Dienstag, 5. Mai 2015

Legat oder Erbe "nach Murphy’s Gesetz"

Sie, Henriette war die wohlbehütete und einzige Tochter eines sehr reichen Verlegers gewesen. Sie war schon sehr jung verwaist da beide Eltern bei einem Unfall ihr Leben lassen mussten. Aufgezogen wurde sie von zwei Tanten, den Schwestern ihres Vaters. Sie genoss eine grossbürgerliche Erziehung, schon im Backfischalter kam sie in ein Luxus-Internat in der französischen Schweiz wo sie die Matura als Beste ihres Jahrgangs bestand, was viel bedeutete, mussten doch die Schüler von Privatschulen eine sogenannte Eidgenössische—also viel strengere—Matura absolvieren.  Danach machte sie in Göttingen und München ein Literatur-Studium dass sie sogar mit einem Doktorat abschloss.Nun war sie eigentlich sehr gut vorbereitet, in dem Verlag—den ihre Tanten bisher leiteten—die verlegerische Leitung der Sparte Literatur zu übernehmen; die Abteilung Sachbücher—vor allem Medizin, Physik Chemie und Mathematik leitete eine ihrer Tanten, sie war Ärztin, hatte aber nach ihrem Studium nie ihren Beruf ausgeübt denn sie war ,nach dem unerwarteten Tod des Bruders, sofort in den vom Urgrossvater gegründeten Verlag eingestiegen.                                                        Beruflich hatte Henriette grossen Erfolg, denn der Verlag, der bis anhin achtzig Prozent des Umsatzes mit Sachbüchern realisierte, mauserte sich im Lauf der Zeit zu einem der wichtigsten im Land, und dies dank Henriettes unbestechlichem Gespür für gute, wenn nicht gar sehr gute Literatur und ihrem fairen Umgang mit oft schwierigen Autoren.                                                                                   Henriette war alles andere als eine Schönheit, sie hatte grobe, fast schon hässliche Gesichtszüge und eine chronische Hautkrankheit. Dadurch war ihr Gesellschaftsleben, trotz ihrer intellektuellen Qualitäten, inexistent. Manchmal musste sie aber, dem Kommerz zu liebe, im Rampenlicht stehen denn sie war einzige Besitzerin des—bisher von den Tanten verwalteten—Verlags. Als sie schon in mittleren Jahren war, machten sich immer mal wieder Männer an sie heran, boten ihr sogar die Ehe an um, nicht etwa in ihr Leben zu treten, sondern um in den so prosperierenden Verlag einzuheiraten. Henriette merkte meist—aber eben nur meist—die Unehrlichkeit der Anwärter, bis Thilo kam. Thilo war ein gut aussehender Zahnarzt mit eigener Praxis, er war frisch geschieden—von einer Psychisch kranken— rechthaberischen Frau.                                                                                                      Thilo war eigentlich mehr an Literatur und Kultur im Allgemeinen, als an seiner Praxis interessiert. Er liebte schnelle Autos und schicke Hotels. Wie er es fertigbrachte, die sonst vor und klarsichtige Henriette um den Finger zu wickeln ist im Nachhinein absolut unverständlich. Immerhin war er der erste Mann mit dem sie ins Bett ging. Für die, auf sexueller Ebene ganz unerfahrene, Henriette war er ein phantastischer Liebhaber, konnte sie doch nicht vergleichen. Diese mehrmals wöchentlich stattfindenden Liebesstunden trübten den –sonst so klaren—Verstand Henriettes.                                        Als sie wieder klar denken konnte und einige schwere Macken an Thilo entdeckte war sie schon um einige Hunderttausend Mark ärmer.Thilo hatte sie nie um etwas gebeten, seine Art und die Blicke sagten ihr aber ganz klar was ihn freuen würde. Als sie eines Tages starke plötzlich auftretende Zahnschmerzen hatte und in Thilos Praxis –die sie noch nie besucht hatte—gehen wollte, stand aber  Thilos Name nicht  auf dem Praxisschild dieser Gruppenpraxis. Sie trat ein und wollte ihren, ja was nun, Verlobten, Bald Ehemann oder doch Liebhaber sehen. Nach längerem Hin und Her erfuhr sie, durch den wirklichen Inhaber dass Thilo schon seit langem, wegen unangemessenem Verhalten Patientinnen und Mitarbeiterinnen gegenüber, aus der Praxis ausgeschlossen worden war. Nach einer notfallmässigen provisorischen Behandlung ihres schmerzenden Zahnes, vom Inhaber persönlich vorgenommen, fuhr sie zu Thilos Wohnung.                                                                                           Einen Schlüssel hatte sie nicht, war auch noch nie dort gewesen, fand  aber nach längerem Suchen den von ihr bezahlten Porsche 911 vor einem heruntergekommenen Reihenhaus um das mehrere schmutzige Kinder tobten. Nun wollte sie der ganzen Wahrheit ins Auge blicken. Resolut klingelte Henriette an der Haustür ,eine ungepflegte sichtlich genervte Frau riss die Tür fluchend auf, verstummte aber beim Anblick der immer noch hässlichen aber elegant gekleideten Dame, die so gar nicht in diese vergammelte Gegend passte. Thilo war nicht da. Er kommt, sagte die Frau, nur ab und zu, stellt eins der Autos ab und fährt mit dem anderen wieder weg. Den vom Scheidungsgericht verordneten Unterhalt hat er nur sehr selten und auch nie vollumfänglich bezahlt, sie lebte mit den vier Kindern von der Sozialhilfe. Manchmal, aber eher selten, kommt er mit Geschenken für die Kinder, mit mir redet er nie. Als Henriette sich einigermassen gefangen hatte, ging sie in den Verlag und tat ihre Arbeit, als sei nichts geschehen.                                                                                        Als sie zu Hause unter der Dusche stand, kam Thilo nackt ins Badezimmer und stellte sich ganz selbstverständlich zu ihr unter die warme Brause. Also wusste er nichts von ihrer Entdeckung. Henriette überwand den aufkommenden Ekel und dachte sich während des „Liebesaktes“ –zum Glück bin ich die Frau und kann einen Orgasmus vortäuschen—als Mann müsste ich jetzt eine Ausrede finden oder die Katze aus dem Sack lassen. Beide gingen in dem, auch neuen, BMW in ein sehr angesagtes Lokal, wo, wie Henriette genau wusste Tratsch und Klatsch zu Hause war. So süss wie möglich fragte sie ihn nach seinem Arbeitstag, er antwortete mit vielen lustigen Anekdoten und Witzchen über die behandelten Patienten und verstrickte sich sehr gekonnt immer weiter in seine  Lügen. Henriette genoss es, trotz ihrer inneren Wut ihn nun nach seinem Leben auszufragen. Nach langem Essen und Gespräch liess sie genüsslich und lautstark—damit der ganze Jet-Set es hören musste—ihrer Wut freien Lauf;  ohne auch nur  ein unanständiges Wort anzuwenden, wenn Erbschleicher Zuhälter Profiteur, Sozio und Psychopath als Feststellungen und nicht als Beschimpfungen gelten.                                                                                                                        Henriette wurde älter, von Männern hatte sie genug, der Spass beim Sex, den sie ja wirklich sehr genossen hatte,  war es nicht wert einen weiteren Versuch und eine erneute Enttäuschung zu riskieren.                                                                                                                                                      Nun reiste sie viel. Überall dort wo junge Männer auf Frauenfang aus waren um sich eine Möglichkeit nach Europa zu  kommen zu schaffen,  kehrte sie den Spiess um—sie genoss, bezahlte auch mal eine Uhr oder ein neues Hemd—aber dann verschwand sie ohne Abschied; als Dame von Welt liess sie immer einen wohlgefüllten Briefumschlag an der Rezeption so als Trostpflästerchen.                                                                                                                                   Plötzlich war sie alt, das heisst sie fand sich alt. Mehrere Krankheiten kamen dazu und so entschloss sie sich ihrem Leben ein Ende zu setzten, nicht ohne vorab ein Testament zu machen. Da sie durch lange Erfahrung keinem Menschen mehr vertraute und Tiere sehr liebte hatte sie eine Folgenschwere Idee. Ja sie hatte doch vor einiger Zeit im Schweizer Fernsehen einen Tieranwalt gesehen. Er hiess Adrian Frey und kümmerte sich weltweit um das Wohl von Tieren, ja er sammelte Gelder um weltweit Tierschutz-Vereine zu unterstützen. Und darum schickte sie ihm, vor ihrem wohlüberlegten und gut vorbereiteten Suizid, einen Brief mit Testament.                                                                      Und das Testament lautete folgendermassen: Ich Henriette vermache mein ganzes Vermögen Herrn Andreas Frey an der XXX Strasse  in XXX Schweiz, damit er mit dem Erlös aus Verlag und Immobilien  das unterstützt was ihm am Herzen liegt. In einem zweiten Rundschreiben informierte sie Behörden und ihren Verlag darüber, dass ihr Testament, mit derselben Post an diesen Herrn Andreas Frey an der  XXX Strasse  in XXX Schweiz geschickt worden sei. Das Testament kam an, kam überraschend gut an bei Herrn Andreas Frey  an der XXX Strasse in XXX Schweiz. Leider bekam der ach so liebe Tierschützer  A D R I A N  Frey auch wohnhaft an der XXX Strasse in XXX Schweiz keine Post von Henriette.                                                                                                         Die Tiere hatten das Nachsehen und gäbe es eine Existenz nach dem Tod würde sich Henriette sicherlich im Grabe umdrehen.

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