu nehmen. Mademoiselle Docteur Germaine B. eröffnete in Lausanne die erste Privatpraxis für Kinderheilkunde der ganzen Westschweiz die von einer Frau, nein eben „Mademoiselle“ geführt wurde. Der Anfang war schwer, konnte man einer Frau trauen? fragten sich viele „Damen“ aus der guten Gesellschaft. Die ersten Patienten waren Kinder der armen und der „gefallenen Frauen“ die keinen Vater ihrer Kinder nennen konnten oder wollten. Glücklicherweise kam Germaine aus einer sehr reichen Familie, dadurch wurde die Durststrecke von mehreren Monaten überbrückt. Die Kinderpraxis war –wie damals gang und gäbe—in der sehr grossen Wohnung integriert. Mademoiselle Madeleine bewohnte das Dienstmädchen-Zimmer unter dem Dach. Als ich diese Ärztin in den frühen Sechzigerjahren als Vertreter besuchte waren beide, Mademoiselles schon über siebzig. Es war inzwischen stadtbekannt, dass sie ein engeres Verhältnis, als das von Arbeitgeberin und Angestellter, hatten. Offiziell wohnte Madeleine immer noch in der  ungeheizten Dienstboten Mansarde, und hatte natürlich auch einen eigenen Briefkasten, war aber durch die durchscheinenden Gardienen hindurch fast immer im gemeinsamen Schlafzimmer zu sehen. Oft sah man die beiden Fräuleins,  die sich nach wie vor mit Mademoiselle und „SIE“ ansprachen im Konzert oder Theater. Ich fragte mich damals, als mir ein älterer Arzt die ganze Geschichte erzählte, ob Madeleine nur aus der schlechten Erfahrung heraus oder aus Veranlagung in diese lesbische Zweisamkeit eingewilligt hatte.

Montag, 7. September 2015

Schweigen

Nun sass er wieder da, mit ausdruckslosem desinteressiertem ja gelangweiltem Gesicht, Lisa sah dass er ihre Bemerkungen mal wieder überhaupt nicht  verstanden und erst recht nicht  akzeptiert hatte, er war sauer. Wie war es dazu gekommen? Ach ja Lisa hatte sich erlaubt zu fragen: „du hast  wohl länger gearbeitet  da du den späteren Zug  genommen hast“,  ihre Anfrage war sachlich neutral, es war weder ein Vorwurf noch eine Inquisition, aber er, Theo fühlte sich überwacht und schrie sie sofort an. Du kannst ja gar nicht wissen, was es bedeutet, in der Klinik Dienst zu haben und sich um alles kümmern zu müssen, denn du hast ausser dem bisschen Haushalt nichts Wichtiges zu tun und ausserdem habe ich deine Unterstellungen einfach satt. Theo war seit einigen Wochen, ja eigentlich seit dem Wochenenddienst an Ostern wie verwandelt.                                                                                     Er kam immer öfter Stunden später als bisher. In den zwei Jahren die sie nun schon zusammen waren, ist Theo nicht ein einziges Mal später als erwartet gekommen, was Lisa sehr erstaunlich fand da sie dachte ein Arzt muss sicher manchmal länger bleiben. Seine Anrufe kamen auch nicht mehr sofort nach Dienstschluss, nein oft rief er erst vom Zug aus an, kurz bevor er ankam. Auch hatte er sich immer sehr gefreut, wenn Lisa ihn in der Klinik, so als schöne Überraschung, abgeholt hatte. Dann waren sie zusammen spazieren gegangen und anschliessend in eins ihrer Lieblingslokale um eine Kleinigkeit zu sich zu nehmen, ein oder mehrere Gläschen vom lokalen Wein hatten auch nie gefehlt.                                                                                                                                                              Ja am Ostermontag, weil Theo Dienst hatte und das Wetter so schön war, hatte Lisa eine Radtour gemacht und sich spontan entschieden Theo zu besuchen und mit ihm zusammen in der –sehr guten— Kantine eine Kleinigkeit zu essen. Theo war nicht auf Station gewesen, auch im Büro war er nicht, nein er war schon in der Kantine wo Lisa ihm sichtlich ungelegen kam, sass er doch mit einer bildschönen jungen Assistentsärztin in äusserst angeregter, nicht nach dienstlich aussehender Konversation. Lisa wusste natürlich von der neuen Assistentin, Theo hatte, auf ihre Anfrage hin, ob sie hübsch sei nur murmelnd geantwortet nee eher ein Mauerblümchentyp, und nun war es ihm sichtlich peinlich diese  sehr attraktive ein wenig „nuttenhafte“ junge Frau  auch noch als seine neue Assistentin und engste Mitarbeiterin vorstellen zu müssen. Der Verlauf des Essens, nun zu dritt war, dank krampfhaften Bemühens  aller, nicht in Schweigen gehüllt. Und seither war Theo wie ausgewechselt. Es gab ohne Anlass regelmässig Streit. „Du spionierst mir nach, meine Kollegen reden schon hinter meinem Rücken, dabei gibt es keinen Grund; krankhaft eifersüchtig bist du warum weiss ich nicht, Grund dazu habe ich dir nie gegeben. Keine  Frau meiner Kollegen kommt in die Klinik um ihren Mann zu kontrollieren, nur mir muss so was Peinliches passieren“. Wenn er, so wie heute, mal wieder dasass, fiel Lisa auf, dass er einen ganz starren, wie abwesenden Ausdruck hatte auch seine Körperhaltung war fast schon spastisch, aber was sie am meisten beunruhigte war, dass er mit  den Händen so etwas wie, ja wie denn? ach ja, wie Würgegriffe machte und den Mund ganz verkrampft geschlossen hielt – er machte ihr richtig Angst—. Plötzlich stand Theo ruckartig auf und verliess Türe knallend die Wohnung. Am nächsten Tag kam er, als Lisa beim Einkaufen war, seine Sachen abholen und liess den Schlüssel im Briefkasten . Seither sind mehrere Wochen vergangen ohne dass Lisa ein Lebenszeichen von ihrem, na was denn Traummann, Lebenspartner? erhalten hatte. War sie für ihn bloss eine Übergangsfrau gewesen? Lag es an Lisa oder war er, Theo, einfach ein Schweinehund?

Samstag, 5. September 2015

Der allmächtige Herr Professor

(eine wahre Geschichte sie ist mir von der betroffenen Blondine bestätigt worden)

Es war in den späten Sechzigerjahren irgendwo in der Französischen Schweiz. Der Professor der Chirurgie>ein begnadeter Chirurg< war bekannt dafür, alle in seiner Abteilung >besser noch in seinem Departement< arbeitenden Frauen als sein Harem zu betrachten; viele dieser Frauen waren nicht abgeneigt dies auch so zu sehen. Seit einiger Zeit war  aber  eine Änderung aufgetreten, der Herr Professor hatte mal wieder eine Favoritin gefunden, es war eine sehr hübsche, ja beinahe schon schöne Deutschschweizerin die als Instrumentalistin ihren Dienst angetreten hatte. Sie ähnelte einem Bild Albert Ankers gemischt mit der James Bond Darstellerin Ursula Andress, einfach umwerfend fanden viele, die ist für mich beschloss der ach so selbstbewusste Professor. Und so wurde die Schönheit zum exklusiven Besitz, auf Zeit, vom Herrn Professor.  Einige Monate später, die Begeisterung füreinander hatte gehässigen Streitereien Platz gemacht, schimpfte der Herr Professor bei einer heiklen Operation in Richtung der explosiven Blonden, mit der zusammen er vor einigen Stunden noch das  >traute vorläufige Heim<  geteilt hatte „wenn sie so gut instrumentieren würden wie sie vögeln, könnte ich besser operieren. Die Antwort der Blonden kam wie aus der Kanone geschossen, „ wenn sie auch nur halb so gut vögeln würden wie sie operieren wäre es wie im Paradies“  .Die Blondine brauchte eine neue Stelle, nicht etwa dass sie rausgeschmissen wurde, nein ein Assistenzarzt hatte sich in sie vergafft und wollte nun sein „Eigentum“ vor dem bösen bösen Wolf in Sicherheit wissen.      

Freitag, 4. September 2015

Waldsterben

Die leider nicht mehr ganz so jungen Leser werden sich sicher an das grosse Waldsterben erinnern. Was wurde da nicht für ein Blödsinn gesagt, vielen Protagonisten wäre es sicherlich äusserst peinlich mit ihren, medienwirksamen, Aussagen und Auftritten konfrontiert zu werden. Autofreie Wochenende oder Tage wurden gefordert, drastische Limitierung der Geschwindigkeit erheischt,  das Heizen musste überdacht werden, um den  bösen sauren Regen zu bekämpfen oder gar zu verhindern. Umweltgurus hatten das Sagen und unkten in überheblicher Selbstüberschätzung auf allen möglichen Fernsehkanälen und im Blätterwald der Presse. Papier gab’s zu Hülle und Fülle wegen der abgestorbenen Wälder. Eine Riesenorgie von Dummheit und Pseudowissen  überflutete uns arme Umweltsünder. Heute etwa dreissig Jahre später gibt es in der Schweiz mehr Waldfläche als seit hunderten von Jahren. Das erinnert mich an das berühmte Bonmot dessen Autor mir leider entfallen ist „ Prognosen sind nicht einfach zu stellen, besonders wenn es um die Zukunft geht“. Bleibt eigentlich nur noch die Frage, was  ach was ist  denn aus den abgestorbenen Wälder geworden. All diese Überlegungen stellte ich an, als ich kürzlich in Schaffhausen auf den Bus wartete der mich zum Spital bringen sollte, da sah ich plötzlich einen Bus, die Nummer eins, wo als Endstation WALDFRIEDHOF stand. Es fiel mir wie Schuppen von den Augen, hier waren also die damals gestorbenen Wälder begraben; ich schwor mir nächstens, wenn ich nicht zum Spital fahren musste, den Bus Nummer eins zu nehmen und den verstorbenen Wäldern einen pietätvollen Besuch abzustatten.


Donnerstag, 3. September 2015

Männlichkeit

Man sagt ja oft, der hat nicht die Eier dazu, um seine Mutlosigkeit anzuprangern, fein ist diese Aussage ja nicht aber bezeichnend ist sie doch allemal. Hat man es aber mit einem Monorchiden  zu tun der auch noch feige ist so wird es noch viel komplizierter, sagt man ihm, du hast nicht das Ei dazu, oder (d)ein Ei genügt eben nicht dazu, oder aber dazu braucht es zwei „solche“—man zeigt mit den offenen Händen was man meint—Eier. Ich weiss von einem solchen Monorchiden, der auch den Grund seiner Eineiigkeit verschleiert,  ist er zu feige   —hat also nicht die/das Ei/er dazu—es zu sagen oder einfach zu dumm weil er annimmt  ,die anderen werden meine Lüge sicher schlucken; da hat er sich aber geirrt. Jeder einigermassen medizinisch gebildete weiss, dass es nur wenige Gründe einen Hoden zu opfern gibt. Tumoren und Verletzungen oder Torsionen können zu einer einseitigen Kastration führen  und nicht die erwähnte chronische Nebenhodenentzündung! Dieser Eineiige ist ein fieser Schweinehund –wobei ich weder Hund noch Schwein beleidigen will—.  Er ist zwar  kein  echter Psychopath, eher ein Borderliner wie es in jedem Lehrbuch nachzulesen ist. Er wäre eigentlich, als Mediziner, klug genug um sich im Griff zu haben, hat aber die Dosierung seiner Psychopharmaka immer wieder runtergeschraubt, um sich freier zu fühlen ,dadurch kann er ungehemmt  in seinem Wahn schwelgen und belästigt viele  damit, nicht nur Kollegen sondern auch Bekannte—aber nie Freunde, denn solche hatte er nicht—.                                               Ein Mann zu sein, bedingt Charakter und Geradlinigkeit, die Eier haben eine andere Funktion die mit den Wesenszügen nichts zu tun haben.

Mittwoch, 2. September 2015

So richtig „sportliches“ Fahren

Was einem alles so durch den Kopf gehen kann, wenn man glaubt sein letztes Stündchen hat geschlagen dachte sich Julius als er in hoher Geschwindigkeit auf dem Glatteis rutschte und ins Leere fiel. Dass sein Porsche dann von  einem Felsvorsprung angehalten wurde und nun wackelig über dem Abgrund schwebte trug nicht dazu bei, ihn zu beruhigen. Es war spät abends, also dunkel und die Möglichkeit ,dass ein anders Auto noch zu so später Stunde und bei diesem nun einsetzenden Schneegestöber hier noch vorbeikommen  und dann auch noch den verunglückten Porsche sehen würde war verschwindend klein. Immer schon hatte ihn seine Frau angefleht –besonders wenn er getrunken hatte—nicht so zu rasen, aber er konnte es einfach nicht lassen, es gab ihm ein Gefühl von Macht und auch so was wie einen sexuellen Kick, so die engen Kurven dieser Bergstrasse zu schneiden. Er versuchte die Tür zu öffnen, als das Auto dabei gefährlich zu kippen begann liess er es aber sofort bleiben. Ihm war plötzlich sehr kalt, war es der Schock, der Alkohol oder einfach das winterliche Klima, er wusste es nicht aber er fing an zu bibbern so einen richtigen Schüttelfrost hatte er seit der Kindheit, als er eine schwere Grippe durchstehen musste, nie mehr gehabt. Schlief er eigentlich ein oder war er ohnmächtig geworden, er hätte es nicht sagen können als er bei Tagesanbruch vor Kälte schlotternd aufwachte. Alles war tief verschneit, sein Porsche war sicherlich von der Strasse aus nicht zu sehen, ausserdem waren die Spuren des Unfalls bestimmt vom vielen Schnee zugedeckt. Julius driftete wieder in ein tiefes Koma.  Eine Woche darauf, als die Strasse mit Räumungs-Maschinen wieder geöffnet worden war, sahen die Strassen- Arbeiter die durchbrochene Gleitplanke und das beinahe  total eingeschneiten Auto. Bei dem Versuch, das Auto zu bergen glitt der Porsche mehrere hundert Meter  in die Tiefe.  Von dem schönen Auto  blieb nicht viel übrig, als man nach einigen Wochen zur Absturzstelle kam.  Die von Wildtieren halb aufgefressene Leiche von Julius fand man erst nach dem der erneut gefallene Schnee im Frühling weggeschmolzen war. Dass Julius, bei diesem Wetter, den Porsche, und nicht den alten Subaru  genommen hatte um in der Berghütte mit Freunden—die alle dort übernachtet hatten— einen Geburtstag zu feiern,  fand Erika seine „nun Witwe“ sehr traurig; ob wegen des Verlusts vom Auto oder vom Gatten sei dahingestellt.

Dienstag, 1. September 2015

Mega sie haben gesagt Mega?

Achim du verdammtes Megaarschloch tönte es laut durch den Korridor trotz der recht späten Stunde. Es war im Klinikum zwei dieser Universitätsklinik. Ja was hatte Achim wohl verbrochen? Achim war Oberarzt in der Chirurgie, er war dabei sich, trotz seines jungen Alters, zu habilitieren und wäre—bildlich gesprochen—über Leichen gegangen um die Operationen zu machen die ihm noch in seiner persönlichen Statistik fehlten. Ob nun die Indikation für den Eingriff korrekt oder sehr grosszügig gestellt war hat ihn nie gekümmert. Er hatte wieder einmal einem älteren Patienten eine ,nicht wirklich notwendige, Operation aufgedrängt, indem er Angst geschürt hatte .Die Operation war—wie immer bei Achim—gut verlaufen, ja Achim war ein sehr guter Handwerker, die Indikationen waren allerdings bei ihm oft mehr als diskutabel. Diesmal war er aber wirklich zu weit gegangen in seiner Überheblichkeit hatte er nicht gemerkt, dass dieser nette ältere Herr, dem er einen absolut unnötigen Eingriff aufgeschwatzt hatte genauso hiess wie sein Vorgesetzter, der Chefarzt Professor Viktor Brauner. Der nun leider unnötig operierte Herr war der Onkel seines Vorgesetzten. Dies war der Grund der Titulierung als Megaarschloch der Achim seit dieser Nacht anhing, ja die Habilitation war keine Option mehr und Achim musste sich nach der fristlosen Entlassung nach einer neuen Stelle umsehen. Achim bewarb sich für jede freiwerdende Stelle als Chefarzt, musste aber lernen mit Absagen umzugehen, denn sein ehemaliger Mentor Professor Viktor Brauner hatte ein ausgedehntes Beziehungsnetz. Es regnete Absagen. Also beschloss Achim eine Privatpraxis in einer anderen Stadt zu eröffnen, er fand eine Praxis eines sehr bekannten älteren Chirurgen,  die er übernehmen konnte. Nach dem luxuriösen Umbau eröffnete er die Praxis. Eigenartigerweise kamen nur sehr wenig Patienten. Der lange Arm des ehemaligen Chefs war noch länger als befürchtet hatte, denn nun merkte Achim, dass keine der vier Privat- Kliniken ihn in ihren Operationssälen arbeite lassen wollte. Verzweifelt bewarb sich Achim im Ausland, Dubai, Katar, Kairo, Tunis, ganz egal wo es kamen nur Absagen. In seiner Verzweiflung beschloss er nun zu der Hilfsorganisation Médecins sans frontières zu gehen, um wenigstens operieren zu können, aber auch da war er nicht willkommen. In einem Bergdorf, wo eine verwaiste Praxis auf einen Nachfolger wartete ,konnte man Achim nun sehen wie er der Bevölkerung Salben und Pillen verschrieb, ab und zu eine Wunde versorgte und so ein bescheidenes Auskommen hatte. Seine einzige Befriedigung war, dass sein Übernahme „MEGAARSCHLOCH“ ihn nicht bis in dies abgelegene Bergdorf verfolgt hatte.