Donnerstag, 18. Dezember 2014

Winteridylle an der See.

Und nun standen sie sich auf dem Bahnsteig gegenüber, die anderen Passagiere waren schon in die Unterführung geeilt um dem kalten Wind und dem Schneetreiben zu entgehen. Ja das war die Frau, in die er sich vor vielen Jahren Hals über Kopf verliebt hatte. Sie war es und war es auch nicht so wie er noch immer derselbe wie damals war aber eben doch nicht ganz derselbe. Was bei beiden anders war das waren die achtzehn Jahre Leben die seitdem vergangen waren. Wie soll man damit umgehen? Neuanfangen oder versuchen an damals anzuknüpfen. Wie schüchtern und befangen alle beide waren, nur zögernd kamen sie aufeinander zu, sollten sie sich um den Hals fallen oder etwa doch vorsichtigerweise erst mal nur die Hand geben oder gar die Hand schütteln? Plötzlich stürmten sie gleichzeitig aufeinander zu, später konnten sie nicht ausmachen wer zuerst losgerannt war, dann lagen sie sich in den Armen beiden rannen die Tränen ungehemmt über die schon etwas faltigen Wangen. Sie hatten sich wieder. Fast wortlos gingen sie zum Hotel in dem sie sich vor genau achtzehn Jahren getrennt hatten. Sie waren beide wie in Trance, liessen ihr kleines Gepäck gleich am Zimmer-Eingang zu Boden fallen und warfen sich aufs Bett. Zitternd ineinander verkrallt schliefen sie erschöpft ein. Damals, sie waren Anfang dreissig, hatten sie sich an einer Tagung kennen gelernt. Er hielt ein Seminar und sie nahm daran teil. Es wurde das schlechteste Seminar dass er je abgehalten hatte, er konnte sich einfach nicht zusammennehmen, diese geheimnisvolle Frau zog ihn wie ein Magnet an, er schämte sich vor ihr und vor allem vor den anderen   Teilnehmern ,diese schienen aber ganz zufrieden mit dem Seminar, selbst einige die schon an früheren Seminaren bei ihm mitgemacht hatten. Sie war neu hier, es war ihre erste Tagung dieser art. Beim Galadinner sassen sie beieinander und hatten für nichts anders als für sich selbst Interesse. Unhöflicherweise verschwanden sie noch vor dem Dessert, fast ohne sich abgesprochen zu haben und vor allem ohne sich zu verabschieden .Im Schneetreiben schlugen sie die Richtung zum Grand Hotel ein. Als sie ihre beiden Schlüssel in der Hand hatten und zum Fahrstuhl gingen, merkten sie, dass ihre Zimmer nebeneinander lagen. Lachend sagte er „ist das nicht ein Schicksalswink“. Es wurde eine lange Nacht, sie liebten sich so als hätten sie schon immer zusammen geschlafen. Es gab weder Befremdung noch Hemmungen. Drei Tage lang blieben sie in dem Zimmer, sie liessen sich an der Tagung nicht mehr sehnen .Glücklicherweise war ja sein Seminar schon vorbei. Sie ernährten sich vor allem von Champagner und Meeresfrüchten, verliessen kaum das Bett und allmählich fingen sie an über sich zu sprechen. Beide waren seit kurzem verheiratet, beide hatten je ein noch ganz kleines Kind, beide liebten ihre Partner aber alle beide waren besinnungslos ineinander verliebt.—was die Franzosen L‘amour fou nennen— Und alle beide wussten, das ist eine Auszeit, es muss der einzige Ausrutscher in unseren noch jungen Ehen bleiben. Sie versprachen sich gegenseitig, sich nie wieder zu sehen ja nicht einmal zu kontaktieren. Sie hielten sich dran, fast achtzehn Jahre lang, bis sie sich zufällig an einer Tagung trafen, Beide hatten ihre versandeten Ehen beendet so hatten sie sich in diesem, im Winter leeren, Badeort an der See verabredet.


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