Freitag, 9. September 2016

Komplizen wider Willen

Warum fragten sich die Angestellten und auch viele Kunden dieser Handelsfirma, ja warum behält Herr Odier diesen unfähigen immerzu meckernden  Mitarbeiter Herrn Krieg. Ja wieso schmeisst er ihn nicht endlich raus, denn Gründe für eine—selbst Fristlose—Kündigung waren genug da und durch das unflätige Verhalten von Krieg kamen fast täglich neue dazu. Aber Herr Odier widerstand den Ermahnungen und Ratschlägen seiner besten Mitarbeiter und nahm den Verlust gewisser Kunden, die nichts mehr mit Krieg zu tun haben wollten, in Kauf. Er liess den „Schandfleck Krieg“ gewähren, ja als Krieg merkte, dass die Lage brenzlig wurde feierte er—mit Hilfe eines sich Arzt nennenden Quacksalbers—Krank. Wenn sie schon die Modediagnose Burnout hörten bekamen viele Kollegen Krämpfe.
Wie so oft kam die Wahrheit durch einen dummen Zufall—leider viel zu spät—ans Licht. Krieg verbrachte mehrere Abende in den Kneipen der Stadt, wo er sich langsam aber systematisch volllaufen liess. Meist sass er ganz ruhig allein in einer dunklen Ecke da selbst die hartgesottensten Säufer nichts mit ihm zu tun haben wollten. Wie eine Spinne beobachtete er und hoffte ein Opfer zu finden welches er mit seiner Giftigkeit und Häme  attackieren könne. Krieg hatte Glück, Odier hingegen Pech denn Krieg sah durch die Rauchwolken und den vom vielen Alkohol getrübten Blick ,wie eine junge Frau—fast noch ein Kind— einen älteren Mann halbversteckt von Tisch und Tischtuch oral befriedigte. Dies war nichts Besonderes in dieser Art von Kneipe aber was Krieg wirklich geil fand, war, dass er die junge Frau als die Tochter von Odier erkannte, die noch bis vor kurzem oft in die Firma gekommen war um den Papa zu besuchen und ihm ein wenig Geld aus der Tasche zu locken. Krieg lobte die moderne Technik die es ihm erlaubte ganz diskret deutlich erkennbare Bilder und Filmchen zu schiessen. Erpressen, nein erpressen wolle er ihn, Odier, nicht, er wolle nur sichergehen bis zur Rente eine garantierte Stelle zu haben; die Bilder musste Krieg nie zeigen, denn Odier vertraute ihm und glaubte ihm aufs Wort.
Aber eben, als Krieg zur Kur in einer, von der Firma bezahlten Luxusklinik weilte, wurden die Computer an allen Arbeitsplätzen ausgetauscht. Gut geschützt waren die persönlichen geheimen Files von Krieg nicht! Der Informatiker sah die Bilder und den Entwurf eines sehr expliziten Briefes an Herrn Odier, den er „absolut versehentlich“ an alle weiterleitete. Der Skandal wurde vertuscht aber Krieg und Odier verschwanden sehr plötzlich von der Bildfläche.
 Nun wussten die Mitarbeiter, dass ihre Vermutung— die beiden hätten eine gemeinsame Leiche im Keller— irgendwie richtig gewesen war.


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