Mittwoch, 30. September 2015
Marina, oder ein verkorktes Leben
Marina war eine strebsame Schülerin gewesen und dann
war sie auch im Lehrerseminar—das sie aus Familientradition besuchte— die
Klassenbeste. Trotz ihrer herausragenden Leistungen fand sie immer wieder Zeit
um Dozenten und Kommilitonen –nicht nur rein bildlich gesprochen—zur Brust zu
nehmen. Ja Marina war sehr an den Männern interessiert. Man sagte ihr schon in
der Schulzeit unzählige Liebeleien nach, vielen ihrer Mitschüler war sie
wissende Instruktorin auf dem Weg der sexuellen Entdeckungen gewesen. In der
Zeit des Studiums hatte sie einen geradezu
enormen Verschleiss an Sexualpartnern. Sie war nicht etwa untreu, denn nie
hatte sie behauptet sich mehr als einige möglichst wilde sexuelle Begegnungen nehmen
zu wollen. Viele ihrer Kurzzeitpartner verliebten sich aber in diese sehr gut
aussehende junge Frau, deren ganz leichter „Silberblick“ also ihr leichter
Strabismus ihr einen ganz besonderen Reiz gab. Sie wollte aber nichts Festes,
dazu fühlte sie sich viel zu jung und verzichten auf all die anderen wäre ihr ein Gräuel gewesen. Mit Bestnote
absolvierte sie ihr Examen. Sie fand auch sofort eine Stelle in der begehrtesten Schule der Hauptstadt.
Das war für Marina ideal, stammte sie
doch aus einem Dorf wo die Auswahl junger, oder auch nicht so junger, Männer
naturgemäss sehr beschränkt war. Sie war in dieser Schule mit Abstand die
jüngste und hübscheste, also begehrenswerteste, Kollegin. Schon nach wenigen
Monaten hatte sie Affären mit den meisten männlichen Kollegen, sodass deren
Gattinnen sich erbost telefonisch oder auch persönlich bei ihr beschwerten; lassen sie meinen Mann
in Ruhe sie : wahlweise Hure, Nutte, Schlampe, Kreatur, Schnepfe……….. Marina
antwortete immer ruhig lächeln, sorgen sie dafür, dass ihr Mann nicht anderswo
sein Glück suchen muss, ich—das schwöre ich ihnen—zwinge keinen und nehme nur
die, die wirklich wollen. Einige Jahre später war Marina mit einem sehr
sanften Gymnasiallehrer verheiratet, dies hinderte sie aber nicht ihren, an Obsession
grenzenden, Männerverschleiss
fortzuführen. Sie kauften zusammen ein Haus, Marina wohnte aber nur selten und
dann lediglich für einige Tage mit ihrem Gatten zusammen, sie brauchte und hatte eine eigene Wohnung. War ihr Ehemann, so
wie er allen Aussenstehenden erschien, homosexuell oder ist dies nur üble
Nachrede gewesen? Marina machte immer mehr Politik, Erziehungspolitik.
Irgendwann verliess sie das Lehramt und wechselte in die Leitung
„Bildungswesen“. Dadurch hatte sie ein ganz neues Jagdrevier, ja viel
interessantere Begegnungen die sie auch
schon mal zeitlich ausdehnte, oft wurde sie nun monatelang mit nur einem
Partner gesehen. Viele Jahre gingen ins Land, Marina blieb verheiratet, Kinder
hatte sie keine und mit ihrem Mann zusammen war sie nur sporadisch, zu Urlauben
und Kulturreisen in die grossen Opernhäuser der Welt. Sie hatte immer noch ein
sehr jugendlich wirkendes Gesicht, aber ihr Körper war enorm geworden. Nun sah
man sie oft abends an der einen oder anderen Hotelbar der Hauptstadt, wie sie
nach neuen Bekanntschaften Ausschau hielt und ganz gemächlich mehrere Gläser Cognac
schlürfte. Kam man nach dem Kino oder
Theater noch mal kurz an die Bar um ein letztes Glas zu trinken, sass
sie meist noch da, allerdings leicht besäuselt und leider immer noch ohne
Begleitung. Ach wie ist doch das Altern
manchmal grausam!!!
Samstag, 26. September 2015
Intimität, was ist das?
Er kann sich noch gut an die Zeit erinnern, als man mit
der geliebten Person am Freitag nach der erledigten Arbeit gemeinsam zum
Einkaufen ging, man musste sich allerdings beeilen, denn die Geschäfte
schlossen um halb sieben. Also war automatisch Hetzerei angesagt. Wenn man dann
mit schweren Einkaufstaschen nach Hause kam, fiel man erst mal gierig
übereinander her, hatte man doch die ganze Woche gedarbt und sich auf den
anderen gefreut, zusammenziehen tat man damals erst nach der Trauung. Erst später wurde das Eigekaufte in Ruhe in
der Küche ausgepackt und verstaut. Apéro und gemeinsames Kochen waren üblich,
dann kam meist ein erholsamer Fernsehabend, zum Ausgehen war ja der Samstag da.
Einige Jahre später, er war inzwischen verheiratet, Kinder waren gekommen und
die gemeinsamen Kuschelstunden fanden immer später statt, erst nach dem Essen
und dem –ins Bett bringen—Ritual der Kinder. Alltagssorgen mischten sich in die
Intimität, es war einfach anders als früher, weder schlechter noch besser, aber
eben anders. Dann kam die Katastrophe, seine Frau hatte sich neuorientiert und
er hatte keinen Platz mehr in ihrem Daseins-Planing. Es fiel ihm sehr schwer,
sich auch neu zu orientieren war ihm zuwider, er blieb alleine und stürzte sich
–statt in eine neue Liebschaft—in die Arbeit, bis ja bis der Körper über den
Geist siegte. Depression und Herzrhythmusstörungen brachten ihn in eine—da er
viel Geld hatte—Luxusklinik. Er wurde, wie er im Nachhinein lachend sagte,
renoviert. Die Hauptverantwortliche der Erneuerung war eine junge
Physiotherapeutin, sie wurde zu seiner Obsession, ja er lebte nur noch für die
zwei Stunden, die Kathrin täglich mit ihm verbrachte. Als er dann, als geheilt,
die Klinik verliess, war er ihr schon unsterblich verfallen.
Bei ihrem ersten gemeinsamen Essen in einem sehr
schönen und guten Restaurant, merkte er –eher unbewusst—dass etwas anders war
als zuvor. Was es war wurde ihm in der bald darauf folgenden ersten Liebesnacht
bewusst. Sie waren zu dritt im Bett, Kathrin er und das Smartphone. Ja damals
in der Klinik war es dem Personal verboten gewesen, ihr Mobiltelefon mit zur
Arbeit zu nehmen, aber dann im Restaurant und im Bett war der Blick immer halb
aufs Handy gerichtet. Da er keine Dreierbeziehung wollte lebte er nun wieder
alleine in seinem grossen Haus, schuld war Martin Cooper, wäre der angeln
gegangen statt das diabolische Mobiltelefon zu erfinden wäre er mit Kathrin
sicher glücklich geworden.
Dienstag, 22. September 2015
Backpackers
Sind wir nicht alle, wenn wir ein gewisses Alter
erreicht und „gelebt“, also eine Vergangenheit aufgestaut,
haben, mit Backpackern zu vergleichen. Die wirklichen Backpackers tragen ihr
Hab und Gut immer mit sich herum, wir anderen haben einen virtuellen Rucksack
der uns immer begleitet. Ja, wenn wir neue Menschen kennenlernen, ganz egal in
welcher Situation, hat unser Gegenüber genauso wie wir selbst, seine ganze Lebenserfahrung
in einem unsichtbaren Rucksack bei sich. Unbefangen ist man in der Kindheit und
in den jugendlichen Anfängen des sich Kennenlernens, aber je länger und je
intensiver man lebt desto schwerer wird der Rucksack und damit die Annäherung
an neue Menschen. Sei‘s nun ,dass man eine neue Arbeit antreten soll oder neue
Bekanntschaften macht, immer drückt der virtuelle Rucksack, manchmal nur leicht,
oft aber sehr schwer auf unsere seelischen Schultern. Wie, ja wie kann ich für
einige Zeit meine Vergangenheit und die—nicht etwa nur schlechten—Erfahrungen
einfach vergessen. Man würde so gerne mit neuem Blick an neue Begegnungen
herangehen, aber der Teufel der
Erinnerung guckt uns immer über die Schulter. Ja dieser Teufel ist ja auch der
Erfinder des Phänomens des „Deja-vu“—des Französischen Wortes dass wohl alle
kennen—auch wenn sie mit der Sprache Voltaires nicht vertraut sind. Sei‘s beim allerersten gemeinsamen Essen
mit ein er/em neuen Partner/in oder
bei einem Vorstellungsgespräch mit dem eventuellen neuen Chef, es ist nicht der
Schalk sondern die Vergangenheit die einem im Nacken sitzt und bohrende Fragen
oder Randbemerkungen in unsere Ohren flüstert. Vermeiden lässt sich dies alles
nicht, es bleibt uns nur der Versuch damit luzide umzugehen um weiterhin Freude
am Leben zu haben.
Freitag, 18. September 2015
Freundschaftsdienst
Es ist ja schon seit der Antike bekannt, wenn du
jemandem einen Dienst erweist, machst du dir einen Feind, weil er sich in deiner Schuld fühlt. Es ist einfacher mit
dem Dienst unzufrieden zu sein als sich zu bedanken. Dazu eine kleine
Geschichte, ob sie erlebt oder erfunden ist spielt eigentlich kaum eine Rolle.
Es waren einmal zwei Freundinnen, die eine hatte einen Laden, einen Modeladen
mit schönen sehr modischen Kleidern. Nennen wir sie Roswitha, ihre Freundin
hiss Eveline. Warum diese zwei so unterschiedlichen Frauen befreundet waren hat
kaum eine andere ihrer Bekannten und Freundinnen je verstanden. Roswitha und Eveline verbrachten sehr viel Zeit
zusammen in dem Laden, sie schwatzten und tranken Kaffee und diverse
Light-Getränke. Kamen Kundinnen in die Boutique so kümmerte sich Roswitha um
sie ,meist kauften diese Frauen auch etwas, manchmal reservierten sie aber nur
dies oder jenes, um sich Bedenkzeit zu lassen. Ab und zu, aber eher recht
selten, wenn sie zum Arzt oder sonst wohin musste, bat Roswitha ihre Freundin
den Laden zu hüten. Eveline sagte nie nein, denn insgeheim beneidete sie ihre
Freundin um diese schöne Boutique, die sie nur dank ihres Mannes
Grosszügigkeit, vor einigen Jahren eingerichtet hatte. Ja
Roswitha hatte alles, einen Mann, zwei Kinder und diese beneidenswert tolle
Boutique. Eines schönen Tages fragte Roswitha ihre Freundin ob sie einverstanden
wäre, die Boutique für ein ganzes Jahr
zu hüten, denn sie und ihr Mann wollten mit den fast schon erwachsenen Kindern
zusammen eine grössere Reise unternehmen—so was wie eine letzte gemeinsame Zeit
bevor die Kinder studierten—. Eveline war natürlich Feuer und Flamme und sagte
sofort zu. Allerdings musste sie dazu auch die neue Mode für die nächsten
Saisons einkaufen. Roswitha erklärte ihr alles und empfahl ihr, den Verkäufern,
die sie schon seit Jahren kannte, zu vertrauen was Menge Grössen und Auswahl
betraf. Die Familie verreiste und Eveline kümmerte sich um die Boutique. Bald
merkte sie, dass die Stammkundinnen kaum je etwas kauften, nein sie
reservierten und dann traten sie vom Kauf zurück, dies fast systematisch. Auch
kamen immer weniger der Stammkundinnen, die Eveline ja auch vom Sehen her
kannte, in den Laden. Es war für Eveline unverständlich und sehr frustrierend.
Selbst im Ausverkauf konnte sie nur wenig—vor allem an
Laufkundschaft—loswerden. Trotzdem musste sie die neue Kollektion einkaufen.
Sie war sicher, dass die von Roswitha gekauften Sachen nicht dem Kundenwunsch
entsprachen und so schlug sie die Ratschläge der Verkäufer in den Wind und
suchte selbst, nach ihrem Geschmack, aus. Nichts, oder fast nichts der so gut
ausgesuchten Sachen brachte Eveline an den Mann, beziehungsweise, richtiger, an
die Frau. Als Roswitha, nach einem Jahr
zurückkam, hatte ihr ihre LADENHÜTERIN statt gute Umsatzzahlen nur sehr viele
LADENHÜTER zu präsentieren. Komisch ,dass die
Freundschaft danach nicht mehr so richtig innig weiterging.
Mittwoch, 16. September 2015
Vorstellungstermin
Nie zuvor und auch fast vierzig Jahre danach habe ich
so etwas gesehen. Es war komisch und erschreckend zugleich, das
schwierigste dabei war, selbst das Gesicht zu wahren, während das Gesicht
des Protagonisten zerfiel, zerbröckelte und einfror.
Ja damals Ende der Siebzigerjahre, ich war
seit fünfzehn Jahren schon in der selben Firma im Aussendienst und fühle mich
etwa so wie ein altes Möbelstück behandelt, das zwar immer da ist, welches man
aber nicht mehr pflegen muss. Als mich dann ein Kollege einer anderen
Pharmafirma fragte, ob ich nicht Interessiert wäre mit ihm zusammen in seiner
Firma zu arbeiten, entschied ich, mich dort zu bewerben. Der
Kollege sagte mir allerdings, er habe schon mehrere Kollegen befragt und diese
seien auch schon zu einem Bewerbungsgespräch angetreten, aber er würde alles
stoppen, sollte ich mich bewerben, denn er habe mich seit Jahren als
kompetenten und beliebten Mitarbeiter kennengelernt und da wir ja
zusammenarbeiten würden wäre er froh es mit mir und nicht mit –er nannte mir
die anderen Kandidaten—so mittelmässigen. Warum er mehrere Kandidaten
angesprochen hatte erfuhr ich erst viel später, ja die Firma zahlte für jeden
valablen Kandidaten dreihundert Franken und für den Kandidaten auf den die Wahl
fiel zweitausend. Weil nun mein zukünftiger Kollege eine sehr enge Beziehung
zum Materiellen hatte, schickte er mehrere Kandidaten nach Basel um sich mehr
Geld zu sichern, denn alle waren irgendwie als valabel einzustufen, arbeiteten
sie doch seit Langem in anderen Firmen.
Also ging ich nach Basel zu einem Gespräch, ich wurde
von mehreren Personen getestet und dann gefragt, ob ich einverstanden sei, da
ich in die engere Wahl komme, zu einer renommierten Psychologin zu gehen. Ich
war einverstanden, würzte aber mein Einverständnis mit einem kleinen
Psychotest, ja ich bat—um keinen Arbeitsausfall bei meinem jetzigen Arbeitsgeber
zu haben— und da es meine Ehrlichkeit nicht zuliess einfach frei zu nehmen, an
einem Samstag oder Abends nach Achtzehn Uhr zu diesem Test zu gehen. Dies
beindruckte meine eventuell zukünftige Chefin ausserordentlich. Nach
absolviertem Test bei einer sehr charmanten älteren Psychologin, die dem Namen
nach zum „Basler Daig“ gehörte, wurde ich zu einem finalen Gespräch nach Basel
eingeladen, an einem Samstag!! Um zehn Uhr früh fand ich mich in der Firma ein
und wurde von der Chefin persönlich abgeholt, weil der Pförtner—der ja sonst
samstags nie da sein musste—verspätet kam. Ihre
Psychologische Beurteilung ist sehr positiv sagte mir die Chefin schon im
Fahrstuhl in die obere Etage. Man bot mir Kaffee an und fragte mich ob ich die
Stelle—zu den schon bekannten sehr guten Konditionen—annehmen wolle. Ich
bejahte und unterschrieb sofort den vorbereiteten Vertrag. Innerlich frohlockte
ich, da ich mit einem Schlag, nur schon mit dem Grundlohn und den grosszügigen
Spesen etwa fünfundzwanzig Prozent mehr
verdienen würde; dazu kamen ja noch—hoffentlich erreichbare— Prämien. Wir, der Personalchef,
der Direktor und meine „jetzt“ Chefin plauderten noch angeregt, bis etwa
viertel vor elf. Dann verabschiedete ich mich und nahm den Lift zum Ausgang. Als der Fahrstuhl sich öffnete stand ein Kollege,
den ich natürlich seit Jahren kannte, vor der
Tür. Als er mich sah und erkannte fror sein Lächeln ein und
dann wurde sein Gesicht plötzlich wie
versteinert und er sagte. Du bist also der andere in der Endrunde, dann ist es
ja für mich gelaufen, ich muss gar nicht mehr
hinaufgehen. Ich versuchte ihn zu
beruhigen, sagte nicht dass ich unterschrieben habe und wollte mich
verabschieden. Aber er klammerte sich an mich und sagte, dass meine absolute Zweisprachigkeit
sicherlich ein grosser Vorteil sei. Ich
liess ihn in diesem Glauben und schützte Beschäftigung vor, als er mich bat,
doch auf ihn zu warten.
Montag, 14. September 2015
Dissoziiertes Paar
Nein, so wollte er nicht weiterleben, so nicht mit
dieser zwar sehr hübschen aber stinklangweiligen Regula. Schon ihr Name, sie
verabscheute Kosenamen, war ihm mit der Zeit zuwider geworden, er fand—sagte es
ihr aber nie—das töne nach Regelblutung. Und eben, Regelblutung, Kopfschmerz,
Rückenbeschwerden, Völlegefühl einfach alles war bei Regula Ausrede um keine
Zärtlichkeiten ertragen zu müssen. Wenn Regula ab und zu doch einwilligte
den—wie sie sagte—Beischlaf zu akzeptieren, hatte er das Gefühl mit einer Puppe
oder gar mit einer Schlafenden zusammen zu sein. Regula war sexuell langweilig
und absolut phantasielos. Sie liess es wie eine Naturkatastrophe über sich
ergehen. Zwar waren
sie schon bald sieben Jahre zusammen aber Regula wurde immer langweiliger, das
Einzige was ihr Freude zu machen schien war Shoppen. Oliver ging immer öfter
allein aus, mal ins Kino—Regula mochte nur honigsüsse Liebesschnulzen—mal mit
den Kollegen ins Stammlokal, auch fing er wieder an ein wenig Sport zu machen.
Ein grosser Sportler war er nie gewesen aber ein wenig Bewegung konnte ja
nichts schaden. Er brachte, nach vielen Jahren sein altes Fahrrad wieder in
Schuss und kaufte sich einen Helm, so etwas schien heutzutage üblich zu sein. An
diesem Samstag nun fuhr er schon sehr früh, als Regula noch schlief, um eine
Radtour rund um den kleinen Greifensee zu machen. Noch vor sieben Uhr sah er
eine Radfahrerin am Wegrand die dabei war ihren kaputten Reifen zu wechseln.
Ganz Gentlemen hielt er und bot seine Hilfe an, lachend sagte die Fahrerin,
solche Galanterien, dachte sie, gebe es schon lange nicht mehr. Renate—so hiess
sie, wurde aber nur Renni genannt—und Oliver kamen ins Gespräch. Renni war etwa
fünfzehn Jahre älter als Oli, sie war absolut durchtrainiert, kein Gramm, nicht
mal ein Milligramm Fett war auf ihrem drahtigen Körper auszumachen. Warum Renni
„Renni“ genannt wurde merkte Oli beim gemeinsamen weiterfahren. Renni schwatzte
lustig darauf los während Oli ausser Atem strampelte was das Zeug hergab und
dabei immer mehr zurückfiel. Renni wartete und gab sich viel Mühe l a n g s a m
e r zu treten. Im Restaurant beim Fischessen kamen sie sich näher. Oli fragte,
ob sie alles so intensiv mache, die Antwort war klar und deutlich. Ja wenn du
das wissen willst, musst du schon zu mir kommen, dann zeige ich dir, dass nicht
nur Sport meine Zeit ausfüllt. So eine Sex(plosion) hatte er in seinem ganzen
Leben noch nie erlebt. Im Bett—was heisst hier Bett—es war in der ganzen
Wohnung überall und ohne irgendwelche Tabus….einfach irreal, Renni war
überwältigend. Renni machte bei vielen Sportereignissen mit, Marathon, Ironman,
Radrennen einfach alles was viel Energie brauchte, auch merkte Oli ,dass Renni
sehr viel ass aber durch den Sport ihr Gewicht und ihre Muskeln total kontrollierte.
Genauso apathisch wie sie in der Beziehung gewesen war
nahm Regula die Trennung hin, als hätte sie in all den Jahren nichts für Oli
empfunden. Renni und Oli wurden ein Paar, bald schon zog Oli bei Renate ein,
gross genug war das Haus und die Wohnung ja, da ihr Exmann damals als sie aus
einem Trainingslager zurückgekommen waren, nur seine Klamotten und einige
Bücher mitgenommen hatte und sich damit aus dem Staub gemacht hatte. Selbst zur
Scheidung war er nicht aus Argentinien, wo er nun lebte, zurückgekommen. Als
sie zusammengekommen waren war Oli knapp fünfunddreissig Renni also
einundfünfzig. Jahrelang akzeptierte Oli, jede freie Minute mit Renni zusammen
sportlich aktiv zu sein, Renni war in dieser Beziehung fast unersättlich auch
ihr Liebesleben wurde immer intensiver, was Oli mit der Zeit Probleme bescherte.
Jahre später, als er sich einmal über zu viel Sex beklagte musste er sich anhören, „glaubst du ich habe
einen viel jüngeren Mann genommen um sexuell zu darben“? und fand am nächsten Abend eine grosse Packung
Potenzpillen neben seinem Abendbrotteller als sie beide von einem Waldlauf
zurück nach Hause kehrten. Und jetzt sann Oli wie er es vermeiden könnte wenigstens an diesem Wochenende nicht erneut
mit dem Schlauchboot über Stromschnellen fahren zu müssen. Als sie Freitags zu
später Stunde, beide mit Fahrrädern, Anhänger und der ganzen Campingausrüstung
sowie dem Schlauchboot an ihrem Geheimort in den Bergen am reissenden Fluss angekommen
und ihr kleines Camp aufgebaut hatten wollte Renni das Boot aufblasen. Wo ist
die Pumpe, fragte sie recht unwirsch. Ja hast du sie denn nicht, wie immer, in
deinen Anhänger gepackt antwortete Oli scheinheilig, die ist doch immer in
deinem Wagen. Er hatte die Pumpe, als Renni noch mal schnell Pipi machte aus
dem Anhänger entfernt und an ihren Aufbewahrungsort zurückgetan. Der
Ventilansatz der Fahrradpumpen war viel zu klein um damit das Boot aufzupumpen
und die nächstgelegene Garage weit genug entfernt sodass eine Fahrt dahin
keinen Sinn machte. Das ganze hatte auch noch einen kleinen, für Oli sehr
schönen, Nebeneffekt, da Renni sauer war, schlief sie –was nur selten
passierte—ohne Sex ein. Nirgendswo war
am Samstag eine Pumpe aufzutreiben, dies brachte Renni dazu auszuflippen. Nun
in ihrer unkontrollierten Wut kam ihr Alter voll zur Geltung, der Charme war
gebrochen und Oli musste sich auf die Schnelle eine neue Bleibe suchen.
Sonntag, 13. September 2015
Traumgarderobe
Lothar hatte eine recht grosse Wohnung. Er hatte es
sich so eingerichtet, dass er viele verschiedene Schränke besass .Der Grund dafür
war, sein Gewicht. Ja es schwankte sehr, ging rauf, dann wieder runter und
wieder rauf so wie es allen Menschen mit Gewichtsproblemen bekannt sein dürfte;
ausser jenen, denen es ganz egal ist zuzunehmen, die also kein Gewichtsproblem
haben und die auch nie den Versuch—sich schlankzuhungern—unternehmen. Bei
Lothar war das ganz anders, jedes Mal wenn er einen neuen „Freund“ hatte fing
er eine strenge Diät an, je intensiver das Liebesverhältnis war, desto
schneller purzelten die Pfunde. Wie so oft bei schwulen Paaren setzte die Promiskuität,
manch grosser Liebe wenn nicht ein Ende, so doch einen Dämpfer , oder gar eine Unterbrechung
der Beziehung, auf. War Lothar schuldig an dieser „Liebespause“ hatte
also was Neues in (L)(P)etto, ging alles seinen gewohnten Weg, er blieb
Gewichtsstabil war aber der Freund Schuld an der Liebespause oder –noch
schlimmer—am Liebesende tröstete sich Lothar, indem er –bildliche gesagt—im
Kühlschrank lebte und in wenigen Wochen mehr zulegte als er je zuvor verloren
hatte. Dies war nun schon seit vielen Jahren so und das erklärt die vielen
Schränke. Ja jeder Schrank war, nicht
etwa einer bestimmten Moderichtung zugedacht, nein einer bestimmten
Kleidergrösse. 50,52,54,56,58,60 waren die Schränke, virtuell, angeschrieben. Mäntel,
Anzüge Jacken Hosen Hemden Pullis und auch Leibwäsche befanden sich fein
geordnet im jeweils passenden Schank. Als grossen Trost empfand Lothar, dass
Schuhe und Socken n i c h t in den Schränken aufbewahrt werden mussten,
dies war eine, beziehungsweise zwei, Sorgen weniger. Jeder neue Liebhaber
fragte selbstverständlich nach diesen Schränken—die natürlich nicht mit den
Kleidergrössen angeschrieben waren—dazu war Lothar viel zu eitel. Einmal, als
Lothar einen süssen jungen neuen Liebhaber gefunden und zu sich nach Hause abgeschleppt
hatte, sie ein ganzes Wochenende lang kaum aus dem Schlafzimmer gekommen waren,
kam der Zeitpunkt wo der Süsse die grosse Wohnung inspizieren wollte. Stolz
zeigte Lothar alles was er besass, auch die Schränke, dies sogar mit Erklärung.
Siehst du, mein Liebling, wenn ich so glücklich wie mit die bin purzeln die zu
vielen Pfunde einfach weg und schon bald kann ich die nächst kleinere Garderobe
wieder anziehen; und diesen Schrank mit der kleinsten Grösse brauche ich, wenn
wir zwei, mein Süsser, ein Jahr Zusammensein feiern, dann laden wir alle Freunde
ein und feiern meine jugendliche schlanke Figur. Du träumst wohl, sagte der
süsse Liebhaber, dabei dachte er an die
Beziehung, Lothar dachte an Grösse 50
! Seit diesem Liebeswochenende,
das leider nicht wiederholt wurde, nennt Lothar seine Reserveschränke „meine
Traumgarderobe“
Freitag, 11. September 2015
Streber
Alle in der Schule hielten Dieter für ein Riesen-AL. Selbst
den Lehrern ging dieser fiese Streber auf den Sack, auch die Lehrerinnen fanden
ihn zum Kotzen. Lag es an seinem familiären Hintergrund, denn seine Eltern
waren sehr streng mit ihm? Der Vater war höherer Polizeibeamter, einer von der
unangenehmsten, sadistischen Sorte, die
Mutter hingegen war das was man früher als Waschweib bezeichnete, sie arbeitete
Halbzeit als Hilfskraft im Kirchgemeindehaus der Reformierten Kirche. Bigott
waren schon die Grosseltern gewesen, das heisst sie waren es noch immer. Beide
Opas waren Lehrer und ihre Frauen die Omas hatten sich um Haushalt und
Kinderdressur gekümmert; ja Erziehung war in diesen Familien ein totales
Fremdwort gewesen. So waren die beiden Opas, die ja ein Leben lang in derselben
Schule unterrichtet—eigentlich gewütet—hatten und der Vater im Kirchenrat und
kontrollierten alles was in der Gemeinde passierte. In welcher politischen
Partei sie militierten sei dahingestellt, wo immer es war, sie, die beiden Opas
und der Vater, hatten das Sagen! Nun zurück zu unserem „Goldstück“ Dieter. Er
nahm sich alles was er zuhause mitbekam sehr zu Herzen, besonders wenn die
zwei Opas ihrem Sohn, seinem Vater,
beziehungsweise Schwiegersohn zuhörten als der erklärte wie er Verdächtigen Fallen stellte und die
Freude die er fast schon körperlich empfand wenn die Schuldigen dann auch in
die gestellte Falle tappten und so der gerechten Strafe zugeführt werden
konnten. Dieter machte es genauso, er spionierte die Mitschüler aus und petzte
nicht etwa im Geheimen, nein er meldete sich vor der ganzen Klasse zu Wort, um
dem Lehrer die Sündenböcke zu nennen welche dies oder das angestellt hatten.
Auch in der Freizeit musste man sich vor Dieter in Acht nehmen, er versteckte
sich da wo er glaubte, oder gar wusste, dass die Mitschüler nach der Schule
ihre verbotenen Streiche und Ungezogenheiten anstellten. Dieter machte im
Religionsunterricht sehr eifrig mit und petzte dem Pfarrer alle schlimmen Worte
und Taten seiner Mitschüler. Der Pfarrer war ein alter vergrämter humorloser
kinderloser Witwer, seine Frau war vor vielen Jahren, noch sehr jung,
verstorben und es war für ihn Labsal diese bösen Kinder, die Dieter ihm mit
allen Einzelheiten ans Messer lieferte, gebührend zu ermahnen oder gar zu
bestrafen. Das schlimmste war, wenn der Herr Pfarrer sich für einen Besuch bei
den Eltern des Sündenbockes ankündigte. Ja Dieter war der aufrechte Helfer der
Schule und der Kirche. Er musste viel lernen, drei Mal wöchentlich bei dem
einen und vier Mal wöchentlich bei dem anderen Opa, der ihn auch am Sonntag in
Religion unterrichtete. Dadurch war er
den anderen meilenweit voraus und hatte doch noch Zeit zu intrigieren.
Inzwischen war man im sechsten Schuljahr, wo der Weizen von der Spreu getrennt
werden musste, die einen kamen ins Gymnasium, die anderen entweder in die
Sekundarschule oder—die weniger begabten—in die Realschule. Vor dem Abschluss des
Schuljahres der Klasse war ein Ferienlager anberaumt, alle Schüler waren dabei.
Eine Woche Wanderung im schönen Hinter-Rheintal. Alle, Schüler und Lehrer kamen
erholt von dieser Erfahrung nach Hause, nicht so Dieter, er war unglücklich
ausgerutscht und tief ins Tal gestürzt. Die religiöse
Abdankfeier war sehr ergreifend mit dem Gesang der vereinten Schulklassen „ Ich
hat einen Kameraden“. Warum dann auf dem Friedhof eine so fröhliche Stimmung
herrschte blieb den Eltern und den Grosseltern ein Geheimnis, sie dachten
sicherlich dass die Erinnerung an ihren über alles geliebten Dieter alle so
fröhlich gestimmt hatte.
Mittwoch, 9. September 2015
Faule Eier
So einfach ist es gar nicht, spontan seinen Unwillen
auszudrücken, indem man jemanden mit matschigen Tomaten und faulen Eiern bewirft! Ich frage mich, wie spontan kann den
ein Wutausbruch der Bauern, die in der Hauptstadt, das Landwirtschaftsministerium
mit faulen Eiern und matschigen Tomaten bewerfen, sein. Bis Eier so richtig
faul sind, dass es bis ins Büro des Ministers stinkt, müssen diese Eier ja mindestens zwei—besser drei bis vier—Monate
ungekühlt aufbewahrt werden. Bei den Tomaten geht’s schneller es ist aber keineswegs
einfach hier den idealen Zeitpunkt zu erwischen. Dies zwingt die
unzufriedenen Bauern, den spontanen Ausdruck der Unzufriedenheit Monate im
Voraus zu planen, sonst stinken die Eier
nicht richtig und die Tomaten sind nicht
in der Lage die Wände und Fenster fernsehwirksam einzufärben. Darum kann ich
den Landwirten, eigentlich nur raten, mit Gülle und Mist in ihre Hauptstadt
oder gar gen Brüssel zu ziehen, denn diese wirksamen protestunterstreichenden
Hilfsmittel sind immer—wenn sie auch danach zum Düngen der Felder fehlen—in
grosser Menge vorhanden. Noch ein kleiner Tipp, Gülle und Mist der Bretonischen
und Holländischen Schweinezüchter ist um vieles penetranter als der Kuh oder
gar der Pferdemist.
Dienstag, 8. September 2015
Mademoiselle
Madeleine, war aus ihrem geliebten Jura nach Lausanne in die
Schwesternschule des roten Kreuzes gekommen. Es war eigentlich schon immer ihr
Wunsch gewesen Krankenschwester zu werden. Ja eigentlich eher Kinderschwester.
Auch liebäugelte sie von Zeit zu Zeit mit der Idee als Kinderschwester in eine
Mission geschickt zu werden, denn sie war doch recht aktiv in ihrer
reformierten Gemeinde im südlichsten Teil des –damals noch ganz zu Bern
gehörenden—Juras. Wie so oft im Leben kam alles anders. Madeleine machte ihre
Schwesternschule ohne Probleme und war schon in jungen Jahren eine beliebte Kinderschwester,
ja beliebt war sie bei allen, seien
es Kinderärzte oder
Mitschwestern, aber am meisten Erfolg hatte sie bei den Kindern. Auch mit den
Eltern kranker Kinder konnte sie sehr gut umgehen. Sie war eine reizende junge
Frau—natürlich damals noch Fräulein also Mademoiselle—für den Chefarzt der
schon die sechzig überschritten hatte, war sie nicht nur reizend sondern sichtlich
aufreizend. Damals blieben Chefärzte mindestens bis siebzig, konnten aber auch
bis fünfundsiebzig bleiben; ein Desaster für nachrückende Oberärzte die sich
entweder in Geduld hüllen oder in die Privatpraxis gehen und dadurch ihren
Traum Chef zu werden begraben mussten. Erst förderte der Chefarzt diese
bildhübsche Kinderschwester, bald schon sollte, oder durfte sie in seiner
Praxis arbeiten. Es kam wie es kommen musste, eines Abends als Madeleine noch
die Praxis aufräumte bedrängte er sie mit – wie er in seinem Kopf glaubte—betörenden
Worten und als sie sich zu Wehr setzte wurde er grob und nahm sich das, was er
glaubte das Recht zu haben, eben mit Gewalt. Irgendwann gab Madeleine ihre
Gegenwehr auf und liess es über sich ergehen. Am nächsten Tag konnte sie nicht
zur Arbeit gehen, sie blieb heulend und verängstigt zwei Tage im Bett. Auf die
Fragen der Mitbewohnerinnen im Wohnheim antwortete sie sehr ausweichend. Dann
rappelte sie sich auf und ging wieder ins Spital, weigerte sich aber in der
Praxis des Chefarztes zu arbeiten. So hatte keiner Madeleine je gesehen, die
sonst immer lachende fröhliche junge Schwester war in sich gekehrt und sehr
ängstlich. Einige Tage später hatte sie Nachtdienst, der diensthabende Arzt
war—damals ein absolutes Novum—eine Frau, nein eine „Mademoiselle“, Docteur Germaine
B. Die Ärztin verwickelte Madeleine in ein—anfangs sehr harziges—Gespräch und
erfuhr nach einiger Zeit was dieser „armen Kleinen“ geschehen war. Schon wieder
dachte sich die Ärztin, aber es war in dieser Zeit unmöglich den „Gott
Chefarzt“ anzuklagen, alle hätten geglaubt, dass diese junge Schwester sich nur
wichtigmachen wollte. Germaine kümmerte sich sehr liebevoll um Madeleine und
versprach ihr, sie sobald sie ihre Praxis fertiggestellt habe, werde sie Madeleine
als Praxisschwester zu sich zu nehmen. Mademoiselle Docteur Germaine B. eröffnete
in Lausanne die erste Privatpraxis für Kinderheilkunde der ganzen Westschweiz
die von einer Frau, nein eben „Mademoiselle“ geführt wurde. Der Anfang war
schwer, konnte man einer Frau trauen? fragten sich viele „Damen“ aus der guten
Gesellschaft. Die ersten Patienten waren Kinder der armen und der „gefallenen
Frauen“ die keinen Vater ihrer Kinder nennen konnten oder wollten.
Glücklicherweise kam Germaine aus einer sehr reichen Familie, dadurch wurde die
Durststrecke von mehreren Monaten überbrückt. Die Kinderpraxis war –wie damals
gang und gäbe—in der sehr grossen Wohnung integriert. Mademoiselle Madeleine
bewohnte das Dienstmädchen-Zimmer unter dem Dach. Als ich diese Ärztin in den
frühen Sechzigerjahren als Vertreter besuchte waren beide, Mademoiselles schon
über siebzig. Es war inzwischen stadtbekannt, dass sie ein engeres Verhältnis, als
das von Arbeitgeberin und Angestellter, hatten. Offiziell wohnte Madeleine
immer noch in der ungeheizten
Dienstboten Mansarde, und hatte natürlich auch einen eigenen Briefkasten, war
aber durch die durchscheinenden Gardienen hindurch fast immer im gemeinsamen
Schlafzimmer zu sehen. Oft sah man die beiden Fräuleins, die sich nach wie vor mit Mademoiselle und „SIE“
ansprachen im Konzert oder Theater. Ich fragte mich damals, als mir ein älterer
Arzt die ganze Geschichte erzählte, ob Madeleine nur aus der schlechten
Erfahrung heraus oder aus Veranlagung in diese lesbische Zweisamkeit
eingewilligt hatte.
Montag, 7. September 2015
Schweigen
Nun sass er wieder da, mit ausdruckslosem desinteressiertem
ja gelangweiltem Gesicht, Lisa sah dass er ihre Bemerkungen mal wieder
überhaupt nicht verstanden und erst
recht nicht akzeptiert hatte, er war
sauer. Wie war es dazu gekommen? Ach ja Lisa hatte sich erlaubt zu fragen: „du
hast wohl länger gearbeitet da du den späteren Zug genommen hast“, ihre Anfrage war sachlich neutral, es war
weder ein Vorwurf noch eine Inquisition, aber er, Theo fühlte sich überwacht
und schrie sie sofort an. Du kannst ja gar nicht wissen, was es bedeutet, in
der Klinik Dienst zu haben und sich um alles kümmern zu müssen, denn du hast
ausser dem bisschen Haushalt nichts Wichtiges zu tun und ausserdem habe ich
deine Unterstellungen einfach satt. Theo war seit einigen Wochen, ja eigentlich
seit dem Wochenenddienst an Ostern wie verwandelt. Er kam immer öfter Stunden später
als bisher. In den zwei Jahren die sie nun schon zusammen waren, ist Theo nicht
ein einziges Mal später als erwartet gekommen, was Lisa sehr erstaunlich fand
da sie dachte ein Arzt muss sicher manchmal länger bleiben. Seine Anrufe kamen
auch nicht mehr sofort nach Dienstschluss, nein oft rief er erst vom Zug aus
an, kurz bevor er ankam. Auch hatte er sich immer sehr gefreut, wenn Lisa ihn
in der Klinik, so als schöne Überraschung, abgeholt hatte. Dann waren sie
zusammen spazieren gegangen und anschliessend in eins ihrer Lieblingslokale um
eine Kleinigkeit zu sich zu nehmen, ein oder mehrere Gläschen vom lokalen Wein
hatten auch nie gefehlt. Ja am Ostermontag, weil Theo Dienst hatte und
das Wetter so schön war, hatte Lisa eine Radtour gemacht und sich spontan
entschieden Theo zu besuchen und mit ihm zusammen in der –sehr guten— Kantine eine
Kleinigkeit zu essen. Theo war nicht auf Station gewesen, auch im Büro war er
nicht, nein er war schon in der Kantine wo Lisa ihm sichtlich ungelegen kam,
sass er doch mit einer bildschönen jungen Assistentsärztin in äusserst
angeregter, nicht nach dienstlich aussehender Konversation. Lisa wusste
natürlich von der neuen Assistentin, Theo hatte, auf ihre Anfrage hin, ob sie
hübsch sei nur murmelnd geantwortet nee eher ein Mauerblümchentyp, und nun war
es ihm sichtlich peinlich diese sehr
attraktive ein wenig „nuttenhafte“ junge Frau auch noch als seine neue Assistentin und
engste Mitarbeiterin vorstellen zu müssen. Der Verlauf des Essens, nun zu dritt war, dank krampfhaften Bemühens aller, nicht in Schweigen gehüllt. Und seither war Theo wie ausgewechselt. Es gab ohne
Anlass regelmässig Streit. „Du spionierst mir nach, meine Kollegen reden schon
hinter meinem Rücken, dabei gibt es keinen Grund; krankhaft eifersüchtig bist
du warum weiss ich nicht, Grund dazu habe ich dir nie gegeben. Keine Frau meiner Kollegen kommt in die Klinik um
ihren Mann zu kontrollieren, nur mir muss so was Peinliches passieren“. Wenn
er, so wie heute, mal wieder dasass, fiel Lisa auf, dass er einen ganz starren,
wie abwesenden Ausdruck hatte auch seine Körperhaltung war fast schon
spastisch, aber was sie am meisten beunruhigte war, dass er mit den Händen so etwas wie, ja wie denn? ach ja,
wie Würgegriffe machte und den Mund ganz verkrampft geschlossen hielt – er
machte ihr richtig Angst—. Plötzlich stand Theo ruckartig auf und verliess Türe
knallend die Wohnung. Am nächsten Tag kam er, als Lisa beim Einkaufen war, seine
Sachen abholen und liess den Schlüssel im Briefkasten . Seither sind mehrere
Wochen vergangen ohne dass Lisa ein Lebenszeichen von ihrem, na was denn
Traummann, Lebenspartner? erhalten hatte. War sie für ihn bloss eine
Übergangsfrau gewesen? Lag es an Lisa oder war er, Theo, einfach ein
Schweinehund?
Samstag, 5. September 2015
Der allmächtige Herr Professor
(eine wahre Geschichte sie
ist mir von der betroffenen Blondine bestätigt worden)
Es war in den späten Sechzigerjahren irgendwo in der
Französischen Schweiz. Der Professor der Chirurgie>ein begnadeter
Chirurg< war bekannt dafür, alle in seiner Abteilung >besser noch in
seinem Departement< arbeitenden Frauen als sein Harem zu betrachten; viele
dieser Frauen waren nicht abgeneigt dies auch so zu sehen. Seit einiger Zeit
war aber eine Änderung aufgetreten, der Herr Professor
hatte mal wieder eine Favoritin gefunden, es war eine sehr hübsche, ja beinahe
schon schöne Deutschschweizerin die als Instrumentalistin ihren Dienst
angetreten hatte. Sie ähnelte einem Bild Albert Ankers gemischt mit der James
Bond Darstellerin Ursula Andress, einfach umwerfend fanden viele, die ist für
mich beschloss der ach so selbstbewusste Professor. Und so wurde die Schönheit
zum exklusiven Besitz, auf Zeit, vom Herrn Professor. Einige Monate später, die Begeisterung
füreinander hatte gehässigen Streitereien Platz gemacht, schimpfte der Herr
Professor bei einer heiklen Operation in Richtung der explosiven Blonden, mit
der zusammen er vor einigen Stunden noch das
>traute vorläufige Heim<
geteilt hatte „wenn sie so gut instrumentieren würden wie sie vögeln,
könnte ich besser operieren. Die Antwort der Blonden kam wie aus der Kanone
geschossen, „ wenn sie auch nur halb so gut vögeln würden wie sie operieren
wäre es wie im Paradies“ .Die Blondine brauchte
eine neue Stelle, nicht etwa dass sie rausgeschmissen wurde, nein ein
Assistenzarzt hatte sich in sie vergafft und wollte nun sein „Eigentum“ vor dem
bösen bösen Wolf in Sicherheit wissen.
Freitag, 4. September 2015
Waldsterben
Die leider nicht mehr ganz so jungen Leser werden sich
sicher an das grosse Waldsterben erinnern. Was wurde da nicht für ein Blödsinn
gesagt, vielen Protagonisten wäre es sicherlich äusserst peinlich mit ihren,
medienwirksamen, Aussagen und Auftritten konfrontiert zu werden. Autofreie
Wochenende oder Tage wurden gefordert, drastische Limitierung der
Geschwindigkeit erheischt, das Heizen
musste überdacht werden, um den bösen
sauren Regen zu bekämpfen oder gar zu verhindern. Umweltgurus hatten das Sagen
und unkten in überheblicher Selbstüberschätzung auf allen möglichen
Fernsehkanälen und im Blätterwald der Presse. Papier gab’s zu Hülle und Fülle
wegen der abgestorbenen Wälder. Eine Riesenorgie von Dummheit und
Pseudowissen überflutete uns arme
Umweltsünder. Heute etwa dreissig Jahre später gibt es in der Schweiz mehr
Waldfläche als seit hunderten von Jahren. Das erinnert mich an das berühmte
Bonmot dessen Autor mir leider entfallen ist „ Prognosen sind nicht einfach zu
stellen, besonders wenn es um die Zukunft geht“. Bleibt eigentlich nur noch die
Frage, was ach was ist denn aus den abgestorbenen Wälder geworden.
All diese Überlegungen stellte ich an, als ich kürzlich in Schaffhausen auf den
Bus wartete der mich zum Spital bringen sollte, da sah ich plötzlich einen Bus,
die Nummer eins, wo als Endstation WALDFRIEDHOF stand. Es fiel mir wie Schuppen
von den Augen, hier waren also die damals gestorbenen Wälder begraben; ich
schwor mir nächstens, wenn ich nicht zum Spital fahren musste, den Bus Nummer
eins zu nehmen und den verstorbenen Wäldern einen pietätvollen Besuch
abzustatten.
Donnerstag, 3. September 2015
Männlichkeit
Man
sagt ja oft, der hat nicht die Eier dazu, um seine Mutlosigkeit anzuprangern,
fein ist diese Aussage ja nicht aber bezeichnend ist sie doch allemal. Hat man
es aber mit einem Monorchiden zu tun der
auch noch feige ist so wird es noch viel komplizierter, sagt man ihm, du hast
nicht das Ei dazu, oder (d)ein Ei genügt eben nicht dazu, oder aber dazu
braucht es zwei „solche“—man zeigt mit den offenen Händen was man meint—Eier.
Ich weiss von einem solchen Monorchiden, der auch den Grund seiner Eineiigkeit
verschleiert, ist er zu feige —hat also nicht die/das Ei/er dazu—es zu
sagen oder einfach zu dumm weil er annimmt ,die anderen werden meine Lüge sicher
schlucken; da hat er sich aber geirrt. Jeder einigermassen medizinisch
gebildete weiss, dass es nur wenige Gründe einen Hoden zu opfern gibt. Tumoren
und Verletzungen oder Torsionen können zu einer einseitigen Kastration führen und nicht die erwähnte chronische Nebenhodenentzündung!
Dieser Eineiige ist ein fieser Schweinehund –wobei ich weder Hund noch Schwein
beleidigen will—. Er ist zwar kein echter
Psychopath, eher ein Borderliner wie es in jedem Lehrbuch nachzulesen ist. Er
wäre eigentlich, als Mediziner, klug genug um sich im Griff zu haben, hat aber die
Dosierung seiner Psychopharmaka immer wieder runtergeschraubt, um sich freier zu
fühlen ,dadurch kann er ungehemmt in
seinem Wahn schwelgen und belästigt viele damit, nicht nur Kollegen sondern auch
Bekannte—aber nie Freunde, denn solche hatte er nicht—. Ein Mann zu
sein, bedingt Charakter und Geradlinigkeit, die Eier haben eine andere Funktion
die mit den Wesenszügen nichts zu tun haben.
Mittwoch, 2. September 2015
So richtig „sportliches“ Fahren
Was einem alles so durch den Kopf gehen kann, wenn man glaubt
sein letztes Stündchen hat geschlagen dachte sich Julius als er in hoher
Geschwindigkeit auf dem Glatteis rutschte und ins Leere fiel. Dass sein Porsche
dann von einem Felsvorsprung angehalten
wurde und nun wackelig über dem Abgrund schwebte trug nicht dazu bei, ihn zu
beruhigen. Es war spät abends, also dunkel und die Möglichkeit ,dass ein anders
Auto noch zu so später Stunde und bei diesem nun einsetzenden Schneegestöber
hier noch vorbeikommen und dann auch
noch den verunglückten Porsche sehen würde war verschwindend klein. Immer schon
hatte ihn seine Frau angefleht –besonders wenn er getrunken hatte—nicht so zu
rasen, aber er konnte es einfach nicht lassen, es gab ihm ein Gefühl von Macht
und auch so was wie einen sexuellen Kick, so die engen Kurven dieser
Bergstrasse zu schneiden. Er versuchte die Tür zu öffnen, als das Auto dabei
gefährlich zu kippen begann liess er es aber sofort bleiben. Ihm war plötzlich
sehr kalt, war es der Schock, der Alkohol oder einfach das winterliche Klima,
er wusste es nicht aber er fing an zu bibbern so einen richtigen Schüttelfrost
hatte er seit der Kindheit, als er eine schwere Grippe durchstehen musste, nie
mehr gehabt. Schlief er eigentlich ein oder war er ohnmächtig geworden, er
hätte es nicht sagen können als er bei Tagesanbruch vor Kälte schlotternd
aufwachte. Alles war tief verschneit, sein Porsche war sicherlich von der
Strasse aus nicht zu sehen, ausserdem waren die Spuren des Unfalls bestimmt vom
vielen Schnee zugedeckt. Julius driftete wieder in ein tiefes Koma. Eine Woche darauf, als die Strasse mit
Räumungs-Maschinen wieder geöffnet worden war, sahen die Strassen- Arbeiter die
durchbrochene Gleitplanke und das beinahe
total eingeschneiten Auto. Bei dem Versuch, das Auto zu bergen glitt der
Porsche mehrere hundert Meter in die
Tiefe. Von dem schönen Auto blieb nicht viel übrig, als man nach einigen
Wochen zur Absturzstelle kam. Die von
Wildtieren halb aufgefressene Leiche von Julius fand man erst nach dem der
erneut gefallene Schnee im Frühling weggeschmolzen war. Dass Julius, bei diesem
Wetter, den Porsche, und nicht den alten Subaru
genommen hatte um in der Berghütte mit Freunden—die alle dort
übernachtet hatten— einen Geburtstag zu feiern,
fand Erika seine „nun Witwe“ sehr traurig; ob wegen des Verlusts vom
Auto oder vom Gatten sei dahingestellt.
Dienstag, 1. September 2015
Mega sie haben gesagt Mega?
Achim du verdammtes Megaarschloch tönte es laut durch den
Korridor trotz der recht späten Stunde. Es war im Klinikum zwei dieser
Universitätsklinik. Ja was hatte Achim wohl verbrochen? Achim war Oberarzt in
der Chirurgie, er war dabei sich, trotz seines jungen Alters, zu habilitieren
und wäre—bildlich gesprochen—über Leichen gegangen um die Operationen zu machen
die ihm noch in seiner persönlichen Statistik fehlten. Ob nun die Indikation
für den Eingriff korrekt oder sehr grosszügig gestellt war hat ihn nie
gekümmert. Er hatte wieder einmal einem älteren Patienten eine ,nicht wirklich
notwendige, Operation aufgedrängt, indem er Angst geschürt hatte .Die Operation
war—wie immer bei Achim—gut verlaufen, ja Achim war ein sehr guter Handwerker,
die Indikationen waren allerdings bei ihm oft mehr als diskutabel. Diesmal war
er aber wirklich zu weit gegangen in seiner Überheblichkeit hatte er nicht
gemerkt, dass dieser nette ältere Herr, dem er einen absolut unnötigen Eingriff
aufgeschwatzt hatte genauso hiess wie sein Vorgesetzter, der Chefarzt Professor
Viktor Brauner. Der nun leider unnötig operierte Herr war der Onkel seines
Vorgesetzten. Dies war der Grund der Titulierung als Megaarschloch der Achim
seit dieser Nacht anhing, ja die Habilitation war keine Option mehr und Achim
musste sich nach der fristlosen Entlassung nach einer neuen Stelle umsehen.
Achim bewarb sich für jede freiwerdende Stelle als Chefarzt, musste aber lernen
mit Absagen umzugehen, denn sein ehemaliger Mentor Professor Viktor Brauner
hatte ein ausgedehntes Beziehungsnetz. Es regnete Absagen. Also beschloss Achim
eine Privatpraxis in einer anderen Stadt zu eröffnen, er fand eine Praxis eines
sehr bekannten älteren Chirurgen, die er
übernehmen konnte. Nach dem luxuriösen Umbau eröffnete er die Praxis.
Eigenartigerweise kamen nur sehr wenig Patienten. Der lange Arm des ehemaligen
Chefs war noch länger als befürchtet hatte, denn nun merkte Achim, dass keine der
vier Privat- Kliniken ihn in ihren Operationssälen arbeite lassen wollte.
Verzweifelt bewarb sich Achim im Ausland, Dubai, Katar, Kairo, Tunis, ganz egal
wo es kamen nur Absagen. In seiner Verzweiflung beschloss er nun zu der
Hilfsorganisation Médecins sans frontières zu gehen, um wenigstens operieren zu
können, aber auch da war er nicht willkommen. In einem Bergdorf, wo eine
verwaiste Praxis auf einen Nachfolger wartete ,konnte man Achim nun sehen wie
er der Bevölkerung Salben und Pillen verschrieb, ab und zu eine Wunde versorgte
und so ein bescheidenes Auskommen hatte. Seine einzige Befriedigung war, dass sein Übernahme
„MEGAARSCHLOCH“ ihn nicht bis in dies abgelegene Bergdorf verfolgt hatte.
Abonnieren
Posts (Atom)