Schrullig war dieses Rentnerpaar, sie hiess Hildegard
er, ja das war der Seppl .Vor über fünfzig Jahren waren sie zusammen, als junge
verliebte vor ihren Familien aus Österreich in die Schweiz geflohen. Geheiratet
haben sie nie, das war damals in den Jahren nach dem Krieg im seriösen
puritanischen Zürich gar nicht so einfach, denn Konkubinat war noch
verboten—obwohl die meisten Polizisten nur auf Klage hin aktiv wurden—Die
beiden haben immer irgendwie am Rande der Gesellschaft gelebt. Seppl machte jede
Gelegenheitsarbeit, gelernt hatte er nix aber er konnte fast alles anpacken.
Hildegard war Serviererin und dies mit Begeisterung. Sie arbeitete in einer
alten Quartiersbeiz und hatte in ihrer
Karriere schon vier Wirte erlebt. Zwei davon hatte sie zum Grabe begleitet,einer genoss seine Rente und kam noch täglich in "seine" Beiz. In dieser Beiz wechselte alles ,fast alles,
denn Hildegard blieb –ohne jemals krank zu sein—über fünfzig Jahre .Sie war der
fixe Punkt für Generationen von Trinkern, immer nett und nie ungeduldig, ausser
wenn die Stammgäste es wagten zu bestellen und erst dann sagten sie wären mal
wieder „Blank“ ; da wurde Hildegard fuchsteufelswild ,denn sie sagte
immerzu—Ebbe im Portemonnaie ist normal, das gibt’s aber Zechprellen geht gar
nicht—sowas sagt man vor dem Bestellen!! So hat sich Hildegard ihre Kundschaft
im Laufe der Jahre erzogen, es gab kaum Zoff. Die beiden lebten noch immer in
einer alten Wohnung im Zentrum der Stadt, es war eine einfache Wohnung, in die
junge Leute nie einziehen würden, kein Bad aber in der Küche hatte Seppl eine Art
Dusche eingerichtet .Auch jetzt noch mit weit über siebzig Jahren mussten im
Herbst die Doppelfenster aus dem Keller geholt und angemacht werden. Sie lebten
von Erspartem und je einer kleinen Staatsrente. Eigentlich hätten sie ja Recht
auf Sozialleistungen gehabt, waren aber viel zu stolz diese einzufordern. Um
günstig zu leben hatten sie viele Strategien entwickelt. Eine Methode günstig
einzukaufen war ,im richtigen Moment ,also kurz vor Ladenschluss in die
Selbstbedienungsläden zu gehen und die heruntergesetzten Waren zu kaufen, bei
Obst und Gemüse die man ja selbst nehmen
und wiegen musste, tippten sie immer das billigste Obst oder Gemüse. Nie merkte
es ein Verkäufer an der Kasse, und wären sie aufgeflogen hätten ihre schlechten
Augen und ihr hohes Alter als Entschuldigung herhalten müssen. Manchmal, wenn
die Lust nach etwas Besonderem zu gross wurde, wanderten die 50% Etiketten
von Heruntergesetzter Wurst auf edlere
Stücke wie Kalbsleber oder Rindsfilet, auch das merkte keine der Kassiererinnen
dabei hätte man es an dem verschmitzten Grinsen der beiden Alten sehen können
dass etwas faul war, aber sie wurden glücklicher Weise nie erwischt.
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