Sonntag, 4. Januar 2015

Weinkellerprobleme

Geht’s nicht ein bisschen genauer, bedrängte er seine Onkologin nun schon seit vielen Monaten. Ja, jedes Mal wenn er zur dreimonatigen Untersuchung ins Spital ging wollte er wissen wie lange dauert es im besten Fall bis meine Leukämie in ein akutes Stadium übergeht? Ab wann muss ich Medikamente nehmen und vor allem auf ein wie langes Leben muss ich mich einstellen. Die Onkologin sah in seinem Drängen, nicht wie bei vielen anderen Patienten, Angst oder Verzweiflung oder gar Unwillen, nein es war eine klare rationelle Erkundigung nach statistisch gesicherter Voraussage seiner Lebensspanne. Nun wollte sie endlich wissen weshalb er so obsessionell nach der Lebensdauer forschte; Frau und Kinder waren keine vorhanden, er lebte alleine, war aber sichtlich nicht einsam und schien daran nicht zu leiden. Abgesehen von  der Quengelei, der Lebensdauer wegen, war er ein angenehmer aufgeschlossener Patient; sicher nicht hadernd mit dem Schicksal. Er war Agnostiker, das hatte er  zu Anfang schon deutlich zu verstehen gegeben, also woher die Obsession, fragte sie sich. Bei der nächsten Konsultation, wo erneut nichts Negatives zu sagen war, alle Blutwerte waren im noch nicht zu behandelnden Bereich, fragte  sie ihn geradeheraus woher seine Fixierung auf die Lebenserwartung komme. Seine Antwort setzte sie doch ein wenig in Erstaunen. Sehen sie Frau Doktor, da ich seit einigen Jahren meinen Weinkonsum sehr drastisch reduziert habe und darum nichts mehr  dazugekaufte, bin ich dabei meine Vorräte auszutrinken, nun gehen sie aber bald zur Neige und ich möchte wissen was und vor allem wieviel ich noch einkaufen soll um möglichst alles selbst geniessen zu könne und vor allem bis zuletzt nicht darben zu müssen.

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