Dienstag, 24. Februar 2015

Vertreter mit Begabung

Es war in den frühen Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts. Er, Marcel  hatte schon verschiedene Berufe versucht, aber das richtige war bisher nicht dabei gewesen, denn er konnte zwar ausdauernd arbeiten, aber er musste sich frei fühlen. Immer regelmässig zur Arbeit zu kommen und, wie damals noch sehr üblich , neun Stunden zu bleiben war ihm kaum möglich. Dann fand er eine Arbeit die seiner Frohnatur entsprach.                                                                                                                                                   Er verkaufte zuerst einige Jahre lang Staubsauger. Er ging von Tür zu Tür, machte Demonstrationen das heisst er verschmutzte Böden und vor allem Teppiche um sie dann sauber zu machen. Weil damals noch viele Haushalte keinen oder einen überalterten Staubsauger hatten war es, mit seinem Charme, recht einfach die Frauen zum Kauf zu motivieren, schwieriger war es den Ehemann zu überreden, denn damals musste immer das Familienoberhaupt Verträge abschliessen, die Ehefrauen hatten nicht das Recht dazu. An guten Tagen machte er drei sogar vier Demonstrationen, hätte es nur an den Frauen gelegen, würde er auch bei jeder dieser Hausfrauen einen Staubsauger verkauft haben, denn alle wünschten sich einen neuen oder gar ersten dieser Apparate die nicht nur praktisch waren sondern auch ein gewisses Statussymbol darstellten. Ja es fiel sofort auf, wenn eine Frau nicht mehr regelmässig Teppiche klopfen musste, denn die Nachbarinnen sahen ja alles was im Quartier passierte. Bei gewissen Frauen kam er nachmittags noch einmal vorbei, er hatte—absichtlich—ein Zusatzteil vergessen, er bekam sein Teil zurück oft auch einen Kaffee  und nicht selten sehr viel mehr!                                                                                                                                                     Marcel war ein gewiegter Vertreter, er wusste instinktiv wie er auch den Herrn des Hauses motivieren konnte, es klappte etwa in zwei Dritteln der Fälle. Damals war es üblich um sechs Uhr zu Nacht zu essen, sobald der Herr des Hauses kam setzte man sich zu Tisch. Um sieben Uhr klingelte Marcel. Er hatte die Frauen gebeten  ihrem Mann zu zeigen wie wirksam dieser neue Staubsauger war. Nun galt es  mit dem Hausherrn zu Reden. Dabei wurde er sehr technisch und zeigte auch die Ecke unter dem Teppich die er schmutzig gelassen hatte im Vergleich zu den sauberen Flächen. Er erzählte Witze die nicht für Frauen oder Kinderohren bestimmt waren und wenn immer möglich wurde ein Sohn in die Kneipe geschickt um Bier zu holen. Meist konnte er einen Vertrag abschliessen obwohl es sich für damalige Verhältnisse um recht viel Geld handelte.                                    Marcel war ein Gutverdiener bewundert und auch beneidet von seinen Freunden. Sein Verdienst war absolut legitim arbeitete er doch viel und effizient. Als die Gegend abgegrast und die meisten Haushalte versorgt waren kam die Zeit der Waschmaschinen, seine Verkaufstechnik blieb dieselbe sein Verdienst war aber um ein mehrfaches höher und die Dankbarkeit mancher Frauen, die sehr fühlbare Dankbarkeit, dauerte oft viel länger als die Garantie auf die Maschinen. Dass dann Fernseher und später Farbfernseher sein neues Fachgebiet wurden sei nur nebenbei erwähnt. Er konnte sich schon mit Mitte fünfzig in Spanien zur Ruhe setzen.

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