Mein Freund
Louis hat schon sehr jung damit angefangen Antiquitäten zu sammeln. Sein
bevorzugtes Sammelgebiet war der Jugendstil, aber auch ganz allgemein das
Design des zwanzigsten Jahrhunderts. Auf der Suche nach Objekten, Bilder und
auch Möbeln dieser Epoche traf er immer wieder auf günstig zu erwerbende Dinge,
ob Bücher, Objekte Möbel oder Bilder, die anderswo viel mehr wert hatten. Und
so kam es dazu, dass wir gemeinsam—auch ich sammelte Diverses—nach Zürich zum
Flohmarkt fuhren um unser Schätze feilzubieten. Da das Preisgefälle zwischen
der Westschweiz und Zürich enorm war, konnten wir in kurzer Zeit alles aber
auch wirklich alles gewinnbringend verkaufen. Louis sprach kein Deutsch und ich
tat so als ob auch ich nur französisch verstünde, dies erlaubte mir alle
Kommentare der Käufer zu verstehen. Oft musste ich mir das Lachen gewaltsam verkneifen,
denn Bemerkungen wie „die verstehen ja
nichts von den Sachen“ „haben die das alles gestohlen um so billig zu
verkaufen“ „wie kommen die zu solcher Spitzenware“ waren immer zu hören. Damals
hätten wir sicher um einiges teurer verkaufen können, wären dann allerdings nicht so schnell alles
losgeworden und hätten unverkauftes zurücknehmen und einlagern müssen. Unser
Ziel war schnell frisches Geld zu machen und von dem vielfältigen Angebot in unserer
„unterentwickelten Wohngegend“ zu profitieren. Louis lieferte den Löwenanteil
der Ware, er hatte auch ganz bewusst nur einen 50% Job als Zeichenlehrer gewählt—ich
hatte ja noch einen Nebenjob, eigentlich meinen Hauptjob—der mir doch auch
recht viel abverlangte. Dies alles war in den 1960er Jahren, es war eine schöne
Zeit. Louis hat ein Leben lang weiter mit
Antiquitäten gehandelt, so auf Halbzeit Niveau, auch hatte er später einen kleinen Laden und ein grosses
Lager. Durch seine einnehmende Art hat er sich im Laufe der Zeit viele
freundschaftliche Beziehungen aufgebaut. Auch schaffte er es immer wieder
Trends zu lancieren, so kaufte er zum Beispiel Eierbecher, Mokkalöffel,
Aschenbecher, Objekte in Kugel, Hand, Ei oder Sternform und lagerte sie einige
Zeit ein, um dann mit Dutzenden oder gar Hunderten davon auf den Markt zu
gehen, der Erfolg gab ihm beinahe immer Recht. Jetzt über fünfzig Jahre später,
frage ich mich oft, ob Louis manchmal Albträume hat? ob er im Traum unter
hunderten von Vasen, Tellern, Eierbechern, Skulpturen Teppichen
Vintage-Modeartikeln oder weiss Gott was allem begraben wird. Wie gross müsste
sein Lager sein, wenn wie durch Magie alles was er je gekauft und
weiterverkauft hat plötzlich zurückkäme? Könnte er sich an all die Sachen
erinnern? Ich wünsche ihm bis zu seinem, hoffentlich noch in weiter Ferne
liegendem, Ende lauter (ALP/ALB)TRAUMLOSE NÄCHTE !!!!!
Heisst es nun Alb oder Alp-Traum? da
streiten sich die Germanisten.
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