Geht’s nicht
ein bisschen genauer, bedrängte er seine Onkologin nun schon seit vielen
Monaten. Ja, jedes Mal wenn er zur dreimonatigen Untersuchung ins Spital ging
wollte er wissen wie lange dauert es im besten Fall bis meine Leukämie in ein
akutes Stadium übergeht? Ab wann muss ich Medikamente nehmen und vor allem auf
ein wie langes Leben muss ich mich einstellen. Die Onkologin sah in seinem Drängen,
nicht wie bei vielen anderen Patienten, Angst oder Verzweiflung oder gar
Unwillen, nein es war eine klare rationelle Erkundigung nach statistisch
gesicherter Voraussage seiner Lebensspanne. Nun wollte sie endlich wissen weshalb
er so obsessionell nach der Lebensdauer forschte; Frau und Kinder waren keine
vorhanden, er lebte alleine, war aber sichtlich nicht einsam und schien daran
nicht zu leiden. Abgesehen von der
Quengelei, der Lebensdauer wegen, war er ein angenehmer aufgeschlossener Patient;
sicher nicht hadernd mit dem Schicksal. Er war Agnostiker, das hatte er zu Anfang schon deutlich zu verstehen gegeben,
also woher die Obsession, fragte sie sich. Bei der nächsten Konsultation, wo
erneut nichts Negatives zu sagen war, alle Blutwerte waren im noch nicht zu behandelnden
Bereich, fragte sie ihn geradeheraus
woher seine Fixierung auf die Lebenserwartung komme. Seine Antwort setzte sie
doch ein wenig in Erstaunen. Sehen sie Frau Doktor, da ich seit einigen Jahren
meinen Weinkonsum sehr drastisch reduziert habe und darum nichts mehr dazugekaufte, bin ich dabei meine Vorräte
auszutrinken, nun gehen sie aber bald zur Neige und ich möchte wissen was und
vor allem wieviel ich noch einkaufen soll um möglichst alles selbst geniessen
zu könne und vor allem bis zuletzt nicht darben zu müssen.
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