Sie, nennen wir sie Elena, war schon als Teenager, aus ihrer
Römischen Heimat, in die französische Schweiz gekommen, warum die recht
wohlhabende Familie das Schweizer Exil gewählt hatte ist mir immer schleierhaft
geblieben. Ihre Matura bestand sie als Beste der ganzen Westschweiz, ja sie
machte die Eidgenössische Matura in Bern! Dann studierte sie Medizin an der
Fakultät in Lausanne, zwei Semester allerdings in Bologna um die Medizinischen
Namen auch in ihrer Muttersprache zu beherrschen.
Elena war eine sehr attraktive ja beinahe schon schöne sehr gebildete junge
Frau. Sie machte schnell Karriere als Anästhesistin und wurde die jüngste
Oberärztin im Universitätsspital. Viele Jahre später, sie war inzwischen Mutter
von drei Kindern und geschieden, lernte ich sie –als Ärztebesucher— kennen. Sie
war inzwischen nicht mehr in der Uni-Klinik sondern im Anästhesie-Pool einer
Privatklinik wo sie allerdings nur Teilzeit arbeitete, denn sie hatte eine
Privatpraxis für Allgemeine Medizin und für Schmerztherapie eröffnet. In diese
Praxis kam eines Tages ein junger Mann, er war Franzose, hatte Schmerzen und
Schlafstörungen war aber –in den Augen von Elena—schön wie Adonis in Person.
Zögerlich war Elena nie gewesen, nein sie nahm sich was sie wollte und François
wollte sie nicht nur von seinen Schmerzen befreien sondern sich auch „zur Brust
nehmen“. Dass François etwa ein viertel Jahrhundert jünger als Elena war und
eher als ein Kumpel ihrer Kinder denn als Ehemann geeignet schien ,war ihr
einerlei . Sie heiratete
ihn. Er war recht erfahren im Bauwesen obwohl er keinerlei Ausbildung oder
Diplom vorzuweisen hatte. Elena kaufte in einer Gemeinde in der Nähe von
Lausanne drei ein wenig heruntergekommene Mietblöcke die allerdings idyllisch
schön in einem kleinen Wäldchen mit einem Bächlein lagen. François machte Pläne
und überwachte die Renovation, es wurden seht schöne Luxuswohnungen die im Nu
vermietet waren; verkaufen wollte Elena nicht denn dies sollte ihre
Altersvorsorge sein. Für sich und die Familie hat sie in dem am schönsten
gelegenen Haus die zwei oberen Etagen als Luxusduplex-Wohnung liebevoll
eingerichtet. All dies weiss ich von ihr, weil sie in dem kleinen
Antiquitätenladen den meine Frau in Lausanne betrieb die beiden schönsten Kunstwerke—zwei
geschnitzte Barockengel etwa einen Meter hoch—kaufte und die ich mit meiner
Frau zusammen liefern musste. Wir wurden gebeten, an dem grossen schönen Klostertisch wo die
Familie mit Freunden sass, Platz zu nehmen und am, etwas chaotischen aber
exzellenten, Abendessen teilzunehmen. Man fühlte sich fast in die Jugend
zurückversetzt und eine Nostalgie nach Wohngemeinschaft kam auf. Solange wir,
meine Frau und ich in Lausanne lebten waren wir oft eingeladen oder besser
aufgefordert doch, so oft wie wir Lust dazu verspürten, einfach vorbeizukommen.
Nach meinem Wegzug und der Scheidung von meiner Frau verlor ich Elena und
François aus den Augen. Viel später las ich die Todesanzeige von Elena, was war
passiert? Der ach so liebe, charmante, schöne, dankbare
François hatte sich mit allem verfügbaren Geld und vielen Wertgegenständen aus
den Staub gemacht, Elena—als geübte Anästhesistin schied schmerzlos, aber sicher
tief enttäuscht und wohl auch verbittert aus dem Leben, denn auch an ihren drei
Kindern hatten nur die Drogendealer Freude.
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