Nein, nicht nur die Beteiligten am –Medical Business—
also Ärzte, Apotheker, Pflegepersonal und die –ach so böse—Pharmaindustrie,
sondern auch viele Patienten, oder mehr wohl noch „innen“, beherrschen intuitiv die grosse
Kunst, aus der Krankheit Nutzen zu ziehen. Ja hat man sich, ob durch Zufall
oder kluge Überlegung, für eine Krankheit—die meist auch reell vorhanden sein
kann— entschieden, so fängt man vorsichtig damit an, davon zu profitieren. Sei
es die Pathologie mit dem breitesten Rücken, ich meine natürlich die Migräne,
oder irgendwelche obskure neurologische oder rheumatologische Beschwerden, man
kann als Patient/in jederzeit und unobjektivierbar die Symptome zu gewünschter
Zeit abrufen. Kannst
du mir bitte dies oder das machen, holen, bringen, erledigen usw. tönt es dann,
aus dem meist abgedunkelten Schlafzimmer, durch die Wohnung ;oder man wird mit
weinerlichem Ton aufgefordert sich doch
endlich ums Nachtessen der Kinder zu kümmern ,damit man sie dann gebührlich mit
den Zubettgehriten ,wie Zähneputzen, Baden, Geschichtenvorlesen,
Nochmalpipimachen und schliesslich Beten, versehen, zur Ruhe legen kann. Ein anderer
,nicht zu verachtender Vorteil, besteht darin, dass man unerwünschten
Anlässen—wie Firmen oder Familienfesten—guten Gewissens fernbleiben kann; dann
heisst es ,es tut mir ja so leid aber du musst absagen, mir geht es so schlecht
heut. Auch zur Urlaubswahl taugt die
Krankheit sehr. Du weisst doch, dass ich –wahlweise—in den Bergen, Städten, am
Meer, in den Tropen in kalten Gebieten,
bei starkem Wind etc. Anfälle habe und du willst ja nicht dass ich dir damit
den Urlaub vermiese. Wen wundert’s, dass manchem Gesunden ab und zu der Kragen
platzt! und dass solche Ehen, nachdem die Kinder raus sind, meist in die Brüche
gehen, es sei denn, dass, wie ein Wunder, die ach so praktische chronische
Krankheit plötzlich „ausgebrannt“ ist. Ja viele Ärzte reden von „ausgebrannten“
Krankheiten, so ist es bekannt, dass nach der Menopause vieles besser
wird—vielleicht weil man dann ja Menopause Beschwerden vorschützen kann??—. Die
ach so häufig missbrauchte Migräne—deren Timing meist montags oder freitags
ist— dauert normalerweise bis zur Pensionierung und hört danach schlagartig
auf. Um gerecht zu sein, es gibt fast genauso viele Männer die von ihrer
Krankheit profitieren, hier sind aber Herzrhythmusstörungen der absolute
Renner. Der Mann greift sich mit Leidensmiene dramatisch an die Brust, atmet
heftig und muss sich erst mal hinsetzen nur um nicht—wahlweise— den Müll
rausbringen, die Blumen giessen, den Garten pflegen, mit dem Hund oder Kind
–trotz Wind und Wetter—spazieren gehen, zu müssen. Die meisten Männer wissen
auch ganz genau, wie man eine simple Erkältung zur Staatsaffäre hochstilisieren kann . Dieser Erkältete wird dann
auch zum Tyrann, mal braucht er Tee, mal Ruhe mal Zuwendung, ja er schwelgt in
dieser gefährlichen Krankheit und muss sich danach wochenlang „schonen“. Hätte
der –wahlweise—liebe Gott, Schöpfer, die Natur, die Evolution oder sonst etwas,es
vergessen den Menschen Krankheiten zu geben wäre das Zusammenleben sicher nicht
einfacher, denn die Seele des Menschen hätte andere Unterjochungsmethoden
gefunden!
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