Wie
alle Jahre wieder waren Monika und Andreas in ihrem Quartiers-Laden und
bedienten die Kunden an diesem Heiligabend. Allerdings wurden es jedes Jahr immer
weniger Kunden, denn die alten Leute starben weg und die Neuzugezogenen kamen
nur selten—wenn sie in Supermarkt etwas zu kaufen vergessen hatten—ins Quartiers-Lädeli.
Ja eigentlich lohnte es sich schon längst nicht mehr den Laden am Leben zu
erhalten, aber mehrere Alte wären ohne die nachbarliche Einkaufsmöglichkeit
aufgeschmissen und wohl schon längst im Altersheim. Auch Andreas und Monika
waren mit ihren vier und siebenundsiebzig nicht mehr die jüngsten. Was Andreas
am meisten Mühe bereitete, war das Treppensteigen wenn er bei seinen gehbehinderten
Alten Hauslieferungen machte. Sicher wurden so oft wie möglich Enkel gebeten
einkaufen zu gehen, aber so vor den Feiertagen waren Enkel sehr beschäftigt und
oft schon im Ski-Gebiet. Traditionell endete der Arbeitstag am Heiligabend
damit, dass Monika einen grossen Korb mit unverkauften Esswaren wie Fleisch, Obst
,Gemüse ,Kuchen etc. bereitete um dann nach Hause zu gehen und das Weihnachtsabendessen
zu bereiten. Andreas kam immer etwas später, denn die letzten Bestellungen
mussten ja noch geliefert werden.
Doch
in diesem Jahr war alles ganz anders. Noch um fünf Uhr war der Laden gerammelt
voll. Nicht nur die Quartierskunden—die meisten davon kamen viel früher—nein
Laufkundschaft wie unsere beiden Krämer sie schon seit Jahren nicht mehr
gesehen hatten füllte den engen Raum zwischen den Regalen. Was der Grund war blieb
den beiden schleierhaft. Aber es
herrschte so etwas wie Torschlusspanik, es wurde zusammengerafft was
noch da war. Als endlich der letzte Kunde, besser gesagt die letzte Kundin,
eine recht elegante Dame den Laden verlassen und Andreas in seinem klapprigen
Renault 4 die bestellten Waren auslieferte, sah Monika, dass eigentlich ausser
ein paar Zwiebeln und einer Zitrone nichts frisches mehr da war um in den Korb
gelegt zu werden. Auch weder Fleisch noch Kuchen waren übriggeblieben.
Monika
legte eine Dose Pasteten Füllung und eine Packung Blätterteig sowie eine Dose
Ananas in den viel zu grossen Korb und
machte sich auf den Heimweg. In anderen Jahren assen sie tagelang am
Mitgebrachten, diesmal war es aber eher knapp.
Monika
schob die, aus dem Teig geformte Pastete in den Ofen und setzte sich kurz in
den Sessel. Geweckt wurde Monika vom nach Hause gekommenen Andreas, der sich erst
mal der verkohlte Pastete und dann der tief schlafende Monika annahm.
Eine
gewärmte Dose Ravioli passte recht gut zu der –schon vor Tagen
bereitgestellten— Flasche Rotwein.
Am
nächsten Morgen entschieden die beiden das Lädeli-sterben aktiv zu fördern.