Freitag, 17. Juli 2015

Junger Liebhaber

Sie, nennen wir sie Elena, war schon als Teenager, aus ihrer Römischen Heimat, in die französische Schweiz gekommen, warum die recht wohlhabende Familie das Schweizer Exil gewählt hatte ist mir immer schleierhaft geblieben. Ihre Matura bestand sie als Beste der ganzen Westschweiz, ja sie machte die Eidgenössische Matura in Bern! Dann studierte sie Medizin an der Fakultät in Lausanne, zwei Semester allerdings in Bologna um die Medizinischen Namen auch in  ihrer Muttersprache zu beherrschen. Elena war eine sehr attraktive ja beinahe schon schöne sehr gebildete junge Frau. Sie machte schnell Karriere als Anästhesistin und wurde die jüngste Oberärztin im Universitätsspital. Viele Jahre später, sie war inzwischen Mutter von drei Kindern und geschieden, lernte ich sie –als Ärztebesucher— kennen. Sie war inzwischen nicht mehr in der Uni-Klinik sondern im Anästhesie-Pool einer Privatklinik wo sie allerdings nur Teilzeit arbeitete, denn sie hatte eine Privatpraxis für Allgemeine Medizin und für Schmerztherapie eröffnet. In diese Praxis kam eines Tages ein junger Mann, er war Franzose, hatte Schmerzen und Schlafstörungen war aber –in den Augen von Elena—schön wie Adonis in Person. Zögerlich war Elena nie gewesen, nein sie nahm sich was sie wollte und François wollte sie nicht nur von seinen Schmerzen befreien sondern sich auch „zur Brust nehmen“. Dass François etwa ein viertel Jahrhundert jünger als Elena war und eher als ein Kumpel ihrer Kinder denn als Ehemann geeignet schien ,war ihr einerlei . Sie heiratete ihn. Er war recht erfahren im Bauwesen obwohl er keinerlei Ausbildung oder Diplom vorzuweisen hatte. Elena kaufte in einer Gemeinde in der Nähe von Lausanne drei ein wenig heruntergekommene Mietblöcke die allerdings idyllisch schön in einem kleinen Wäldchen mit einem Bächlein lagen. François machte Pläne und überwachte die Renovation, es wurden seht schöne Luxuswohnungen die im Nu vermietet waren; verkaufen wollte Elena nicht denn dies sollte ihre Altersvorsorge sein. Für sich und die Familie hat sie in dem am schönsten gelegenen Haus die zwei oberen Etagen als Luxusduplex-Wohnung liebevoll eingerichtet. All dies weiss ich von ihr, weil sie in dem kleinen Antiquitätenladen den meine Frau in Lausanne betrieb die beiden schönsten Kunstwerke—zwei geschnitzte Barockengel etwa einen Meter hoch—kaufte und die ich mit meiner Frau zusammen liefern musste. Wir wurden gebeten,  an dem grossen schönen Klostertisch wo die Familie mit Freunden sass, Platz zu nehmen und am, etwas chaotischen aber exzellenten, Abendessen teilzunehmen. Man fühlte sich fast in die Jugend zurückversetzt und eine Nostalgie nach Wohngemeinschaft kam auf. Solange wir, meine Frau und ich in Lausanne lebten waren wir oft eingeladen oder besser aufgefordert doch, so oft wie wir Lust dazu verspürten, einfach vorbeizukommen. Nach meinem Wegzug und der Scheidung von meiner Frau verlor ich Elena und François aus den Augen. Viel später las ich die Todesanzeige von Elena, was war passiert?                                                                                                                                Der ach so liebe, charmante, schöne, dankbare François hatte sich mit allem verfügbaren Geld und vielen Wertgegenständen aus den Staub gemacht, Elena—als geübte Anästhesistin schied schmerzlos, aber sicher tief enttäuscht und wohl auch verbittert aus dem Leben, denn auch an ihren drei Kindern hatten  nur  die Drogendealer Freude.

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