Janet hatte sich ein halbes Leben lang
darauf gefreut. Sie hatte insgeheim schon vor Jahren, als ihre drei Töchter
noch recht klein waren, angefangen daraufhin zu arbeiten. Janet war, auch wenn
sie nun schon so lange in dieser Kleinstadt in der Westschweiz lebte, immer
noch eine echte Britin geblieben. Ihr Traum war es, wenn die drei Töchter das
Haus verlassen würden um irgendwo sei’s zu studieren sei’s zu heiraten, ein
typisch britisches Bed & Breakfest zu eröffnen. Schon beim Bau des recht
geräumigen Hauses hatte Janet—ohne es ihrem Gatten Georges, einem waschechten
Schweizer, zu gestehen—alles daraufhin geplant. Der „Kinderflügel“ der Villa, mit
zwei Bädern und Toiletten und den vier Zimmern eignete sich sehr gut für ihre
Pläne. Das vierte Zimmer war das Zimmer für ihr, leider schon vor langem an
einem bösartigen Hirntumor verstorbenem Söhnchen gewesen. Janet war überzeugt,
dass die Arbeit ,die das Einrichten und dann später das Betreiben des B&B
ihr abverlangen würde, sie zumindest zeitweilig daran hindern werde an ihren kleinen
kahlköpfigen Engel zu denken! Es konnte jetzt beginnen, alle drei Töchter waren
endgültig ausgeflogen. Das Einkaufen und Einrichten der vier Gästezimmer sowie
die Änderung des grossen Gartens, mit Bau eines Pools, war zwar harte Arbeit, machte
aber viel Spass. Nur Georges war really „not
amused“ hatte er doch von Janets Plänen
nichts gewusst. Ja Janet hatte es für sich „in Petto“ behalten, um ihren ach so
gutmütigen Georges dann, wenn es endlich so weit wäre, zu überrumpeln und jetzt
war es soweit.
An diesem Abend, kurz nach Beginn der Umbauarbeiten,
Janet hatte Georges Lieblingsessen gekocht, erklärte sie wie sie sich ihr
B&B vorgestellt hatte und vor allem was Georges Rolle dabei sein würde. Es
kam, zum ersten Mal in ihrer dreissigjährigen Ehe zu Streit—echtem hartem Streit—.
Monate danach, der Streit hatte einem waffenstillstandähnlichen
Groll platz gemacht, kamen die ersten, übers Internet angelockten Gäste. Es
stellte sich eine gewisse Ruhe ein, mal waren die vier Zimmer besetzt meist
aber nur eins oder zwei. Dann eines Tages kamen vier Paare aus Japan mit
mehreren Kindern und die Heisswasserversorgung brach zusammen. Wochen später
zog Georges ins Hotel, er ertrug die chinesische Grossfamilie nicht, ihm wurde
übel beim Zusehen wie diese (un)Menschen sich beim Frühstück benahmen. Nach der
halbherzigen Versöhnung und dem Versprechen, nur noch Amerikaner, Australier
und Europäer, aber weder Russen noch Asiaten aufzunehmen—was eine Abkehr vom
Internet und eine Verminderung der Gästezahlen zur Folge hatte, kam Georges
zurück und nahm seine Aufgaben—Einkauf des
Frühstücks und Gartenpflege—wieder auf. Nach dem nächsten Problem, schien
das bisherig Schiefgegangene nur „Peanuts“ gewesen zu sein.
Eines schönen Tages, es war in einer
Schönwetterperiode, kam ein amerikanisches Ehepaar, sie hatten sich telefonisch angemeldet und zwei Zimmer reserviert. Auch
hatten sie nach dem Pool gefragt, weil ihr halbwüchsiger Sohn so gerne im Pool plansche.
Der Sohn war ein, an Trisomie leidender, Hüne. Sanftmütig sei er, sagten die etwa
sechzigjährigen äusserst liebenswürdigen Eltern. Eigentlich ging es recht gut, denn
es waren zur selben Zeit keine anderen Gäste im Haus. Am dritten Morgen erschien
der Sohn schon recht zeitig alleine zum Frühstück. Auf die Frage wo seine
Eltern denn seien, stotterte er nur we… we.. weggefahren und richtig das Avis-Auto
stand nicht mehr auf dem Parkplatz unter dem schattenspendenden Kastanienbaum.
Von den angeblichen Eltern—weder Name noch Adresse waren echt—hörten die
bedepperten B&B Betreiber nie mehr etwas, das Geld für die Übernachtung hatte
fein säuberlich und auf den Rappen genau auf dem Nachttisch des
Elternschlafzimmers gelegen. Nach mehreren Tagen kam endlich die Polizei mit
einer Sozialbeauftragten und holte den „Vergessenen“ ab.
Wenige Tage danach stand ein selbstgemachtes
Schild vor dem Haus, Bed & Breakfest mit vier Gästezimmern und einem Pool,
umständehalber sehr günstig zu verkaufen.