Mittwoch, 8. April 2015

Rollstuhl

Rainer war schuld daran, dass seine Frau Heike im Rollstuhl sass. An diesem Abend, als sie mit Freunden aus der Schulzeit das zehnjährige Jubiläum des Abiturs feierten—drei Paare, aus dieser Zeit, waren noch zusammen—hatte er trotz Heikes Bitte einfach zu viel getrunken. Es kam zu einem spektakulären Unfall, die Boulevardpresse berichtete ausführlich darüber. Rainer gab auch zu an diesem Selbstunfall Schuld zu haben, aber ohne das Glatteis….Seitdem ist viel passiert. Nach langen Monaten Reha hatten sie wie schon lange geplant, geheiratet.                                                                   Heike war also im Rollstuhl, ihren unteren Körperteil fühlte sie nicht mehr, Kopf und Oberkörper waren intakt geblieben. Und nun begannen die Jahre der Rache. Heike machte, auf perfide Art ihren Mann Rainer zu ihrem „hol mir, bring mir „ Sie wies ihm nie die Schuld zu, n e i n  es war ja das Glatteis gewesen. Auch vor Freunden und Freundinnen verteidigte sie ihn auf sanfte Art „ ja das Glatteis ist schuld“. Streit oder nur schon laute Worte gab’s nie von Heike, sie war der „leidende, sanftmütige“ aber immer präsente Vorwurf. Rainer machte recht schnell Karriere in einer Bank, einer mittelgrossen Privatbank. Was er zu Hause an Unterwürfigkeit zeigte, überkompensierte er auf Arbeit, er war cholerisch und absolut ungerecht. Wurde er von Heike auf sanfte Art schikaniert, piesackte er seine Untergebenen auf brutale Art und Weise.    Schon recht jung, Mitte vierzig wurde er CIO der Bank, hatte also alle Macht die er dann auch rücksichtslos nutzte. Keiner war vor ihm sicher. Am härtesten traf es die Frauen die er behandelte wie ein Pascha sein Harem. Seine Methode war eigentlich ganz einfach, er bezahlte den Frauen Löhne die sehr weit über dem Branchenüblichen waren, verlangte aber absolute Unterwerfung   —die er meist auch bekam— .Frauen die sich auflehnten bot er einen neuen, viel schlechteren Arbeitsvertrag an; nur wenige widerstanden der Verlockung des Mammon. Heike und Rainer verbitterten immer mehr, bis Rainer an Rache dachte.        Natürlich hatten sie Hauspersonal, aber Heike bestand darauf, dass nachts keine Fremden im Haus waren, Rainer musste sich um ihre Abendtoilette kümmern, dies war für Heike sowohl Rache wie körperlicher Kontakt. Auch wollte Heike, dass sie gemeinsam schliefen—nicht zusammen, nur eben gemeinsam— Heike kontrollierte leider ihre Körperfunktionen nicht mehr und zwang Rainer sie regelmässig sauber zu machen, auch dies ersetzte nichtvorhandene Intimität. Selten, aber manchmal doch, ging Rainer abends noch in eine Bar, die zu Fuss erreichbar war da er in der Innenstadt wohnte, um sich einige Gläser zu genehmigen. Rainer hatte sich im Internet schlau gemacht wie er zu einer befriedigenden Lösung seiner Zwangslage kommen könnte. Am aussichtsreichsten schien ihm ein Schwelbrand, er war einfach zu initiieren und wenn Heike schon im Bett lag, reichte es, das Telefon und den Rollstuhl, ausser Reichweite zu bringen und dann ganz gemächlich zur Bar zu schlendern um mit der netten Bardame ein bisschen zu flirten. Als er in (pseudo)angetrunkenem Zustand nach Hause kam und die Schlafzimmertür öffnete gab es einen furchtbaren Knall  und das ganze Zimmer stand in Flammen.                                                                                                                                       Die angeordnete Autopsie ergab, dass Heike schon vor der Explosion an einer Gasvergiftung erstickt und gestorben war. Wieder waren Rainer und Heike in derselben Boulevardpresse wo auf die Gefahren eines Schwelbrandes hingewiesen wurde. Anders als das Glatteis brauchte der Schwelbrand—in den Augen der Presse— nicht die Hilfe von Rainer.

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