Freitag, 16. Oktober 2015

Krückstock

Fridolin hiess sein Hund. August, genannt Gusti, wie üblich hier in der Zürcher Gegend, war sein Name. Beide waren nicht mehr jung, nein Fridolin zählte schon bald achtzehn Jahre, Gusti war eben zweiundachtzig geworden. Fridolin quälte sich zwar die Treppe herab und vor allen Herauf, sonst gings noch recht gut. Gusti war noch ganz rüstig, nur der Rücken…. ja und auch der dicke Bauch störte ihn sehr. Wie erstaunt waren alle seine vielen Freunde und Bekannte, als sie Gusti mit einem Krückstock  in der Hand sahen wie er ,noch immer strebsam auf den Park zuging ,natürlich mit Fridolin an der verlängerten Leine. Sag mal Gusti, hast du nun auch mit der Hüfte zu tun, fragte ihn spöttisch Roswitha eine seiner ehemaligen  Schulzeits-Schätzchen, die selbst, mit ihrem Rollator, dem im Park gelegenen Tea Room—wo ihre Kaffeeklatschrunde schon auf sie wartete—zueilte. Von vielen wurde er, wegen des Krückstocks, befragt; mal teilnahmevoll mal — eher von selbst behinderten—mit verhaltener Schadenfreude. Gusti antwortete keinem und keiner, nein wortkarg ging er mit Fridolin weiter und verschwand bald hinter dem dichten Gebüsch. Roswitha, die Gusti, nach den vielen Jahren, immer noch mit Rachegefühlen verfolgte, hatte  Gusti sie doch verschmäht und dem Heinrich,  diesem –schon längst verstorbenen Säufer und Tunichtgut— in die Arme getrieben. Somit war in ihren, Roswitas, Augen, Gusti schuld daran dass sie nun nur mit der bescheidenen Grundrente über die Runden kommen musste, also spionierte sie ihm nach, als er mal wieder mit Fridolin zusammen hinters Gebüsch verschwand.  Und da sah sie, wie Gusti—nachdem Fridolin sein grosses Geschäft erledigt hatte—sich mühsam auf die Knie niederliess, mit dem immer an der Hundeleine befestigten Plastikbeutel sorgfältig den noch warmdampfenden Hundekot auflas und sich sehr mühsam am mitgetragenen Krückstock aufzurichten versuchte, es misslang mehrere Male, doch schlussendlich stand  Gusti schwer Keuchend auf zittrigen Beinen. So schnell wie Roswitha an diesem Morgen hat wohl noch nie eine Alte ihren Rollator dem Kaffeekränzchen entgegengesteuert um die Neuigkeit Gustis Hundescheissebeknieung zu verraten ;eine späte aber süsse Genugtuung für die damals so tief verletzte Roswitha.

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