Mittwoch, 16. November 2016

Taxi-Intelligenz oder logische Zusammenarbeit

Vor vielen Jahren war ich für einige Wochen nach Marokko in den Urlaub gefahren, ich wollte im Palais Jamai in Fez Paul Bowles „Haus der Spinne“ lesen. Warum gerade dort kann man sich mit Fug und Recht fragen, weil Bowles dies Buch in diesem wundervollen, der Vorstellung eines Märchenpalastes aus Tausend und einer Nacht entsprechenden  Hotels  geschrieben hatte. Ich redete mir dann auch ein, dasselbe Zimmer wie der berühmte geniale Schriftsteller zu bewohnen, wie schon in der Bibel steht—Glaube macht selig—. In diesen Tagen durchforschte ich, in Begleitung einer—der einzigen—weiblichen Fremdenführerin,Stadt und Umgebung. Ja sonst sind alle Fremdenführer Männer und nur darauf bedacht die Besucher von Laden zu Basar zu lotsen um dann—sollte man etwas kaufen—beim Händler abzukassieren und natürlich so oft wie möglich den Besucher ans obligatorische Bakschisch zu erinnern, denn die Besucher könnten‘s ja vergessen!
Also ich hatte von Anfang an klargestellt, dass ich den Preis nach Tarif und bei Zufriedenheit ein gutes Trinkgeld bezahlen täte, wenn Amina, so hiess die Führerin, mich nicht in Läden und Basare schleppte. Amina war etwa fünfzig, hatte Kunstgeschichte an der Sorbonne studiert und musste nun ihren Unterhalt selbst verdienen weil ihr Mann sie und die vier Kinder verlassen und einer Touristin nach Deutschland gefolgt war, nicht ohne sie—wie bei Muslimen üblich—vorab zu verstossen.
 Die zauberhafte Altstadt von Fez und einige umliegende Orte haben mir äusserst gefallen und die Begleitung von Amina hielt mir die sonst allgegenwärtigen Bettler und pseudo-Führer vom Leib; ausserdem war Amina sehr belesen und in ihrem Fach sehr bewandt.
Nach etwa einer Woche war es an der Zeit nach Marrakesch, meinem nächsten Ziel zu fahren. Ich bat den Concierge mir einen vertrauenswürdigen Chauffeur zu bestellen um früh morgens nach Süden aufzubrechen.
Die Route geht über hohe Berge und nach einigen Stunden Fahrt, mit einem eher schweigsamen, besonnenen Fahrer, kamen wir an einen Ort, wo das Unwetter der letzten Nacht die Strasse weggespült hatte. Dutzende von Autos, meist wie meins Taxis, waren blockiert. Und nun begann was ich am liebsten ein Ballett nennen würde. Mein Fahrer  zog seine Schuhe aus, schürzte seine Djellaba und überquerte baren Fusses das Geröllfeld. Ich sah ihn, wie er mit mehreren Fahrern auf der anderen Seite des zerstörerischen Flusses palaverte. Dann trank er Tee mit einigen, ihm wohl bekannten Fahrern, bevor er zurück zu seinem Auto, also auch zu mir kam. Ich habe mich mit einem Kollegen abgesprochen, er bringt Sie nach Marrakesch und ich übernehme seinen Fahrgast nach Meknès. 
Pas de problème ! Sie zahlen den ausgemachten Preis wenn sie in Marrakesch ankommen und der Andere bezahlt mich in Meknès, pas de problème!
Alles hat bestens geklappt. Nun stellte ich mir dieselbe Situation irgendwo in Westeuropa vor, einfach unvorstellbar, dass man ohne Vertrag, Versicherung und Garantien einfach—dank eines Glases Tee— das Problem löst.



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