Samstag, 2. April 2016

Macht und Ohnmacht

Er war äusserst Reich und Mächtig und wurde doch in gewissem Masse so Ohnmächtig—in der psychologischen Akzeptanz des Wortes— Ja Arthur hatte alles in die Wiege gelegt bekommen was sich ein Mensch wünschen kann. Er war in eine sehr begüterte Familie hineingeboren worden und mit seinen fünf Geschwistern hatte er eine glückliche Kindheit verbracht, bis, ja bis die Katastrophe eintrat. An Masern erkrankt war er—trotz lautstarkem Protest— als einziger nicht auf die traditionelle Frühjahrs-Skitour  die die Familie jeweils zu Ostern im Hochgebirge unternahm, mitgenommen worden. Eine unerwartete Lawine und Artur stand trotz Masern als einziger Überlebender und naher Verwandte am Grabe seiner ganzen Familie. Grosseltern gab es nicht, nur eine alte ein wenig vertrottelte Tante und viele Freunde und Bekannte standen bei Schneeregen  auf dem kalten Friedhof. Artur war naturgemäss einziger Erbe eines sehr grossen Vermögens, Instruktionen über seine Erziehung—er war gerade mal neun Jahre alt—gab es nicht, darum kümmerten sich Patin und Pate um ihn. Artur hatte Glück, denn die beiden, amtlich zum Vormund ernannten Paten waren ideale Erzieher, sie führten, liessen ihm aber viel Freiheit. Er studierte politische Wissenschaften und frönte seinem Steckenpferd, dem Autosport. Er fuhr Bergrennen mit viel Talent und entsprechendem Erfolg. Beruflich kletterte er in Windeseile die Sprossen der diplomatischen Karriereleiter empor und war schon in jungen Jahren Attaché in irgendeiner, nicht allzu unbedeutenden, Botschaft. Was seine persönlichen Beziehungen betraf, war die Wahl seiner Partnerinnen sehr selektiv und nie wirklich dauerhaft; man kann auch, will man höflich bleiben, sagen ,dass er ein loses Leben führte—weniger fein ausgedrückt—er vögelte sich durchs Leben. Sein zweites Hobby war Musik, klassische Musik und eins seiner ganz grossen Vorbilder war ABM: Arturo Benedetti Michelangeli der grosse italienische Pianist, der sich selbst  humorvoll als ABM bezeichnete. Der war ja auch Autorennen gefahren somit hatte er drei Gemeinsamkeiten mit ihm, den Namen Arthur, die Liebe zur Musik und das Rennautofahren. Sein Lieblings Instrument war jedoch das Cello. Ja das Cello—von einer Frau gespielt—war das Instrument mit der grösstmöglichen erotischen Konnotation. Er durchforschte das Internet nach Konzertprogrammen in denen eine Solo-Cellistin auftrat, abgesehen von wenigen Ausnahmen gefielen ihm einfach alle Cello-Virtuosinnen. Er verfolgte einige davon mit Blumengaben und Einladungen und –wurde die Einladung angenommen—unverhältnismässigen Geschenken. Ja manchmal fand die Angebetete beim Dinner im besten Restaurant der Stadt, ein Schmuckstück unter ihrer Serviette oder eine Originalhandschrift ihres Lieblingskomponisten, Geschenke  die meist zum Erfolg führten. Erfolg im Sinne einer Affäre. Besonders ansprechenden Cellistinnen, die seinem Charme nicht widerstanden hatten schenkte er schon mal ein Schmuckstück aus dem Familienerbe, mit der Auflage es während ihrer Konzerte zur Schau zu stellen. Arthur  lebte glücklich in Erwartung der, nach seinem Gusto überfälligen, Ernennung als Gesandter wenn möglich in eine prestigereichen  Botschaft.                                              Trotz Regens waren viele Zuschauer zu diesem Bergrennen, in welchem  Arthur schon dreimal in Folge als Sieger geehrt worden war, gekommen.In der einfachsten Kurve, die man sehr schnell befahren konnte, hatte ein Auto Öl und Arthur die Beherrschung seines Boliden verloren.                           Seither lebte der Querschnittgelähmte Arthur zurückgezogen in seinem umgebauten Geburtshaus. Seine Läsion war auf der Höhe L1 was ihm erlaubte psychogene Erektionen zu haben und auch zum Orgasmus zu kommen. Und da halfen  ihm sein vieles Geld und die bisher gepflegten Affären mit seinen vergötterten Cellistinnen. Allerdings musste er sich mit den nun langsam älterwerdenden Virtuosinnen begnügen, um an  die neue Generation von talentierten Cellistinnen heranzukommen fehlte ihm nun mal die Mobilität.

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