Mittwoch, 10. September 2014

Sebastian war das eins und alles seiner Eltern, sie verwöhnten ihn wie sie konnten, kein Wunsch wurde ihm ausgeschlagen und nun das! Seine Mutter war für ein paar Tage verreist, kurz nach seinem siebten Geburtstag. Omapapa war gerne gekommen um sich um ihren Liebling Sebastian zu kümmern und vor allem um ihn zu verwöhnen. Und nun kam Mamma zurück, Sebastian rannte zum Auto aus dem erst der Papa und dann die Mamma ausgestiegen waren und dann wurde noch etwas ausgeladen, eine grosse Tragtasche. Oh ein Geschenk, ich will es sehen sagte Sebastian. Ja wir haben dir ein Schwesterlein mitgebracht. Was? habt ihr mir mitgebracht? ein was? Ein kleines Schwesterlein, sie heisst Emily, sie ist deine Schwester. Ich will keine Schwester, bringt sie zurück schrie Sebastian und bekam einen seiner, von den Eltern so gefürchteten, Wutanfälle. Diesmal dauerte die Toberei ohne Unterbruch bis tief in die Nacht. Er hatte seit dem Frühstück das ihm Omapapa gemacht hatte nichts mehr gegessen oder getrunken, er hatte wirklich nur getobt; die Eltern und die Omapapa ,die selbst sieben Kinder grossgezogen hatte, waren ratlos. Er wird sich schon beruhigen sagte Omapapa den hilflosen Eltern, aber die hatten so ihre Zweifel. Und hatten damit leider recht, denn Sebastian trat in eine Art Streik, er kannte nur noch ein Wort, NEIN ich will nicht. Er ass schweigend, aber nur ganz wenig, um nicht zu verhungern, aber er verweigerte alle Süssigkeiten die er ja sonst lautstark gefordert hatte. Dass Sebastian auf Rache sann sah man an seinem düsteren Gesicht. So vergingen Wochen, Monate ja fast ein halbes Jahr. Er besuchte die Schule, wo er kein Wort sprach. Die Lehrerin war verzweifelt, es wurden Besprechungen mit den Eltern und Schulpsychologen, mit und ohne Sebastian, abgehalten .Sebastian schwieg. Er schmiedete Pläne, wie konnte er diese Emily loswerden und wieder der Liebling aller sein? Emily wurde von Mutter und den beiden zu Hilfe gekommenen Omas, Omapapa und Omamamma, verwöhnt und bewacht es gab nur noch Emily, alles drehte sich um Emily, er Sebastian zählte nichtmehr. Überhaupt warum hatte man ihn nicht gefragt ob er eine Schwester wollte, sonst fragten die Eltern immer was er gerne hätte, aber diesmal nicht. Sie hatten ihn einfach vergessen als sie gingen um die Schwester auszusuchen. Sebastian dachte nach, ich komme einfach nicht an sie ran, so kann ich ja nichts gegen sie unternehmen. Also änderte er seine Taktik, von negativ wurde er langsam, erst unentschlossen und dann interessieret, fragte wo man denn diese Emily gefunden habe und schien sich plötzlich für die Schwester zu erwärmen, er verwandelte sich, machte auf erwachsen, sah beim Wickeln und Baden der Schwester zu, kommentarlos . Was die Eltern beruhigte, war dass er in der Schule wieder mitmachte und seinen Platz als Klassenprimus zurückeroberte. Eines Abends, als die Eltern ins Bett gingen umarmten sie sich, es ist überstanden sagte der Vater, endlich, antwortete die Mutter. Es wurde auch Zeit, wir haben schon so lange nicht mehr miteinander geschlafen, sagten sie fast gleichzeitig und fielen übereinander her. Das war aber höchste Zeit witzelte de Vater, seine Frau war dankbar für die lange geübte Rücksicht und glücklich, sehr glücklich, nun wieder zu einem normalen Eheleben gefunden zu haben. Alles hatte sich normalisiert, Sebastian war ein grosser Junge geworden, nicht nur bildlich, nein er war plötzlich gewachsen mehrere Zentimeter. Am Samstag ging die ganze Familie ohne Omas zum Einkaufen, Sebastian war aus allem Herausgewachsen, vor allem die Schuhe drückten. Neu ausstaffiert und auch recht Stolz gings ins Mac Donald, in das Lieblingslokal Sebastians. Alles durfte er bestellen Pommes, Big Mac, Cola und auch noch Eis, Sebastian schien glücklich, keine Spur mehr von der Trotzphase!! Die Eltern waren Seelig!! So nahm das Leben seinen gewohnten Trott, Schule für Sebastian, Büro für den Vater. Emily und der Haushalt hielten die Mutter auf Trab; eine der beiden Omas war wieder abgereist, man würde sie wohl im Herbst nach den Sommerferien das erste Mal wiedersehen. Dann kamen die Ferien, auf dem Lido in Venedig. Omamamma war mitgekommen, sie liebte das Meer und den Strand und freute sich in dem gemieteten Haus schalten und walten zu können und vor allem auf dem Markt eizukaufen um, für ihren Schwiegersohn diesen Charmeur, zu kochen, den übrigen Familienmitgliedern gab sie auch gerne etwas ab, aber der Schwiegersohn……. Die ganze Familie ging nach dem Frühstück gemeinsam zum Strand, zum öffentlichen Strand, denn in dem gemieteten Haus war alles vorhanden, Sonnenschirm Strandmöbel und Spielzeug, einfach alles, ausserdem war der öffentliche Strand viel angenehmer. Man konnte an den Privat vermieteten Stränden nicht spielen, man störte die ruhesuchenden Badegäste, am freien Strand konnte man buddeln und Schlösser bauen, man war viel freier. Gegen Mittag ging man zurück ins Haus, kaufte oft noch etwas, in der Rosticceria, ein 50 und nahm auch Obst bei Giulio mit. An diesem Tag gab es Vitello Tonnato und ein gebratenes Hühnchen, einfach zu lecker um nicht eine Flasche Wein zu öffnen. Nach dem Essen verzichteten die Eltern auf die Siesta, sie hatten andere Pläne. Sie nahmen das Vaporetto das nach Burano führt, denn dort wollten sie neue Tischwäsche kaufen, sie liebten die wunderbaren Merletti, das ist die lokale Spitzenstickerei. Omamma war vom reichlich genossenen Wein ziemlich müde, aber Sebastian wollte unbedingt zum Strand, er hatte Angst dass andere seine Sandburg kaputt machen könnten darum wollte er, vor dem Ende der Siesta, wieder am Strand sein. Er quengelte so lange bis Omamma schweren Herzens auf die wohlverdiente Ruhe verzichtete und die Kinder zum Strand führte; sie nahm nur ihren Liegestuhl und einen Sonnenschirm mit. Der Strand war zu dieser Zeit wegen der Hitze fast leer, nur wenige nordische Badegäste waren beim Braten in dieser Gluthitze. Emily wurde im Wägelchen unter den Sonnenschirm gestellt unter dem auch Omamma Platz fand mit ihrer so bequemen Strandliege. Kaum war Emily und Omamma im Schatten schliefen beide auch gleich ein, Emily schnarchte nicht, aber Omamma umso mehr. Sebastian war, kaum angekommen zu seiner Burg geeilt, alles war noch so wie er es verlassen hatte. Er sah nicht nur, nein er hörte auch dass Omamma tief und fest schlief, sein Plan stand schon seit einigen Tagen fest und dies war die passende nie wiederkehrende Gelegenheit. Ganz sanft schob er das Wägelchen aus dem Schatten in die Sonne, deckte Emily schön warm zu und ging wieder zu seiner Burg. Omamma erwachte durch lautes Reden und Schimpfen. „Wie kann man nur so ein kleines Baby bei solch einer Hitze so warm angezogen an der prallen Sonne lassen“? Omamma erschrak und verstand nicht was passiert war, es waren inzwischen viele Leute zum Strand gekommen, sie hatte sehr lange tief und fest geschlafen und nicht gemerkt dass Emily das Bewusstsein verloren hatte. Die gerufenen Sanitäter taten ihr Bestes, es war aber leider zu spät, Emily war einem Hitzeschlag erlegen. Sebastian kam neugierig von seiner inzwischen grossen Burg an der auch einige andere Kinder mitgebaut hatten, als er die nun leblose Schwester sah heulte er herzzerreissend und sehr glaubwürdig. Am folgenden Tag konnte man im Gazzettino lesen: Tragischer Unfall am Strand des Lidos, die schuldige Oma musste notfallmässig in die Psychiatrische Klinik eingewiesen werden, die ganze Familie am Boden zerstört. Wie es Sebastian schaffte, traurig auszusehen und kein zufriedenes Lächeln zu zeigen bleibt sein Geheimnis.

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