Dienstag, 4. August 2015

Alles geplant ausser……

Ja geplant war alles, so konnte er unbeschwert seine Kündigung einreichen um in den Frühruhestand zu gehen. Dass er diese Entscheidung getroffen hat lag daran, dass seine um siebzehn Jahre ältere Frau so plötzlich gestorben war. Ja Patrizia, die schon seit langen Jahren in Rente war und mit der zusammen er ganz Europa mit ihrem alten Camping-VW abgeklappert hatte, war überraschend erkrankt und wenige Monate später verstorben. Von Krankheiten verstand er nichts, aber es muss wohl etwas Bösartiges an der Bauchspeicheldrüse gewesen sein. Oskar war eigentlich nie krank gewesen, kaum mal eine Erkältung. Nun war er  Jungrentner und ein junger Witwer von sechsundfünfzig Jahren. Sein Leben lang war er sehr viel unterwegs gewesen, als Techniker seiner Firma musste er immer, wenn die Kunden mit der Wartung und Instandstellung der Anlagen nicht zu Recht kamen, ins nächste Flugzeug springen und die Sache in Ordnung bringen. Durch die viele Überzeit die dieser Job mit sich brachte –Wochenende und Achtzehnstundentage wurden grosszügig kompensiert—hatte Oskar extrem viele Ferien. Seit ihrer Pensionierung organisierte Patrizia all die Reisen mit dem Camper, mal in den Norden, dann auch rund ums Mittelmeer, oder auch nur in die Alpen. Seit dem Zusammenbruch der kommunistischen Macht auch viel im Osten  Europas. Patrizia hat, schon todkrank, Oskar das Versprechen abgerungen, nach ihren Tod in Rente zu gehen und alle die vielen gemeinsamen Reisen zu ihrem Andenken noch einmal zu unternehmen. Kinder waren keine da, sodass Oskar nichts zurückhielt. Er kaufte sich ein neues, nach seinen Plänen gebautes Camping-Car.                                                                                                                                             Nun war er dabei, die vielen Reisetagebücher, die Patrizia so gewissenhaft aufgeschrieben und später mit den Fotos vervollständigt hatte,zu studieren. Ja er wollte alle Reisen chronologisch nachfahren, wie er es der Sterbenden so hoch und heilig versprochen hatte. Beim Lesen dieser Tagebücher kamen ihm—der seit seiner Kindheit nie mehr geweint hatte—Tränen, er sah nicht mehr klar alles verschwamm. Oskar dachte, er müsse nun auch eine Lesebrille benutzen. In der nahegelegenen Apotheke probierte er diese Lesehilfen, aber die komisch blinden Flecke blieben. Jetzt entschied er sich bei einem Augenarzt vorzusprechen. Dies war sein erster Arztbesuch seit Jahrzehnten, er war ja nie krank gewesen, abgesehen von den  Impfungen die er für seine vielen Reisen in aller Herren Länder brauchte und die er in der Poliklinik machen liess. Oskar suchte im Telefonbuch unter Ärzte die Rubrik Augenärzte und ärgerte sich seiner Leseschwierigkeit wegen, dann schrieb er sich  mühsam mit grossen Buchstaben die Adresse auf. Die erste Frage der schnippischen Dame am Empfang war, „haben sie einen Termin“ auf seine Verneinung hin hiess es beinahe bösartig, wir nehmen keine neuen Patienten an, gehen sie in die Klinik. Der junge Assistenzarzt in der Augenpoliklinik untersuchte ihn nett schwatzend wurde dann plötzlich still, stand auf und kam nach kurzer Zeit mit einem älteren Herrn in weissem Kittel den er als Professor X Chefarzt der Augenklinik vorstellte. Oskar wurde es ganz komisch als nun der Herr Professor dieselbe Untersuchung, die der Assistent schon gemacht hatte, wiederholte. Sie haben eine fortgeschrittene Netzhautablösung und müssen sofort ich betone sofort! behandelt werden damit wir noch ein wenig Sehkraft retten können. Wenige Wochen später war in der Zeitschrift „Auto Motor und Sport“ ein Inserat zu lesen :

 Neues nie gebrauchtes Camping-Mobil, auf Mass für eine Person eingerichtet, mit  Motorroller und Schlauchboot mit Aussenbordmotor umständehalber, wegen geplatztem Traum, zu verkaufen.

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