Montag, 19. Januar 2015

Zeitenwandel –O TEMPORA O MORES—

In den Sechzigerjahren, ich war damals jung verheiratet und im Aussendienst tätig, bat mich meine Frau, wenn ich von Neuchâtel aus, in Städte wie Fribourg, Biel oder Lausanne fuhr, mitzukommen um sich dort mit einem Einkaufsbummel—Shoppen gab’s damals noch nicht als Begriff—die Zeit zu vertreiben. Sie arbeitete damals noch sehr unregelmässig und da keine Kinder zu betreuen waren, hatte sie Zeit und versäumte nichts Wichtigeres. Damals gab es ja noch keine Mobiltelefone und weil ich nie wusste wie lange meine Besuchstätigkeit dauerte, verabredeten wir uns zu bestimmten Zeiten meist in einem Kaffeehaus. Da ich die Zeit eher zu lange einschätzte um sie nicht unnötig warten zu lassen, war meist ich der erste am Treffpunkt.  In Biel gab es in einem der ersten Einkaufszentren in Mitten der Stadt ein sehr schönes Restaurant. Der Name war, wenn meine Erinnerung mich nicht täuscht war Café Estoppe ;es war eine spanische Taverne, sehr modern und sachlich eingerichtet ,nicht wie damals fast überall mit Makramee in den hässlichsten  orangen, braunen und grünen Tönen. Ich war gerne dort, zwischen zwei Terminen um mich in Ruhe auf den nächsten Kunden vorzubereiten, man kannte mich. Mit man meine ich die Besitzerin eine sehr würdige ältere Dame, wie man sie heute, fünfzig Jahre später, wohl kaum noch finden könnte. In diesem Café traf ich mich öfters mit meiner Frau, die dann meist mit einem Einkauf, den sie mir sofort zeigen wollte, dazukam. Nach mehreren Malen dieser Treffen passierte etwas sehr erstaunliches, ja die Chefin kam zu unserem Tisch, entschuldigte sich für die Störung und sagte „ich möchte ihnen beiden ein Kompliment machen, in der Schweiz habe ich noch nie gesehen dass ein junges Paar so höflich und elegant mit einander umgeht, es ist eine Freude sie als Gäste zu haben“. Auf unser ungläubiges Staunen hin sagte sie an mich gewandt, “sie stehen immer auf wenn ihre Frau kommt oder den Tisch verlässt, helfen ihr in den Mantel ,und bitten um Entschuldigung wenn sie weggehen, selbst ältere Herren tun dies fast nie mehr“.  Fünfundzwanzig Jahre später, ich war seit einigen Jahren geschieden,  war ich Mitglied  in einer Freundesgruppe in Lausanne, einer Art Klub. Man traf sich zu verschiedenen Gelegenheiten und vor allem jedes Mal bei einem der acht Mitglieder zu Hause, zum Essen. Keiner war und durfte verheiratet sein, Beziehungen waren erlaubt, aber der oder die Partner/in waren nicht zugelassen ausser zwei der männlichen Mitglieder, die zusammen ein Paar waren. Plötzlich musste ich laut lachen, als mir einige der weiblichen Mitglieder eines Abends Vorwürfe machten: ich sei nicht zeitgemäss, behandle sie nicht als gleichberechtigte, schliesslich hätten sie sich ihre Unabhängigkeit hart erarbeitete, diese komische Art die ich an den Tag lege mit Aufstehen, Vortrittlassen und sogar bezahlen im Restaurant sei eine Beleidigung ihrer Würde als Frau. Ich konnte mich nicht zurückhalten ihnen zu antworten und sagte ihnen die erstaunt zuhörten: Ihr habt, alle vier, Karriere gemacht ,seit befreit —wovon sei dahingestellt—und findet keinen Partner mehr, ja die Männer in eurer Altersgruppe haben oder hatten schon Familien und wenn sie eine neue Partnerin suchen ,sicher keine Befreite die ihnen ,wie ihr es mit mir macht, sagt wie man Frauen behandeln soll. Ihr gehört—frei nach Hemingway—zur lost Generation; aber verloren habt ihr euch selber!

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