Montag, 26. Oktober 2015

ÜBER-LEBENSKÜNSTLER ODER SCHLITZOHREN MIT CHARME

Schrullig war dieses Rentnerpaar, sie hiess Hildegard er, ja das war der Seppl .Vor über fünfzig Jahren waren sie zusammen, als junge verliebte vor ihren Familien aus Österreich in die Schweiz geflohen. Geheiratet haben sie nie, das war damals in den Jahren nach dem Krieg im seriösen puritanischen Zürich gar nicht so einfach, denn Konkubinat war noch verboten—obwohl die meisten Polizisten nur auf Klage hin aktiv wurden—Die beiden haben immer irgendwie am Rande der Gesellschaft gelebt. Seppl machte jede Gelegenheitsarbeit, gelernt hatte er nix aber er konnte fast alles anpacken. Hildegard war Serviererin und dies mit Begeisterung. Sie arbeitete in einer alten  Quartiersbeiz und hatte in ihrer Karriere schon vier Wirte erlebt. Zwei davon hatte sie zum Grabe begleitet,einer genoss seine Rente und kam noch täglich in "seine" Beiz. In dieser Beiz wechselte alles ,fast alles, denn Hildegard blieb –ohne jemals krank zu sein—über fünfzig Jahre .Sie war der fixe Punkt für Generationen von Trinkern, immer nett und nie ungeduldig, ausser wenn die Stammgäste es wagten zu bestellen und erst dann sagten sie wären mal wieder „Blank“ ; da wurde Hildegard fuchsteufelswild ,denn sie sagte immerzu—Ebbe im Portemonnaie ist normal, das gibt’s aber Zechprellen geht gar nicht—sowas sagt man vor dem Bestellen!! So hat sich Hildegard ihre Kundschaft im Laufe der Jahre erzogen, es gab kaum Zoff. Die beiden lebten noch immer in einer alten Wohnung im Zentrum der Stadt, es war eine einfache Wohnung, in die junge Leute nie einziehen würden, kein Bad aber in der Küche hatte Seppl eine Art Dusche eingerichtet .Auch jetzt noch mit weit über siebzig Jahren mussten im Herbst die Doppelfenster aus dem Keller geholt und angemacht werden. Sie lebten von Erspartem und je einer kleinen Staatsrente. Eigentlich hätten sie ja Recht auf Sozialleistungen gehabt, waren aber viel zu stolz diese einzufordern. Um günstig zu leben hatten sie viele Strategien entwickelt. Eine Methode günstig einzukaufen war ,im richtigen Moment ,also kurz vor Ladenschluss in die Selbstbedienungsläden zu gehen und die heruntergesetzten Waren zu kaufen, bei Obst und Gemüse die man ja selbst  nehmen und wiegen musste, tippten sie immer das billigste Obst oder Gemüse. Nie merkte es ein Verkäufer an der Kasse, und wären sie aufgeflogen hätten ihre schlechten Augen und ihr hohes Alter als Entschuldigung herhalten müssen. Manchmal, wenn die Lust nach etwas Besonderem zu gross wurde, wanderten die 50% Etiketten von  Heruntergesetzter Wurst auf edlere Stücke wie Kalbsleber oder Rindsfilet, auch das merkte keine der Kassiererinnen dabei hätte man es an dem verschmitzten Grinsen der beiden Alten sehen können dass etwas faul war, aber sie wurden glücklicher Weise  nie erwischt.

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