Die Stapel der ungelesenen Bücher türmen sich überall
in meiner Wohnung, oft als wacklige Gebilde. Manchmal stürzen die Türme auch
ein und zwingen mich, ob ich es nun will oder nicht, Ordnung zu schaffen. Dabei
finde ich dann meist Bücher, die ich zwar vor ungewisser Zeit gekauft aber nie
gelesen habe. Trotz meines Rentnerdaseins, das nun schon bald fünf Jahre dauert
wird die Menge der ungelesenen Bücher immer grösser statt kleiner. Kürzlich
habe ich, angeregt durch die Lektüre Golo Manns Erinnerungen und Gedanken
„Lehrjahre in Frankreich“, nach gefühlten fünfzig Jahren mal wieder Voltaires
Candide in die Hände genommen. Es handelt sich um eine Illustrierte Ausgabe von
1939. Es war ein Genuss mich an die längst
vergangene Lektüre zu erinnern und zu versuchen Vergleiche meiner Eindrücke
von heute und damals zu ziehen. Ich werde keine Abhandlung
über Voltaires Text schreiben, dies haben andere gelehrtere schon oft viel
besser getan, nein ich will nur wieder daran erinnern, dass in den meisten
Bücheregalen älterer Menschen vergessene Schätze nur darauf warten entdeckt
oder wiederenddeckt zu werden. Nichts gegen die modernere Literatur, ganz im Gegenteil,
ich lese viel und sehr gerne Aktuelles, aber in die Vergangenheit abdriften
macht auch sehr viel Spass. Also kann ich nur raten, trotz Arthrose,
Sehproblemen oder Schwindel auf die Leiter zu steigen oder niederzuknien um auf Entdeckungsreise in der
eigenen Bibliothek zu gehen, denn es gibt sicher nicht nur bei mir, Bücher die
seit Jahrzehnten ungelesen jeden Umzug mitgemacht haben und nur danach lechzen
endlich gelesen zu werden und so dem Preis ihrer damaligen Anschaffung
gerecht zu werden.
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