Rosa
sass wie fast an jedem Tag –ausser wenn es regnete—auf ihrer Parkbank. Ihre
Aufgabe war es, die beiden Zwillinge, ein Mädchen und ihren Bruder sowie die
drei Kleinkinder, deren Geschwisterchen,
zu hüten und bewachen. Es war ihre Parkbank, denn als sie noch ein
junges Ding war, diente gerade diese Parkbank ihr und ihrem Verführer als
Liebesnest. Oft, in ihren Tagträumen sah sie ihren Manfred, wie er sie –trotz
des gespielten Widerstands Rosas— sanft auf die Bank drückte und sie beide in
den siebten Himmel entführte. Dies war aber schon so lange her, Rosa war
inzwischen eine „alte Jungfer“ wie man damals noch sagte. Als ihr Manfred in
den Krieg einberufen wurde, schwor er ihr ewige Liebe und Treue, aber was sind
schon Schwüre junger Männer wert, die nur das eine wollen und meist auch sehr leicht kriegen? Eigentlich
hatte Rosa viel Glück im Unglück gehabt, nicht wie viele ihrer Freundinnen, sie
war, trotz Unvorsichtigkeit nicht schwanger geworden. Ob Manfred oder sie oder
aber Glück und Zufall daran schuld waren weiss Rosa bis heute nicht. Nach dem
Krieg fand Rosa eine Stelle als Kinder und Haus-Mädchen im Haushalt eines
berühmten Professors, der kaum je zuhause war, denn er arbeitete fast Tag und Nacht
in der Universitätsklinik. Öfters, wenn der Professor spät nach Hause kam, seine
Frau war längst schlafengegangen, verirrte er sich in die Dachkammer zu Rosa, die
zwar nicht viel Spass am –meist kurzen aber intensiven— Beischlaf hatte, der
aber die menschliche Nähe ein physisches Bedürfnis war. An den seltenen
Abenden, wenn Besuch zum Nachtmahl erwartet wurde, musste Rosa –wohlversehen
mit Häubchen und Schürzchen—bei Tisch aufwarten. Gross war der Schock, als
eines Abends „ihr“ Manfred an der Tür klingelte. Er war der engste Mitarbeiter
des Professors und deshalb zur heutigen Abendgesellschaft geladen worden. Manfred erkannte „seine ewige Liebe“ nicht
wieder, überliess ihr Hut und Mantel und, später nach dem Essen ein beleidigend
mickriges Trinkgeld. Dies, und die Anschuldigung des Professors—als er von
seiner Frau in Rosas Bett erwischt wurde—diese Schlampe hat mich hinterlistig
verführt, öffnete Rosa die Augen und schloss ihr das Herz. In sehr vielen
Familien tat sie Dienst, immer im selben Villen-Quartier, ob nur als
Kinderbetreuerin oder auch als Hausmädchen war ihr einerlei.
Gelegenheitsliebschaften hatte sie immer mal wieder, sei‘s mit noch rüstigen
Rentnern sei‘s mit Arbeitern die im Park ihr mitgebrachtes verzehrten; zimperlich
war Rosi nie ,aber der Mann musste ihr irgendwie gefallen. Das einzig wichtige
war die menschliche Wärme und Nähe, Sex war eigentlich nur dazu da dies zu
bekommen. Rosis grösstes Problem war, dass es
kaum noch Familien gab, die Hausangestellte brauchten, es war irgendwann
einfach nicht mehr üblich. Glücklicherweise kam dann, als sie schon beinahe
verzweifelt war, diese Diplomatenfamilie mit ihren sieben Kindern, ja drei
davon waren dann noch nach den Zwillingen gekommen sodass Rosa alle Hände voll
zu tun hatte, Zeit zum Träumen und für flüchtige Liebschaften blieb kaum noch.
Nur eben auf ihrer Bank, wenn die fünf Kleinen zu hüten waren schweiften ihre
Gedanken manchmal in die –weitentfernte- Vergangenheit. In einem luziden Moment
sagte sich die alternde Rosa schwer seufzend,
“ Das wars dann wohl“ wobei sie sicherlich ihr verpfuschtes Leben meinte.
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