Samstag, 31. August 2019

Werbeträger


Als Ärztebesucher—so nannte man damals— weniger hochtrabend als jetzt die Pharmareferenten, hatten wir damals mit den meisten Kollegen ein recht gutes oder gar freundschaftliches Verhältnis. Klar gab’s auch damals ungehobelte, unerzogene, unsympathische etc. Mitbewerber, diese als Arschlöcher zu bezeichnen war in den frühen Sechzigerjahren nicht—oder nur ausnahmsweise—üblich. Aber zurück zum Sujet meines Geschichtchens.  Alle Firmen verteilten damals Werbegeschenke. Solche Werbeträger kamen in sehr unterschiedlichen Formen daher. Kugelschreiber waren wohl am häufigsten im Einsatz, dann Pseudo-Fach-Bücher, Feuerzeuge mit Werbeaufdruck—die meisten Ärzte rauchten ja noch und profitierten von der kurzen Zeit mit dem “Vertreter“ um einen Glimmstängel in Brand zu setzen. Wir, die Aussendienstler machten uns einen Spass daraus die Werbegeschenke gegenseitig auszutauschen.
Und nun viele Jahrzehnte später treffe ich noch oft auf solche Werbemittel für Medikamente die schon längst obsolet, nicht mehr im Handel oder gar wegen Risiken und Nebeneffekten verboten worden sind. Einige meiner Trophäen: Von der Firma Grünenthal einen Schreiber mit Werbung für Contergan-Tropfen oder ein Wasser- Glas mit dem Aufdruck VIOXX  auch brauche ich fast täglich einen Brieföffner und eine Papierschere die für Tiatral der Firma Wander warb; sowohl Wander wie Tiatral gibt es längst nicht mehr aber ich kann meine Briefe noch immer gut öffnen und die Bildchen oder Briefmarken säuberlich ausschneiden.
Morgens stelle ich mich nach dem Duschen mit meinen Nassen Füssen auf kleine Frottee-Tücher die für diverse Medikamente werben die nirgends mehr erhältlich sind. Manchmal lässt mich solch eine Begegnung mit den Webeträgern der Vergangenheit an Marcel Proust denken „Auf der Suche nach der vergangenen Zeit“.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen