Fünfzehn
Jahre lang hatte ich eine Chefin. Diese Frau war sehr begabt für den Job, hatte
aber—wie viele Frauen—einen Komplex und zwar den, dass sie, als Frau, immer
alles wissen müsse und nicht wie die Männer in gleicher Position, improvisieren
könne. Dadurch brauchte sie halbe Nächte um sich auf Tagungen oder
Präsentationen vorzubereiten. Ihre Notizen waren sehr voluminös aber absolut
übersichtlich geordnet, dass sie kaum gebraucht oder meist ungebraucht zum Altpapier kamen zeigte wie viele
unnötigen Stunden sie zu ihrer Erstellung geopfert hatte. Ihr Vorgesetzter nahm es als
absolut selbstverständlich hin, dass ihm bei gemeinsamen Geschäftsreisen alles
sozusagen mundgerecht vorgekaut auf einem Silbertablett serviert wurde, damit
er –wohlversehen mit Dormicum—im Business-Sitz
schlafen konnte. Dass Frau MM, nennen wir sie mal so, deshalb im Flugzeug nicht
mal Zeit zum Essen—geschweige denn zum Relaxen—hatte war ihm, sollte er es
überhaupt bemerken, schnurzegal. Natürlich war der Lohn von Frau MM etwa
dreissig Prozent unter dem eines Mannes in derselben Funktion, hatte sie doch
keine Familie zu ernähren; soviel zum Paternalismus einer Familien AG. Eines
Tages sagte uns MM, unsere Chefin, sie suche eine Assistentin um sie zu
entlasten und ihr bei der Vorbereitung der Dossiers die ihr Chef immer sehr
kurzfristig in Auftrag gab zur Hand zu gehen. Ich schlug ihr eine Bekannte vor,
die nach jahrelanger Karriere im Aussendienst zurück in ihre Heimatstadt Basel
und vor allem in den Innendienst wechseln wollte. Sie hatte in Abendkursen das
Diplom als Verkaufsleiter/in mit Bravour bestanden. Nach einem langen
Vorstellungsgespräch sagte mir MM, auf meine Anfrage hin was für einen
Eindruck denn meine Bekannte gemacht
habe, ganz lapidare: exzellent, aber ich werde mir doch keine Assistentin
nehmen die an meinem Stuhlbein sägen und mir gefährlich werden könnte!! soviel
zur Solidarität zwischen den—ach so sanften, lieben, non-aggressiven—Frauen.
Diese Reaktion zeigt auch die latente Unsicherheit vieler Frauen in höheren
Positionen, ein männlicher Chef in dieser Situation nimmt gerne sehr gute
Assistenten, die er dann aber mit harter sicherer Hand, im Zaum hält. Eine andere
Marotte von MM war es mich—und sicher auch alle anderen—über Kollegen
auszufragen; dass ich keine Meinung zur Arbeitsweise meiner Kollegen hatte
ärgerte sie sichtlich sehr, hinderte sie aber nicht weiterhin zu versuchen mir
die „legendären“ Würmer aus der Nase zu ziehen. Es ist sicherlich keine
Gender-Frage wie sich ein Chef, Angestellten gegenübe, verhält aber eher eine
Frage der Herkunft, denn da kommt die vorgelebte Erziehung ins Spiel. Ob Mann ob Frau, als
überglücklicher Rentner werde ich keine profilneurotische Chefchens mehr
ertragen müssen, Altersvorsorge sei Dank.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen