Mittwoch, 16. Dezember 2015

Louis Alptraum

Mein Freund Louis hat schon sehr jung damit angefangen Antiquitäten zu sammeln. Sein bevorzugtes Sammelgebiet war der Jugendstil, aber auch ganz allgemein das Design des zwanzigsten Jahrhunderts. Auf der Suche nach Objekten, Bilder und auch Möbeln dieser Epoche traf er immer wieder auf günstig zu erwerbende Dinge, ob Bücher, Objekte Möbel oder Bilder, die anderswo viel mehr wert hatten. Und so kam es dazu, dass wir gemeinsam—auch ich sammelte Diverses—nach Zürich zum Flohmarkt fuhren um unser Schätze feilzubieten. Da das Preisgefälle zwischen der Westschweiz und Zürich enorm war, konnten wir in kurzer Zeit alles aber auch wirklich alles gewinnbringend verkaufen. Louis sprach kein Deutsch und ich tat so als ob auch ich nur französisch verstünde, dies erlaubte mir alle Kommentare der Käufer zu verstehen. Oft musste ich mir das Lachen gewaltsam verkneifen, denn  Bemerkungen wie „die verstehen ja nichts von den Sachen“ „haben die das alles gestohlen um so billig zu verkaufen“ „wie kommen die zu solcher Spitzenware“ waren immer zu hören. Damals hätten wir sicher um einiges teurer verkaufen können, wären  dann allerdings nicht so schnell alles losgeworden und hätten unverkauftes zurücknehmen und einlagern müssen. Unser Ziel war schnell frisches Geld zu machen und von  dem vielfältigen Angebot in unserer „unterentwickelten Wohngegend“ zu profitieren. Louis lieferte den Löwenanteil der Ware, er hatte auch ganz bewusst nur  einen 50% Job als Zeichenlehrer gewählt—ich hatte ja noch einen Nebenjob, eigentlich meinen Hauptjob—der mir doch auch recht viel abverlangte. Dies alles war in den 1960er Jahren, es war eine schöne Zeit. Louis hat ein Leben lang  weiter mit Antiquitäten gehandelt, so auf Halbzeit Niveau, auch hatte er  später einen kleinen Laden und ein grosses Lager. Durch seine einnehmende Art hat er sich im Laufe der Zeit viele freundschaftliche Beziehungen aufgebaut. Auch schaffte er es immer wieder Trends zu lancieren, so kaufte er zum Beispiel Eierbecher, Mokkalöffel, Aschenbecher, Objekte in Kugel, Hand, Ei oder Sternform und lagerte sie einige Zeit ein, um dann mit Dutzenden oder gar Hunderten davon auf den Markt zu gehen, der Erfolg gab ihm beinahe immer Recht. Jetzt über fünfzig Jahre später, frage ich mich oft, ob Louis manchmal Albträume hat? ob er im Traum unter hunderten von Vasen, Tellern, Eierbechern, Skulpturen Teppichen Vintage-Modeartikeln oder weiss Gott was allem begraben wird. Wie gross müsste sein Lager sein, wenn wie durch Magie alles was er je gekauft und weiterverkauft hat plötzlich zurückkäme? Könnte er sich an all die Sachen erinnern? Ich wünsche ihm bis zu seinem, hoffentlich noch in weiter Ferne liegendem, Ende lauter (ALP/ALB)TRAUMLOSE NÄCHTE !!!!!

Heisst es nun Alb oder Alp-Traum? da streiten sich die Germanisten.


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