Die Tochter
war schon vor vielen Jahren verschwunden. Jahrelang waren sie, Vater Johann und
Mutter Nora, streng katholische rechtschaffene Eltern, ohne Nachricht
geblieben. Der Abgang war ja auch sehr unschön gewesen. Ja die Eltern warfen
der Tochter Miriam vor, sich rumzutreiben und keiner regelmässigen Arbeit
nachzugehen. Als sie dann, in den frühen Siebzigerjahren, zu diesem
älteren Mann gezogen ist, der seine Frau
und die Kinder verlassen hatte und der noch nicht geschieden war, hatte Johann
sie vor die Tür gesetzt, das heisst, er hat all ihr Hab und Gut vor die Tür
gesetzt und dazu geschrieben „weil du dich wie ein Flittchen benimmst und in
Sünde lebst, hast du bei uns nichts mehr verloren“. Und so hatten Johann und
Nora ihre einzige Tochter verloren. Viele
Jahre später hatte ein Werbe Fritz einer Fluggesellschaft die gloriose Idee, getrennte
Freunde und Familien, sehr werbewirksam, wieder zusammen zu bringen. Bedingung
war, dass der Vermisste ausgewandert und
der Kontakt abgebrochen war. Johann und Nora, durchs Alter ein wenig
sentimental geworden dachten immer öfter an Miriam, ihre einzige Erbin.
Gerüchten nach, die sie vor langen Jahren von ehemaligen Mitschülerinnen
vernommen hatten war Miriam nach Amerika ausgewandert. Sie meldeten sich bei
der, in der Fernsehwerbung angegebenen Mailadresse. Sie waren einverstanden,
bei erfolgreichem Finden ihrer Tochter Miriam, überraschenderweise—ohne
Vorankündigung— hinzufliegen und so tränenreich wie irgend möglich gefilmt zu
werden, alles zur „GLORIE“ der besagten Fluggesellschaft. Als dann die
Aufforderung ihre Koffer zu packen kam wurde es ihnen doch irgendwie mulmig;
aber Vertrag ist Vertrag also musste es sein. Sie kamen früh morgens in Los
Angeles an hatten kurz Zeit sich im Hotel auszuruhen, alles immer, schon seit
zuhause, von der Filmcrew begleitet. Dann fuhren sie mit einer Limousine in die
Slums von L.A. Und hier kamen sie in ein Asyl für arme verstossene Kinder, es
war schrecklich so viel Elend zu sehen. In der freundlichen Ordensschwester
erkannten sie nach einigem Zögern ihre Tochter Miriam, die jetzt Schwester
Benedikta hiess. Benedikta sagte ihnen sehr distanziert, dank euch weiss ich
nur zu gut dass verstossene Kinder Hilfe brauchen, ich werde für euch beten,
kehrte sich um und verliess den Empfangsraum.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen