Montag, 3. September 2018

Im Zug nach Zug


Neulich fuhr ich mit der S-Bahn von Winterthur nach Zug. Ich fuhr in der ersten Klasse. Gegen halb Zehn hielt der Zug am Flughafen, wo ein gutes Dutzend Männer einstieg. Alle waren im typischen Business-Look und alle vertieften sich sofort in ihre Notebooks, Tabletts und Mobile-smart Phones.
Nun ging ein lautes geschäftiges Telefonieren los. Alle sprachen irgendwie Englisch, mal mit Amerikanischen mall mit Indischem aber meist mit deutschem Akzent. Obwohl es eine S-Bahn war, kamen zwei Schaffner um die Tickets zu kontrollieren. Einer dieser jungen dynamischen Schlips-Träger hatte kein Billet vorzuweisen und gab als fadenscheinige Erklärung an, der Ticket-Automat habe nicht funktioniert, dies akzeptierten die Kontrolleure nicht, denn sie hatten diesen Schnösel auf dem Bahnsteig beobachtet, wie er am Automaten  so tat als ob er ein Ticket nehmen würde aber eben nur so als ob!
Ruhig erklärten sie, dass sie beobachtet hätten wie er ohne Fahrschein eingestiegen sei also müsse er ausser dem Fahrpreis eine Strafe von hundert Franken bezahlen. Der schuldige Fahrgast wurde ausfällig aber nicht mehr auf Englisch—das er ja nur gebrochen sprach—sondern auf ordinärstes Berlinisch.
Alle anderen hatten ein ordnungsgemässes Ticket. Es war lustig mitzuhören wie sich diese, meist jungen, „Managerchen“ in Szene setzten, ich vermute, dass sie sich gegenseitig Überbeschäftigung vorspielten. Ja Zug ist eben das Schweizerische Business-Zentrum vor allem für meist undurchsichtige internationale Firmen wie Erdöl und sonstige Rohstoff-Händler.
Als ich in Zug eintraf war es noch zu früh zum Museumsbesuch und so schlenderte ich von Schaufenster zu Schaufenster. Im Fenster irgendeiner Nobel-Boutique war etwas ausgestellt was mein Interesse erweckte. Ich trat ein und wurde von einem sehr snobistischen Verkäufer äusserst kritisch von oben bis unten gemustert. Dieses abschätzige Mustern weckte in mir den Schalk. Angezogen war ich mit Leinenhemd und sportlicher Hose sowie mit offenen Sandalen, also gar nicht zu solch einer feinen Boutique passend und dies wurde mir auch sehr klar zu verstehen gegeben. Nun sagte ich ich wolle mich nur eben ein wenig umsehen und begann dies und das zu mustern, den argwöhnischen Verkäufer immer auf den Fersen.
Abrupt drehte ich mich dem Verkäufer zu und frage ihn nach der genauen Stoffzusammensetzung eines Hemdes. Seine überhebliche Antwort war 100% Baumwolle. Auf meine Frage hin, ob es nicht eher Leinen sei suchte er verdattert nach dem Etikett. Stotternd und leicht fahrig sagte er, dass es sich tatsächlich um reines Leinen handle. Lächelnd riet ich ihm, statt die Kunden von oben herab zu behandeln täte er besser daran seine Ware kennen zu lernen und verliess freundlich lächelnd die ach so schicke Boutique.  
Mein Museumsbesuch und das anschliessende Essen im Museumsfoyer war sehr angenehm sicherlich weil sich junge "Managerchen" nur selten in Kulturinstitutionen verirren!

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