Mittwoch, 31. August 2016

Grüner als grün





In den frühen Siebzigerjahren war Umweltschutz noch etwas sehr exotisches und die Umweltler zogen Unverständnis und Spott auf sich. Einige waren echt besorgt um die Umwelt, man muss sich daran erinnern, dass damals noch in vielen Orten die Abwässer ungeklärt in unser Seen,  Flüsse und Bäche geleitet wurden. Müll trennen konnte man auch noch nicht, alles wurde in die Verbrennungsöfen gebracht. Aber es gab damals schon eine kleine Schar sehr exotisch anmutende Umweltler. Viele davon waren politisch eher links, was in der Zeit des kalten Krieges zu heftigen erbitterten Auseinandersetzungen führte. Alle die sich Sorgen um unseren Lebensraum machten waren automatisch linke Chaoten die unser Wertsystem untergraben und uns an Moskau verscherbeln wollten. In dieser politisch aufgeheizten Zeit—aus Amerika schwappte die Hippie-Bewegung auf Europa über—war ich mit einigen Freunden zusammen bei einem Pick Nick im Jura. Wir waren drei Paare mit insgesamt zwei Kindern. Es war so gegen elf Uhr, also Apéro-Zeit, als wir den charakteristischen Sound einer „Ente“ in der Westschweiz Deux chevaux genannt, ganz in unserer Nähe aber durch Gebüsch versteckt wahrnahmen. Der Motorenlärm dauerte an und wie fingen an uns darüber zu ärgern, denn wir waren ja im Wald um zu entspannen und nicht, um die nun wahrzunehmenden stinkenden Abgase der „Ente“ einatmen zu müssen. Wir, die Männer gingen dann mal nachsehen und entdeckten zu unserer Überraschung eine alte, mit Aufklebern übersäte „Ente“ mit offenen Fronttüren und laufendem stotterndem Motor. Nach gefühlten zehn bis fünfzehn Minuten kamen zwei  bunt und dreckig gekleidete Hippies sprich Gammler angeschlendert. Sie hatten Pilze oder Beeren gesucht und wollten sich ins Auto setzen und wegfahren. Wir baten sie sehr höflich aber auch sehr bestimmt, den Motor abzustellen und die vielen Aufkleber für die Umwelt und gegen vieles—wie Anti Vietnamkrieg Anti Atombombe, Anti Apartheit, Anti Autoritäre Erziehung usw.  zu entfernen. Sie stammelten, dass sie den Motor doch nur angelassen hatten weil er so schwer anspringt und so tief im Wald sicher keine Hilfe zu erwarten sei. Dass im Wald allgemeines Fahrverbot war—wir hatten unsere Autos am Waldrand abgestellt—war den Umweltlern nicht bewusst! Sie wollten sich rausreden und vor Allem die „Stickers“ nicht entfernen aber unsere Entschlossenheit grob zu werden überzeugte sie dass es keinen anderen Ausweg gebe. Innerlich schmunzelnd aber äusserlich grimmig sahen wir zu wie die Stickers entfern und, nicht etwa zu Boden sondern brav ins Autoinnere flatterten. Darauf, ihnen die langen dreckstarrenden Bärte und Haare zu scheren verzichteten wir, unser Ekel war stärker als der Spass der daraus resultiert hätte.



Dienstag, 30. August 2016

Wohnungswechsel mit Hilfe aus Afrika

Vor vielen Jahren wohnte ich in Rolle am Genfer See. Die Wohnung lag direkt am See. Die Besitzerin war die Witwe eines Dachdeckers, der besoffen vom Dach gestürzt war. Er lag  wenige Jahre nach dem Unfall eines Tages tot in seinem Paraplegieker-Bett. Wie und woran er gestorben war blieb ein gut gehütetes Geheimnis, war doch der Arzt der den Tod festgestellt hatte ein naher Verwandter der Familie. Die Besitzerin hatte einen sehr geregelten Tagesablauf. Morgens war sie, vom Vorabend her verkatert, mittags schlecht gelaunt aber so ab drei Uhr empfing sie meist Herrenbesuch. Später kamen dann mehrere Gäste und es wurde gezecht. Mit ihrem Sohn, der die Firma weiterführte war immer Streit. Es ging meist um gegenseitige Anschuldigungen über den Lebenswandel der Mutter und das Saufen des Sohnes und umgekehrt. Sie war  schon mehrmals wegen Blaufahrens auf Staatskosten für einige Monate untergebracht worden. Auch hatte sie erst vor kurzem den Führerschein wieder—für wie lange war das beliebteste Wettthema in der ganzen Gegend. Warum ich in dort wohnen blieb ist sehr einfach zu erklären. Die Wohnung war klein und sehr romantisch, sie lag direkt am See und die grossen Dampfer fuhren zwischen der künstlichen Poeten Insel „Ile de la Harpe“ und dem Hause zum Greifen nahe vorbei.
Dann entschied ich mich meinen Arbeitgeber zu wechseln. Ich fand nach fünfzehn Jahren eine neue Aufgabe. Mein neues Reisegebiet umfasste einen kleineren Teil der Westschweiz und einige grössere Gebiete der Deutschschweiz. Ein Umzug wurde nötig um pro Tag etwa 200 Kilometer weniger fahren zu müssen. Eines Mittags klingelte ich bei der Besitzerin um meinen ausserterminlichen Auszug zu verhandeln. Sie  machte auf Stur, ich müsse –wie es das Gesetz vorschreibt—zwei zumutbare solvente Nachmieter finden oder die Miete bis zum Vertragsende 11 Monate lang weiterbezahlen. Freundlich lächelte ich und  dachte  in Petto:  du Schnapsdrossel, dir werde ich’s zeigen. Dann verabschiedete ich mich süss lächelnd.
Ich hatte einen Freund, er war Gynäkologe mit eigner Praxis in Lausanne. Mein Freund stammte aus Schwarzafrika was man auch nicht übersehen konnte. Er hatte eine weisse Frau und vier Milch-schokoladefarbene Kinder Er war mit Feuer und Flamme dabei dieser—wie ich wusste und ihm schon mehrmals gesagt hatte—primitiven Rassistin eins auszuwischen. Zum Besichtigungstermin kam er mit seiner Ebenholz-farbenen Schwester und den so süssen adrett bekleideten Kindern. Sofort will ich den Vertrag unterschreiben sagte er der Vermieterin, die ihn bat zur Verwaltung zu gehen, denn es seien ja noch andere Bewerber da. Andere Bewerber? fragte ich lächelnd, also muss ich keinen zweiten Nachmieter suchen?
Dumm war die Dame nicht, sie hatte mein Manöver sofort durchschaut wusste dass sie verloren hatte und sprach seither kein Wort mehr mit mir. Die Verwaltung teilte mir mit, dass ich ohne Bedingung zum gewünschten Termin die Wohnung verlassen könne.


Mittwoch, 24. August 2016

Yo-Yo-Kind

Vor vielen vielen Jahren hatte ich einen Freund—halt den Freund habe ich ja immer noch—aber eben damals war er frisch verheiratet. Schnell kam ein Kind, ein Junge. Der Junge war sicher auch der Hauptgrund dieser Ehe. Die Frau, nennen wir sie Jutta, war sehr schön, wie aus einem Bild Rosettis oder eines anderen Pre-Raphaeliten kopiert. Damals war man politisch eher links, also nannte man den Sohn Karl-Friedrich nach den Idolen der Linken (Liebknecht Engels Marx). Später war mein Freund sehr froh über den Mangel an Wissen der es den meisten Menschen unmöglich machte aus dem Namen des Sohnes auf die „linke Vergangenheit der Eltern zu schliessen“. Beide Eltern arbeiteten Teilzeit um ihre künstlerischen Ambitionen nicht verkümmern zu lassen. Geld war knapp. Mein Freund kümmerte sich um den Löwenanteil der Haushaltsarbeit, denn Jutta musste sich ja—wie damals üblich—realisieren! ausserdem vergass Jutta regelmässig, dass sowohl ihr Mann als vor allem ihr Söhnchen manchmal Hunger hatten und zu Essen brauchten, denn sie selbst brauchte vor Allem „geistige Nahrung“. Also Stefan, nennen wir meinen Freund mal so, putzte, kochte, wusch, bügelte, besorgte die Einkäufe und windelwickelte den kleinen Karl-Friedrich. Es wurde nicht besser mit den Jahren, Karl-Friedrich war inzwischen knapp zehn Jahre alt/jung als Jutta ihrem Stefan eröffnete dass sie ihre Freiheit brauche, da sie nun mit einem ganz einfühlsamen Mann zusammenziehen wolle der sie wirklich verstehe. Dieser Idealmann werde sie unterstützen und von den ach so belastenden Haushaltspflichten befreien!
Stefan war am Boden zerstört, er verstand die Welt nicht mehr, musste sich aber  seinem Schicksal fügen. Es kam zur Scheidung.
Karl-Friedrich war eins der ersten Scheidungs-Kinder der seinem Wunsche entsprechend von beiden Eltern wochenweise betreut wurde. Meist war er etwa eine Woche bei Jutta mit ihrem Freund und drei bis vier Wochen bei Stefan. In der Jutta-Woche war er meist sich selbst überlassen, nur manchmal kümmerte sich der neue Freund Juttas—ein Psychologe—um sein Seelenheil, für das leibliche Wohl war der—meist fast leere—Kühlschrank zuständig.

Bei Stefan gab’s reichlich und gut zu essen, auch wurden die Schulaufgaben kontrolliert und die Kleider instand gehalten oder erneuert. Was Karl-Friedrich sich  in drei Wochen, gemäss seiner Mutter Jutta, „angefressen“ hatte verlor er in der Woche bei seiner Mutter wieder. Also kann man mit Fug und Recht von einem YO-YO-Kind sprechen!

Dienstag, 23. August 2016

Riesenspass!!

Ich bin dabei ein Buch zu lesen, das ein 83 ¼  Jahre alter Holländer –zu meiner grossen Freude—geschrieben hat. Es ist ein Tagebuch seines Lebens im Heim für betreutes Überleben (eigentlich Wohnen). Der Stil ist erfrischend direkt, die Vorkommnisse im Heim oft makaber-lustig. Es erinnert mich sehr an die Amerikanische Literatur von Charles Bukowski, Richard Brautigan und John Fante, die ich in den frühen Siebzigern verschlang.



 .




 



Hier der Titel und die  ISBN Zahl: ISBN 978-3-492-05808-7   Eierlikörtage Das geheime Tagebuch des HENDRIK GROEN   im Piper-Verlag.
Jetzt gehe ich aber zurück um die zweite Hälfte zu lesen.
PS: der Originaltitel: Pogingen iets van het leven te maken .Het geheime dagboek van Hendrik Groen 831/4 jaar bei J,M,Meulenhoff bv Amsterdam.

Montag, 22. August 2016

Mehr, immer mehr so die Devise !

Jeder der Geschäfte macht muss jährlich mehr—was auch immer sein Geschäft ist—machen! Ob es nun mehr Kunden beim Frisör, Klienten beim Anwalt, Pferde beim Schmied, Trinker an der Bar, Spieler im Casino, Patienten beim Arzt, Absätze beim Schuster oder was auch immer sind , mehr muss sein. Wenn in einem Ort auch nur Tausend Menschen leben, rechnen alle Anbieter jedwelcher Dienstleistungen mit mindestens Tausend und einem Kunden!
Ich habe in einer Firma gearbeitet  in welcher wir Medikamente feilhielten.  Eins dieser Mittel diente der Behandlung einer sehr limitiert auftretenden Krankheit. Es waren also im ganzen Land nur eine bestimmte Anzahl Patienten mit diesem Medikament zu behandeln.
 Dennoch verlangte—der allgemein üblichen Geschäftspraxis gemäss—der Hersteller,  unser Zulieferer, jedes Jahr m e h r  Umsatz.
Anfangs erhöhten wir die Dosisempfehlungen ,dann suchten wir verzweifelt nach neuen Indikationen ,aber alles war nutzlos ,zum Heil der Patienten machten die wenigen betroffenen Ärzte dieser limitierten Zahl von Patienten nicht mit. Wir, d.h. unser Chef versuchte dem Zulieferer klar zu machen, dass es einfach nicht möglich sei jedes Jahr mehr zu verkaufen. Der Exportverantwortliche der Herstellfirma verstand sehr gut, dass bei diesem Medikament die Marketing-Logik nicht zur Anwendung gebracht werden könne; trotzdem wurde  jedes Jahr zehn Prozent m e h r budgetiert. Dies beweist aufs Beste die Unlogik der Business-Logik

„Immer Bergauf mit den Verkaufszahlenkurven“ sonst suchen wir einen neuen Geschäftspartner als Distributor!! war die implizite Warnung.

Donnerstag, 18. August 2016

Opa

Gustav war so was wie ein Bilderbuch Opa. Alle acht Enkel, sie waren zwischen drei und neun Jahre alt, liebten ihn. Gustav war ein alter Opa, er hatte spät geheiratet. Die Oma war viel jünger und sie bestimmte alles im Haus. An diesem heissen Sommertag waren alle Enkel nach dem Mittagsessen  angehalten worden—natürlich von der Oma—einen Mittagsschlaf zu machen. Für die kleinen war das schon in Ordnung aber die grösseren meckerten, sie wollten lieber am Pool spielen. Nur der Opa beneidete die Kinder um ihre Mittagsruhe, denn wenn die Enkel da waren musste er nach den Mahlzeiten der Oma beim Abwasch und Aufräumen zur Hand gehen. Als dann alles in Ordnung gebracht war, schickte ihn die Oma, statt ins Bett zur Siesta, zum nur wenige hundert Meter entfernten Kiosk um die Kleinen nach der Siesta mit Eis zu überraschen.
Eigentlich ging Gustav sehr gerne zum Kiosk, denn er flirtete immer –natürlich ganz harmlos—mit der Kioskdame. Zu einem  Schwätzchen war die Endvierzigerin immer zu haben. Gustav verkürzte den Schwatz und kaufte eine grosse Tasche voll verschiedener Eissorten, denn er wollte eine grosse Auswahl weil er die Präferenzen der Enkel immer durcheinander brachte. Wohlbepackt ging Gustav, so schnell ihn die alten doch schon recht zittrigen Beine trugen, in Richtung seines Hauses. Doch dann sah er, dass ein Schnürsenkel offen war, er hatte berechtigte Angst darüber zu stolpern. Gustav setzte sich auf die nahegelegene Parkbank und längere Zeit später fanden ihn die grösseren der Enkel tief schlafend  auf der Bank und neben ihm  eine aufgeweichte auslaufende Tragtasche wo noch vor kurzer Zeit das so begehrte Eis, nur noch eine klebrige Sosse war.



Dienstag, 16. August 2016

Wundersamer Wandel

Wie aus einer Schlampe und einem Hurenbock eine keusche zarte Braut und ein zu vergötternder Schwiegersohn werden.
Ganz einfach!

Reiner und Esther kommen zu Esthers Eltern um denen zu beichten, dass Esther trotz, wohl falsch verwendeter, Vorsichtsmassnahmen nun schon seit mehreren Wochen auf die sonst so verhasste doch nun sehnlichst erwartete Regelblutung wartet. Reiner wird als Wüstling, Verführer und liederlicher verantwortungsloser Hurenbock beschimpft, die listreich verführte Tochter Esther als unschuldiges Opfer  bemitleidet. Wiedergutmachen soll er es, geheiratet muss nun unverzüglich werden um die grosse Schande zu verbergen!

Bei Reiners Eltern führt die selbe Beichte zu einer ganz anderen Reaktion, Esther ist eine fiese Schlampe die ihren vergötterten Sohn Reiner hinterlistig reingelegt hat denn sie hat sicherlich mit Absicht die Verhütungsmittel nicht richtig eingesetzt um sich in eine so „gute“ Familie einzuschleichen . Aber so geht das nicht, das Kind der Sünde muss weggemacht werden und Esther soll sofort aus dem Leben des Reiners—dem eine viel bessere Frau bestimmt ist—verduften.

Einige Wochen später, nach der Trauung in Weiss, mit viel Pomp und noch mehr Gästen sieht man das neuvermählte Brautpaar mit den Eltern zusammen in die Fotokamera lächeln. Aus dem Schwerenöter und der Rumtreiberin ist in nur wenigen Minuten—dank des Segens der alles seligmachenden einzigen römisch-Katholischen Mutter-Kirche—eine keusche Ehefrau und ein Traum-Schwiegersohn geworden und—nach der zu erwartenden Frühgeburt des ersten süssen Liebes-Kindes—wird der nächste „erfolgreiche“ wilde Beischlaf  nun sicherlich nicht mehr als verwerflich sondern als segenvoll beklatscht werden.


Freitag, 12. August 2016

Bauchgefühl

Anita und Friedemann waren sich, trotzdem sie beide schon seit Jahren in dieser Grossbank arbeiteten, nie zuvor begegnet. Es war an der grossen Feier zum hundertfünfundzwanzigsten Jubiläum dass sie, ganz zufällig bei einer Polonaise,  an der sich nicht zu beteiligen leider unmöglich war, sich gegenüber standen und demzufolge auch miteinander tanzen mussten. Beide waren, so stellten sie etwas später—als sie zusammen in der dunkelsten Ecke der grossen Terrasse standen—wie vom Blitz getroffen worden. Es herrschte aber kein Gewitter an diesem schönen Sommerabend, also musste es etwas anderes sein. Es war Amors Pfeil der mal wieder getroffen hatte. Anita und Friedemann gaben sich alle Mühe, die Schmetterlinge die in ihren Bäuchen wild herumflatterten zu zähmen. Erfolg hatten sie dabei keinen und so kam es, dass sie im Park im Dickicht übereinander herfielen. Zurück im Festsaal wurden sie wieder getrennt und kamen erst einige Tage späte dazu richtig Bekanntschaft zu schliessen.
Beide waren verheiratet mit Haus Kindern, Hund und Partner! Aber eben, die Schmetterlinge liessen sich nicht verscheuchen. Friedemann schlug vor, sich doch ab und zu  einer Schmetterlingsjagt zu treffen. Diese Treffen—obwohl schwierig zu bewerkstelligen—wurden zur, zwar raren aber, sehnlichst erwarteten Gewohnheit.  Später trafen sie sich meist zu einem Nachtessen bevor Jagd auf die wenigen überlebenden Schmetterlinge gemacht wurde. Und an dem Abend, als sie feststellen mussten, dass sie keine Schmetterlinge sondern nur noch einige Dutzend Austen im—inzwischen bei beiden recht vorgewölbten Bauch— hatten, beendeten sie ohne Trauer ihre Jagdabende.


Mittwoch, 10. August 2016

Rache auf dem Lido di Venezia oder späte Einsicht.

Enzo, Mario Giuseppe und Tiziano waren zusammen zur Polizeischule gegangen. Alle vier stammten aus Venedig. Mario war an der Via Garibaldi aufgewachsen, Enzo und Giuseppe in Pellestrina, nur Tiziano kam vom Festland, ja er  stammte aus  Mestre. Nach der Ausbildung fingen alle vier zur selben Zeit als uniformierte Poliziottos ihren Dienst in Venedig an. Dank der schneidigen Uniform und ihrem süffisant-überheblichen Gebaren hatte sich bald jeder unserer vier Helden eine Freundin geangelt. Jahre später, alle vier waren inzwischen verheiratet und hatten je ein Kind, hatten  sie  es geschafft sich auf den Lido versetzen zu lassen. Mario war sogar zum Chefchen aufgestiegen, war es einfach Zufall oder vielleicht doch eher sein (arsch)kriecherisches Verhalten den Vorgesetzten gegenüber? Nun herrschten sie auf dem Lido und bestimmten alles. Wurden Diebstähle am Strand gemeldet, kam es immer darauf an wer solche Diebstähle meldete. War es ein Familienvater oder eine in die Kilos geratene Matrone, wurde die Anzeige zwar pflichtgemäss aufgenommen, dann aber dem Einstauben im Regal der Polizeistation überlassen. Beklagte sich eine nette hübsche junge Frau so tat man so als suche man nach  dem Stranddieb. Natürlich kannten die vier Ordnungshüter alle zwielichtigen Gestalten am Strand, denn diese zahlten ja auch dafür, dass sie nie—oder nur in Ausnahmefällen—erwischt wurden. Wenn also solch eine junge Frau etwas vermisste, wurde es von der immer hilfsbereiten Polizei „gefunden“ und am folgenden Tag oder gar am selben Abend der bestohlenen Schönheit ins Hotel gebracht. Manche dieser jungen Damen zeigte sich den Polizisten gegenüber äusserst dankbar…..
Übrigens gingen die Polizisten jeden Abend schwimmen—sie mussten doch ihren durchtrainierten Körper auch zur Schau stellen—. Ihnen wurde weder  Geld-Börse noch Telefonino geklaut, die danebenliegende Uniform schreckte selbst Amateurdiebe effizient ab.
Jahre später wurden die vier Freunde vom Lido-Dienst abgezogen, jüngere Kollegen übernahmen den Stranddienst. Wohnen taten sie aber weiterhin  alle vier in derselben Sozialwohnungs—Überbauung am südlichen Ende des Lidos. Nun gingen sie oft gemeinsam abends nach Dienstschluss zusammen zum Strand. Sie hatten alle vier zum nicht-uniformierten Polizeidienst gewechselt und träumten von einem prestigeträchtigen Job als „Commissario“ a la Brunetti. Es gab inzwischen viele neue Stranddiebe jeglicher „Couleur“ die natürlich keine Ahnung hatten wer diese  vier Männer waren die so stolz am Strand ihre Muskeln zeigten und die sich von den  Strandnixen bestaunen liessen. Nun lernten unsere Helden den Alltag der Touristen—mit entwendetem  Telefonino, Portemonnaie und manchmal gar allen Kleidern—ganz persönlich kennen. Sie, die solch Anzeigen nur in Ausnahmefällen ernst genommen und dann auch verfolgt hatten waren—da selbst betroffen—empört!  Das kann nicht so weiter gehen, wir lassen uns doch nicht von Zigeunern, Balkanesen Maghrebinern und Schwarzafrikanern bestehlen sagten sie sich als sie auf der Terrasse der Sferetta ihren Aperol-Spritz schlürften. Der Plan war schnell gemacht, die Ausführung dauerte etwas länger, aber schon nach wenigen Tagen hatten sie die Genugtuung, zuzusehen wie ferngezündete Badetaschen und Telefoninos in den Händen der davoneilenden Stranddiebe explodierten.




Dienstag, 9. August 2016

Sehr sehr frei nach Rainer Maria Rilkes Herbsttag

Herrgott es reicht. Die Sommerhitze  war zu gross.
Leg etwas Schatten auf die Sonne nun
Lass Kühle Lüfte auf die Hitze los.

Befiel dem Thermometer nun zu fallen;
nichts Südliches soll hier die Tage wärmen,
weil Wochenlang  an sonst die Mücken schwärmen
zu süsse Weine schmecken ja nicht allen.

Wer jetzt ein Haus hat kühlt die warmen Räume.
Wer jetzt allein ist kann nach Thule reisen,
im Nordlicht allen Freunden Briefe schreiben.
Mit Robben Eisbärn Elchen ohne Bäume
unruhig nordwärts auf den Schollen treiben.


Montag, 8. August 2016

Friedrich Glauser aus Matto regiert. 1936

„ Was unter den Namen der Religion umgeht, ist bestenfalls, wie ich ihnen in Wien schon sagte, etwas Ähnliches wie Lebertran. Man sagt, es kräftigt, aber es ist unangenehm zu schlucken, und es hilft nicht viel. Auf alle Fälle herrscht der Ekel vor, und der Ekel ist sicher stärker als die gesundheitsfördernde Wirkung „

Zum Glück sind Heute, für viele Menschen  sowohl Lebertran als auch  Kirchengebundene-Religion  obsolet geworden.


Freitag, 5. August 2016

Eine Art von Pygmalion

Kai Uwe von   X   stammte aus sogenannt gutem Hause. Früher hätte  sicher ein Titel seinen Namen geschmückt, aber diese Zeiten sind nun längst vorbei. Schon im Gymnasium hatte er viele Affären, ja er wechselte seine Freundinnen regelmässig, wobei er oft für kurze Zeit zu einer seiner Verflossenen zurückfand. Die meisten dieser jungen Frauen liessen es zu, so begehrt war Kai Uwe eben. Als er zum Studium in die Landeshauptstadt ging wurde sein Frauenverschleiss noch grösser. Dann wurde er Juniorpartner in einem Verlag für schöngeistige Literatur. Sein Lebenswandel blieb der eines Schwerenöters. Verliebt hat sich unser Kai Uwe nur in die Liebe, nie in eine seiner unzähligen Kürzestzeitsexualundlebenspartnerinnen.
Er brach viele Herzen, aber komischerweise waren die meisten seiner Ex-Geliebten immer wieder—gegen besseres Wissen— bereit neu mit ihm anzubandeln. Er war so was zwischen Salonlöwe und Möchtegern-Playboy. Ganz unmerklich kam er in die Jahre. Zur goldenen Hochzeit seiner hochbetagten Eltern richtete er im Ballsaal des angesagtesten Hotels der Stadt ein rauschendes Fest aus. Und da verlor er etwas, was er eigentlich nicht zu besitzen schien, sein Herz! Ja eine blutjunge Schönheit, mit einem Ansteckschild Antje Azubi, die am reichhaltigen Buffet ein ganzes Tablett voller Häppchen umgekippt hatte und nun mit hochrotem tränenüberströmtem Kopf dastand stach ihm nicht nur ins Auge sondern irgendwo ganz tief ins Gemüt. Als der Oberkellner Antje aus dem Saal verweisen wollte griff Kai Uwe sofort ein und bat die „Kleine“ zu einem Tanz!
Drei Monate später wurde Hochzeit gefeiert—im selben angesagten Ballsaal—Rache muss sein, dachten Antje und ihr Kai Uwe.
Antjes Kreuzberger-Berlinisch war zwar charmant, doch Kai Uwe erschauderte jedes Mal, wenn Antje mit den beiden Zwillingen—die nach kurzer Zeit die Familie vergrössert hatten—sprach. Der vor seiner Kindlichen Gattin so schüchterne ehemalige Schwerenöter korrigierte nie, nein er wiederholte alles was Antje den kleinen sagte mehrmals in gutem Deutsch, in der Annahme und Hoffnung, dass sein Beispiel Schule machen würde, doch es schien zwecklos zu sein. Die beiden Zwillinge lernten  waschecht zu berlinern, trotzdem war die Familie, so denk ich mal, überglücklich und Kai Uwe entwickelte sich zum behäbigen Pater Familias in Französisch auch mal Papa Gateaux genannt.



Donnerstag, 4. August 2016

Out oder in? in Sachen Life-Style

Nach zwei Wochen Urlaub im übervollen Venedig—ich bin sicher, dass alle die in—wahlweise—Türkei, Tunesien, Ägypten, Paris Brüssel, Nizza Lampedusa etc. ihren wohlverdienten Urlaub gebucht hatten auf Venedig ausgewichen sind, stelle ich mir einige wichtige Fragen. Habe ich Trends verpasst und bin dadurch für die moderne Gesellschaft nicht mehr geschaffen? Ich habe nämlich versucht, wie fast alle Mitreisenden meine beschuhten Füsse auf Sitze in Bahn, Boot und auch in den Restaurants auf die vorhandenen Sitzflächen zu stellen beziehungsweise zu legen, leider ohne Erfolg. Meine zum Teil beginnende zum Teil etablierte Arthrose verunmöglicht es mir zu meinem Leidwesen, mich dem Modetrend des saloppen Sitzens anzuschliessen. Auch habe ich versucht mit übervollem Mund meiner Lebenspartnerin während den Mahlzeiten Geschichten zu erzählen.   Auch dies scheiterte da ich kaum einen audiblen Ton hervorbrachte;nicht etwa weil ich Angst haben müsste meine Zähne zu verlieren-dank meiner Zahnärzte,erst Dr.Daniel Chappuis in Lausanne dann Dr.Felix Bertschinger in Winterthur habe ich noch kein "mobiles" Kauwerk!!                                              Muss ich nun auf Reisen und Ausgehen verzichten und im stillen Kämmerlein auf meinen Tod warten? Oder ist Hoffnung da, dass diese Modeerscheinungen  genauso wie alle Moden bald vorübergehen? Kann mir bitte ein/e kompetente/r Leser/in beratend zur Seite stehen?!



Kalauer des Tages

Auf seinem Arbeitsweg sagt sich mancher sicherlich: ist es nicht bitter in diesen sauren Apfel zu beissen ?

Mittwoch, 3. August 2016

Homage an Werner Finck –1902 >1978—

Werner Finck ist viel mehr als ein genialer Kabarettist gewesen, er war ein Humanist im wahrsten Sinne des Wortes.
Oft denke ich an seine Gedichte, am Häufigsten wenn ich nach längerem Verzicht mal wieder, irgendwo auf der Welt ins Meer wate.
Ja da fällt mir sein Gedicht „Der Zögerer“ wieder ein und ich ärgere mich oft, dass mir meinige Worte fehlen, wenn ich es „in Petto“ vor mich hin murmle. Nun also ,und zwar in extenso, ohne Gedächtnislücken  : Der Zögerer.


Wenn sich des Meeres salzige Substanz
Mit nassem Schlag um seine Lenden schlingert,
Verspürt man, wie sich seine Arroganz,
Bei jedem Atemzug verringert.

Die Brust wird nass, er winselt vor Vergnügen,
Hineingetaucht! und alles ist vorbei.
Schon zählt er, um sich zu belügen.
Erst zählt er eins, dann zählt er zwei.

Dann zählt er langsam in der Runde
Das Volk am Strande, bis er landwärts strebt.
Und zählt gerade diese halbe Stunde,

Zum schönsten was er je erlebt.

Dienstag, 2. August 2016

Urlaubs-Mitbringsel der kleinstren Art

Im Google Artikel  über  Norovirus Infektionen steht, dass es ausser  subfrebilen Temperaturen, Gliederschmerzen Übelkeit und Durchfall auch zu Geschmacksverlust kommen kann. Erklärt dies, dass ich mir zwischen zwei Gängen zur Toilette am Fernsehen so geschmackloses Zeug reinziehe?? 

Montag, 1. August 2016

Venezianische Idylle

Gut erinnere ich mich noch an die Zeit in den frühen Sechzigerjahren, als ich das erste Mal im Hochsommer in Venedig weilte. Die ganze Stadt –um es euphemistisch zu sagen— roch seltsam. Dann wurde, auch mit internationaler Hilfe, das ganze Abwasserproblem angegangen. In den Achtzigerjahren war kaum noch Gestank auszumachen. Irgendwie muss dies die Venezianer nostalgisch gestimmt haben, denn sie helfen der gerucharmen Luft auf ganz besondere Art und Weise ab. Jeder Venezianer der sich selbst respektiert hat nämlich mindestens einen, meist aber mehrere Hunde. Besonders beliebt sind Hunde, die weder vom Breitengrad noch von der städtischen Bauart her in diese schöne Stadt passen, wie Huskys, Neufundländer, deutsche oder dänische Doggen, Schäferhunde jeglicher Herkunft—obwohl ich ausser auf Metzgerbänken nirgends irgendein Schaf gesehen habe— und natürlich die Modehunde par exellence Golden Retriever, die mit ihrem flauschigen Fell geradezu ideal in südliche Gegenden passen. Dazu kommen nostalgische Rassen wie Pudel jeglicher Grösse und Schur, Bulldoggen, Bullterrier—ja Kampfhunde sind sehr angesagt— und natürlich Möpse. All diese lieben Tierchen werden stolz „Gassi geführt“ und sorgen dafür, durch ihre Pisse den alten typischen Venedig-Duft wiederherzustellen.
Das „ grosse Geschäft“ wird wie überall auf der Welt üblich—so hoffe ich doch—weggeräumt, wenn der/die Hundehalter/in nicht sicher sein kann, dass niemand sie/ihn dem dampfenden Haufen zuordnen kann. Wie sonst, frage ich mich, sollten  die vielen „vergessenen“ Haufen, die dann oft mit den Schuhen in Hotels und Gaststätten getragen werden—denn bei der Menschenmasse kann man auch mit dem besten Willen den Boden meistens nicht sehen—zu erklären sein??