Mittwoch, 15. Oktober 2014

Omas letzte Reise.

Oma starb Anfang der Sechzigerjahre in einer reichen Gemeinde am Zürichsee. Sie war einige Jahre zuvor, aus dem Nachkriegs—Berlin  zu uns, das heisst, ihrer jüngeren Tochter mit Familie, gekommen. Hier konnte sie einen ruhigen Lebensabend verbringen. Sie war eine liebe Oma, alle hatten sie gern. Diese Gemeinde kümmerte sich um ihre Einwohner, auch wenn sie alt und nicht vermögend waren. Die Kosten der Abdankung wurden von der Gemeinde ausgerichtet .Nun war es so, dass die liebe Oma immer dem Wunsche Ausdruck gegeben hatte mit ihrem schon vor langer Zeit verstorbenen Mann beerdigt zu werden; und der lag in Berlin. Oma wurde kremiert, was auch ganz in ihrem Sinne war; wie sollte sonst die Reise— durch die Zone – es war ja in den Sechzigerjahren, von statten gehen?                                                                                                                                   Einige Tage nach der Kremation, als die Urne zum Abholen bereit stand, bat die trauernde Mutter ihren jüngsten Sohn, die Urne ihrer Mutter, seiner Grossmutter, am Zürcher Friedhof abzuholen. Damit er die Urne diskret nach Hause bringen könne gab sie ihm eine Reisetasche mit. Der jüngste war, nun ja, ein wenig, wie soll ich sagen, unzuverlässig. Sicher holte er Oma ab dann ging er, wie Mutter ihn gebeten hatte, fürs Nachtessen, Fisch einzukaufen. Ja und dann war da das Café  Odeon der Treffpunkt aller. Auch der Durst war da, besser die Lust auf Gesellschaft und Entspannung. Und so fing er an Wetten, um  Bier, abzuschliessen. Wetten du errätst nicht was in meiner Reisetasche ist? Keiner aber auch gar keiner erriet weder  Fisch noch Oma. Ein Bier gab das andere; er schaffte es knapp den letzten Zug zu erwischen. An seinem Zielort stieg er aus, Oma und der Fisch fuhren weiter bis zur Endstation. Der Empfang zu Hause war, nun ja, nicht äusserst herzlich. Zum Glück klappte damals in der Schweiz fast alles, Oma und Fisch kamen nach Hause. Nun musste Mutter nach Berlin, mit Oma, aber ohne Fisch. Es war ihr irgendwie unangenehm Oma als Reisegepäck aufzugeben, Oma war wieder in der Reisetasche. Glücklicherweise waren damals noch keine Sicherheitskontrollen üblich! Die Stewardess bat die Tasche ins Gepäckfach tun zu dürfen, das war der Mutter nicht recht, sie wollte Oma in ihrer Nähe behalten. Daraufhin die Stewardess: „ja wenn sie da drin ihr Frühstück haben… Am Flughafen in Tempelhof wurde Mutter von ihrem Schwager und zwei Herren des Bestattungsamts, ganz in schwarz, erwartet.   WO SIND DIE PAPIERE FÜR DEN URNENTRANSPORT????     Trotz mangelnder Papiere fand Oma ihre letzte Ruhe, nach abenteuerlicher Reise, neben ihrem Mann.

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