Dienstag, 23. Dezember 2014

Jagdfieber

Er war, in den Sechzigerjahren des letzten Jahrhunderts, als Student in ein west europäisches Land gekommen, hatte Medizin studiert und die Prüfung bestanden. Eigentlich hatte er seinem Heimatsstaat Jugoslawien eidesstattlich versprochen nach der Ausbildung zurückzukommen um dem Volk mit seinem Wissen und Können beim Aufbau des Sozialismus zur Seite zu stehen. Doch wie die meisten Studenten, welche die Staaten zum Studium  in den entwickelten Westen senden, hatte er schon früh entschieden das einzige Leben dass er hatte, nämlich sein eigenes, im reichen Westen zu leben und nicht Wort zu halten. Seine Berufswahl war die Gynäkologie, insbesondere hatte es ihm die Geburtshilfe angetan; ja er liebte es Kindern auf die Welt zu helfen und die Mütter von der Last der Kinder auf elegante Art zu befreien. Schon in seiner Zeit als Assistentsarzt und noch viel mehr als Oberarzt galt er als begnadeter Geburtshelfer; selbst bei schwierigen quer und steiss-Lagen vermied er fast immer den Griff zum Skalpell. Kaiserschnitt war bei ihm wirklich ultimo Ratio! Er blieb seiner Methode treu, auch als er später eine eigene Praxis hatte verweigerte er unnötige „Komfort“ Kaiserschnitte, dies sei nicht gut für Mutter und Kind wenn es zu vermeiden war, sagte er immer und auch zum Leidwesen vieler Konkurrenten die aus Habgier und/oder aus Unsicherheit fast alle Geburten mit Kaiserschnitt machten. In krassem Gegensatz dazu stand seine Passion. Ja er war begeisterter Jäger, anfangs begnügte er sich mit heimischem Wild, Hasen, Rehe, Hirsche und auch Wildschweine waren seine Beute .Federwild jagte er besonders gerne. Nach  einiger Zeit zog es ihn zur Grosswildjagd und sein Jagdrevier wurde nach Afrika, Asien sowie  Nord und Süd Amerika ausgeweitet. Ab 1991 bis 1995 verreiste er fast jeden Monat für einige Tage zur Jagt, niemand, nicht einmal seine Frau und Kinder—ja er hatte schon seit Jahren  eine eigene Familie—wussten genau wohin er zur Jagd fuhr. Auch hatte er inzwischen angefangen mit grossen Jagd-Pistolen zu jagen eine sehr schwierige Jagd. Alle drei bis vier Wochen war er weg, zur Jagd. Eines Tages wurde er, nachdem die Familie und seine Praxis seit einigen Wochen nichts mehr von ihm gehört hatten mit einem Sanitätsflugzeug in seine neue Heimat gebracht. Ja er hatte seit wenigen Jahren die Staatsbürgerschaft seiner neuen Heimat erhalten, somit konnte er problemlos in seine alte Heimat Jugoslawien, reisen und aus Jugoslawien kam auch der Sanitätsflug. Die Bestürzung war sehr gross, war er doch, nicht nur bei seinen Patientinnen, sondern auch für seine zahlreichen Freunde ein sehr beliebter Mensch. Er sang mit seiner angenehmen Bariton-Stimme in zwei Chören und versuchte trotz der vielen Geburten nicht allzu oft  bei den Proben zu fehlen. Er wurde in die Universitätsklinik, wo er seine Facharztausbildung vor vielen Jahren gemacht hatte, eingeliefert. Sein Zustand war sehr ernst, sein Leben aber nicht mehr in Gefahr. Seine Geburtshelferhände waren von einer Granate zerfetzt und er hatte ein Auge verloren.  Die schweren Thorax und Abdomen Verletzungen waren in Jugoslawien gut versorgt worden, auch seine geborstene Blase war wieder funktionsfähig. Er benötigte vor allem Pflege, rein medizinisch war zurzeit nicht viel zu tun, denn Prothesen konnten erst nach vollkommen erfolgter Heilung angepasst werden.                                                                     Wie eine Bombe schlug die Nachricht in der Stadt ein, dass die Staatsanwaltschaft ihn auf ein Amtshilfegesuch des Kriegstribunals in Den Haag hin, in der Universitätsklinik verhörte und dann in ein Gefängnis mit Pflegeabteilung brachte. Man beschuldigte ihn, seit Jahren alle paar Wochen nach Sarajevo und in andere Kriegsgebiete gereist zu sein und dort als Snajper seiner Jagdleidenschaft gefrönt zu haben. ÄHNLICHKEIT MIT LEBENDEN ODER GELEBT HABENDEN PERSONEN IST LEIDER NICHT REIN ZUFÄLLIG.                                                                                                                                                                                                            

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