Vor
vielen Jahren war ich für einige Wochen nach Marokko in den Urlaub gefahren,
ich wollte im Palais Jamai in Fez Paul Bowles „Haus der Spinne“ lesen. Warum
gerade dort kann man sich mit Fug und Recht fragen, weil Bowles dies Buch in
diesem wundervollen, der Vorstellung eines Märchenpalastes aus Tausend und
einer Nacht entsprechenden Hotels geschrieben hatte. Ich redete mir dann auch
ein, dasselbe Zimmer wie der berühmte geniale Schriftsteller zu bewohnen, wie
schon in der Bibel steht—Glaube macht selig—. In diesen Tagen durchforschte ich,
in Begleitung einer—der einzigen—weiblichen Fremdenführerin,Stadt und Umgebung. Ja sonst sind alle
Fremdenführer Männer und nur darauf bedacht die Besucher von Laden zu Basar zu
lotsen um dann—sollte man etwas kaufen—beim Händler abzukassieren und natürlich
so oft wie möglich den Besucher ans obligatorische Bakschisch zu erinnern, denn
die Besucher könnten‘s ja vergessen!
Also
ich hatte von Anfang an klargestellt, dass ich den Preis nach Tarif und bei
Zufriedenheit ein gutes Trinkgeld bezahlen täte, wenn Amina, so hiess die Führerin,
mich nicht in Läden und Basare schleppte. Amina war etwa fünfzig, hatte
Kunstgeschichte an der Sorbonne studiert und musste nun ihren Unterhalt selbst
verdienen weil ihr Mann sie und die vier Kinder verlassen und einer Touristin nach
Deutschland gefolgt war, nicht ohne sie—wie bei Muslimen üblich—vorab zu
verstossen.
Die zauberhafte Altstadt von Fez und einige umliegende Orte haben
mir äusserst gefallen und die Begleitung von Amina hielt mir die sonst
allgegenwärtigen Bettler und pseudo-Führer vom Leib; ausserdem war Amina sehr
belesen und in ihrem Fach sehr bewandt.
Nach
etwa einer Woche war es an der Zeit nach Marrakesch, meinem nächsten Ziel zu
fahren. Ich bat den Concierge mir einen vertrauenswürdigen Chauffeur zu
bestellen um früh morgens nach Süden aufzubrechen.
Die
Route geht über hohe Berge und nach einigen Stunden Fahrt, mit einem eher
schweigsamen, besonnenen Fahrer, kamen wir an einen Ort, wo das Unwetter der
letzten Nacht die Strasse weggespült hatte. Dutzende von Autos, meist wie meins
Taxis, waren blockiert. Und nun begann was ich am liebsten ein Ballett nennen würde.
Mein Fahrer zog seine Schuhe aus,
schürzte seine Djellaba und überquerte baren Fusses das Geröllfeld. Ich sah ihn,
wie er mit mehreren Fahrern auf der anderen Seite des zerstörerischen Flusses palaverte.
Dann trank er Tee mit einigen, ihm wohl bekannten Fahrern, bevor er zurück zu
seinem Auto, also auch zu mir kam. Ich habe mich mit einem Kollegen
abgesprochen, er bringt Sie nach Marrakesch und ich übernehme seinen Fahrgast
nach Meknès.
Pas de problème ! Sie zahlen den ausgemachten
Preis wenn sie in Marrakesch ankommen und der Andere bezahlt mich in Meknès, pas
de problème!
Alles
hat bestens geklappt. Nun stellte ich mir dieselbe Situation irgendwo in
Westeuropa vor, einfach unvorstellbar, dass man ohne Vertrag, Versicherung und
Garantien einfach—dank eines Glases Tee— das Problem löst.
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