Montag, 4. Juli 2016

Weggeschwemmte Probleme

Waldemar hasste seinen Namen, wie blöd mussten meine Eltern eigentlich sein um mir so einen Namen zu verpassen. Schon in der Unterstufe der Gemeindeschule wurde ihm ständig das Lied vom Waldemar vorgesungen. „Ja er hiess Waldemar, weil es im Walde war“ als er klein war, weinte er darüber fast täglich, später als er zum stärksten Jungen der ganzen Schule herangewachsen war, hatte niemand mehr den Mut über seinen Namen zu spotten! All das lag nun viele Jahre zurück, Waldemar hatte ganz andere Sorgen und Probleme. Seine Ehe war futsch, die Kinder zum Kotzen, alles ging einfach den Bach ab. Plötzlich horchte er auf, hatte die Speakerin am Fernseher nicht was von einem, in den Fluten der Muota weggeschwemmtem Auto gesagt?  Er hatte nicht alles mitbekommen und schaltete auf den lokalen Info-Sender um. Ja, die Gewitter hatten die sonst harmlose Muota zum reissenden Strom gemacht und ein Auto mitgerissen, von dem etwas über sechzig Jährigen Fahrer war keine Spur gefunden worden. Waldemar versank in einem Tagtraum, er sah sich verschwinden und nie mehr aufzutauchen. Auch in den nächsten Wochen und Monaten gingen ihm seine, inzwischen zu einem Plan ausgewachsenen, Fantasien nicht aus dem Sinn. Waldemar erinnerte sich an seine einzige grosse Reise, die ihm, noch vordem er seine spätere Frau—die ewige Nervensäge—kennengelernt und leider in einem schwachen Moment geschwängert hatte,  fast ein Jahr Freiheit von zuhause beschert hatte. Ja diese Reise nach Mittelamerika war nun schon seit vielen Jahren sein innerer Rettungsanker. Die Nächte in Guatemala am Attitlansee mit der kleinen Rucksacktouristin, hatte er nie vergessen, wie sie hiss und woher sie stammte wusste Waldemar nicht mehr, aber  von den heissen Nächte träumte er immer mal wieder. Irgendwann, sagte sich Waldemar, ja irgendwann wird wieder ein heftiges Gewitter einen unserer sonst so ruhig dahinfliessenden Bergbäche anschwellen und alles mit sich reissen lassen. Dann muss ich alles vorbereitet haben! Waldemar transferierte viel Geld auf seine Visa, Amexco, Master und andere Kreditkarten-Konten  sowie auf verschiedene Banken in aller Welt. Fast ein Jahr danach kam in den Medien eine Unwetterwarnung, diesmal  war das Berner Oberland im Fokus der Wetterfrösche. Waldemars Auto wurde, mit offener Tür, im Fluss gefunden, von ihm fehlte jegliche Spur.
 Genüsslich schlürfte Waldemar auf der Terrasse eines Hotels in Panajachel am Attitlansee, in Begleitung einer jungen Guatemaltekin,  seinen Tequila-Sunrise und las dabei die Zeitungen aus der Heimat, wo noch immer nach seiner Leiche gesucht wurde.


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