Montag, 20. Juni 2016

Lesevergnügen

Kürzlich, etwa vor einem Monat, war ich in einem Buchladen in Konstanz. Es war das Bücherschiff. In diesem Geschäft wird ab und zu aus und aufgeräumt. Alte etwas abgeriebene Bücher, die seit einer gewissen Zeit im Regal stehen und einstauben, werden auf einem Spezialtisch und auch im Schaufenster zu stark reduziertem Preis angeboten. Was ich daran, mehr noch als den billigen Preis, schätze  ist die unerwartete Begegnung mit Literatur, die ich sonst nie angesehen hätte. An diesem Tag war ein über tausend Seiten dicker Schunken dabei, es handelte sich um ein Buch vom Zürcher Schriftsteller Kurt Guggenheim. Der Name und der Titel riefen Erinnerungen in mir wach. Ja damals in den Fünfzigerjahren, als der Roman erschien, schwärmte meine Mutter immer wieder von diesem wunderbaren Epos welches der Stadt Zürich ein phantastisches Denkmal setze. Obwohl mir schon damals  dicke Schmöker keine Angst machten, war ich wohl doch noch zu jung solch ein Epos zu lesen. Später vergass ich es und nach dem Tod der Eltern verschwanden die Bücher irgendwohin. Ausserdem wer liest schon als Kind Bücher die den Eltern so gefallen, dass sie immer mal wieder, mit unverhohlener Begeisterung davon sprechen?
Ich nahm meine Einkäufe—ich hatte natürlich nicht nur ein Buch erstanden—mit zum Bahnhof in Konstanz, setzte mich in die Bahn  und fing an zu lesen. Dass ich in meiner Wohnstadt Winterthur  ausstieg ist eigentlich ein Wunder, ich anhatte mich festgelesen. Und ich schaffte die mehr als tausend Seiten in kurzer Zeit. Ich war und bin  immer noch begeistert. Diese Art, über den Umweg dutzender Schicksals-Beschreibungen ein Loblied auf seine Heimatstadt zu singen, die geschichtlichen Abläufe zu erklären und in Zusammenhang mit der Weltgeschichte zu setzen, ist einfach Magistral! Ich selbst bin Zürcher, habe aber nur etwa acht Jahre lang, zwischen vierzehn und zweiundzwanzig, während denen ich die Stadt kennen und lieben gelernt habe, in Zürich gelebt.   Noch  bevor ich das Buch zu Ende gelesen hatte bestellte ich die ,im letzten Jahr erschienene Gesamtausgabe der Werke von Kurt Guggenheim, deren letzter Band der Roman „Gerufen und nicht Gerufen“ eine Art Fortsetzung des „Alles in Allem“ ist und den ich in nur einem Tag verschlang .
Das schöne Buch von Kaspar Schnetzler „Das Gute“ ein Schmöker über eine Zürcher Familie von 1912 bis 2012  zeigt gut, dass Schnetzler –dessen Roman ich mit Vergnügen gelesen habe—sicherlich „Alles in Allem“ recht genau studiert hat¸ dies ist keine Kritik eher ein Lob!


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