Mittwoch, 31. Dezember 2014

Tödliche Scham

Es wäre viel zu gefährlich gewesen sie am Leben zu lassen, trotz ihrer Beteuerungen hätte sie es weitergesagt, das wusste er aus Erfahrung, sie verriet  ihrer beste Freundin alles, unter dem Siegel der Verschwiegenheit, und die ,ja die, war wirklich eine hemmungslose Schwatztante. Er war davon überzeugt, dass sein, so schmerzhaftes, Geheimnis in wenigen Tagen im ganzen Freundeskreis bekannt geworden wäre und dann hätte nicht sie sondern er sterben müssen. Ihm wäre gar nichts anderes übriggeblieben als den Freitod zu wählen und dazu, so befürchtete er, war er sicher zu feige. Wie war es dazu gekommen, dass sie, seine Frau Marlene, welche die Pferde und das Reiten verabscheute, zu so später Stunde, in den Stall gekommen war. Soviel er wusste war sie, seit er ihr Schloss und Hof kurz vor ihrer Vermählung gezeigt hatte, nie mehr zu den Stallungen gekommen. Ihre Gebiete waren Musikabende Dichterlesungen  und Theatervorstellungen die sie gerne im Schloss für  ihre vielen Freunde organisierte. Alles was im Entferntesten mit Kultur zu tun hatte war ihr heilig, alles Sportliche und urige verabscheute sie. Er Rolf hatte auch an ihren Abendgesellschaften grosse Freude, aber das Reiten und die Ställe war sein Tummelfeld.                                                 Das darf ja nicht wahr  sein, ich träume wohl schrie Marlene ,als sie in dem Abteil wo die Sattel und das Zaumzeug aufbewahrt war ,ihren Gatten Rolf nackt , gesattelt und gefesselt sehen musste, wie er von den beiden Stallburschen ausgepeitscht geritten und mit Exkrementen beworfen wurde.                                                                                                                                                           Sie floh laut schreiend, die Anhöhe hinauf, in ihre Gemächer wo sie sich weinend auf ihr Bett warf. Kaum zurechtgemacht eilte ihr Rolf nach, er musste unbedingt bei ihr sein um zu verhindern dass sie mit ihrer Freundin oder mit irgendwem reden konnte. Er wusste, es brauchte eine blitzschnelle Entscheidung. Er riss beim Treppensteigen ein Rapier von der Wand und stürmte ins Schlafgemach von Marlene. Als sie ihn wutentbrannt sah schwor sie ihm dass sie keiner Menschenseele je etwas sagen würde und ihm verzieh. Du willst mir verzeihen dass du mir nachspioniert hast schrie er und stürzte sich mit der Stahlspitze auf sie .Als brillanter Fechter traf er sie genau ins Herz, Sie sank tot aufs Kissen zurück. Zum Glück war das Personal nicht im Schloss untergebracht, Marlene hatte gewünscht dass die gesamte Dienerschaft im Gesindehaus am anderen Ende des Schlossparks wohnte. Rolf hob die zierliche Gestalt auf seine Arme und trug sie, den kleinen Hügel hinab, zu den Stallungen.                                                                                                                                             Die Stallburschen hatte er, sofort nach der Entdeckung durch Marlene, nach Hause geschickt, ins Gesindehaus. Es dauerte bis gegen vier Uhr, unter der mit Holzspänen bedeckten Manege, eine Grube auszuheben, den leblosen Körper in die tiefe Grube zu legen und dann alles wieder zu bedecken und um die Spuren zu verwischen, und grosszügig neue Holzspäne zu streuen. Dann ritt er noch mehrere Male darüber  bis alles normal aussah. Nun musste Rolf im Schlafzimmer die Spuren beseitigen, das war viel einfacher, denn die Wunde mit einem Rapier ist ja nur ein kleines Loch sodass das Blut im Körper bleibt; es waren nur wenige Blutspuren auf ihren Kleidern zu sehen gewesen. Das schwerste war aber, so früh morgens Freundinnen und Freunde anzurufen um zu fragen ob sie wüssten wo Marlene sei. Sie war  am Abend ausgegangen, wohin und mit wem wusste er nicht, und dann hatte sie ihn im Stall überrascht. War sie mit irgendjemandem im Theater, Konzert oder gar Kino gewesen. Hatte sie jemand nach Hause begleitet? Ja sie hatte mit ihrer besten Freundin in dem angesagtesten Restaurant der Gegend gespeist war aber schon recht früh weggefahren, nein sie hatte nicht gesagt wohin, ist sie denn nicht ins Schloss gekommen?                                                                                  Polizei kam, eine erst lokale dann regionale dann internationale Suchaktion gab keinerlei Resultate. Der arme kleine Schosshund irrte im ganzen Schlosspark umher, verweigerte das Fressen und wäre sicher gestorben hätte nicht die beste Freundin sich seiner angenommen.  
       Die Zeit verging, Rolf fand für die zwei Stallburschen weit entfernt eine neue, viel lukrativere, Anstellung. Eine Bauersfamilie wurde gefunden die sich um den Gutsbetrieb und die Stallungen kümmerte. Dann kam nach zwölf Jahren dieser strenge Winter mit aussergewöhnlichen Schneemassen, gefolgt von einem frühen warmen regnerischen Frühling. Es kam im ganzen Gebiet zu grossen Überschwemmungen. Auch das kleine Flüsschen am Fusse des Schlosshügels wurde zum reissenden Strom; alles wurde weggeschwemmt. Als der Hund der braven Bauersleute, mit einem alten grossen Knochen ankam wurde der Bauer stutzig, suchte und fand viele Knochen, ein ganzes Skelett und auch einen menschlichen Schädel. Da gab’s nichts mehr zu verstecken. Der alte Polizist der immer schon Zweifel gehabt hatte und der die Geschichte der weggelaufenen Frau Baronin nie so richtig geglaubt hatte nahm die Ermittlungen wieder auf. Mord verjährt nie, aber konnte man Mord auch nachweisen? Nach so langer Zeit und ohne Zeugen? Was für Rolf den geehrten Herrn Baron das einzig wichtige war, keiner würde je sein Geheimnis kennen.

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