Mittwoch, 29. Oktober 2014

Patina

Marc Antonio hatte  schon vor vielen Jahren aus seinem geliebten Venedig ausreisen müssen, den genauen Grund dafür  konnte man nur erahnen. In seiner grossen Familie waren alle im Antiquitätengeschäft tätig. Waren  Fälschungen, Unterschlagung, Hehlerei, Übervorteilung oder sein unorthodoxes Privatleben der Anstoss zu seinem ganz plötzlichen Verschwindend? Er wird das Geheimnis wohl mit ins Grab nehmen, aber so weit ist es zum Glück noch nicht. Am Anfang diskutierten seine viele Freunde sehr heftig beim Aperitivo in den „Bacaris“ über die wahren Gründe seines abrupten Verschwindens. Ausser einer unbekannt grossen Summe verschiedener Devisen transportierte er nur wenige Kleider die in einen kleinen Koffer passten. Sein erstes Reiseziel blieb mysteriös. Erst Jahre später meldete er sich wieder bei Familie und Freunden. Das erste Lebenszeichen kam aus Indonesien wo er regen Kunsthandel betrieb. Nun reiste er auch ab und zu nach Venedig wo er noch eine grosse Sammlung von persönlichen Kunstgegenständen hatte. Seine Geschäfte waren so einträglich, dass er daran dachte sich eine endgültige neue Heimat zu suchen. wo er seine Private Sammlung unterbringen konnte .Er fand was er sich erträumt hatte in einem kleinen Land in Mittelamerika. Die Menschen sind liebenswürdig und korrupt, das Wetter kann beinahe mit „ewiger Frühling“ beschrieben werden. Er kaufte Land und mit dem nötigen „Propina“ kaufte er auch alle Bewilligungen um ein Hotel oder besser noch ein Motel der Luxusklasse zu bauen. Die Lage war strategisch  gut gewählt, nahe am Flugplatz .Viele Touristen kamen für die ersten und letzten Nächte ihrer Reise hierher zum Übernachten. Es war sehr praktisch, Mietwagen konnten gebracht und abgeholt werden. Marc Antonio kümmerte sich nicht um das Alltägliche er wohnte  in einer Villa am Rande des Hotelparks, und kam täglich mehrmals um zu sehen ob interessante Gäste angekommen waren, denn er liebte kultivierte Gespräche. Fand er das Gespräch nach seinem Gusto  begann er ein wenig über sein Leben und vor allen Dingen über sein geliebtes Venezia zu reden. Wenn der Gesprächspartner Venedig kannte und mitreden konnte war Marc Antonio überglücklich; manchmal lud er diesen Gast zu sich in seine Villa zum Diner. Wer diese Villa einmal gesehen hatte und sofern er etwas von Kunst und Antiquitäten verstand—meist suchte Marc Antonio seine Gäste nach diesen Kriterien aus—vergass solche Abende nie. Marc Antonio hatte seit kurzem eine neue Haushaltshilfe und endlich war die Villa sauber ohne dass er dazu immer zu mahnen brauchte. Da die Sicherheit in Zentralamerika Sache jedes Einzelnen ist hatte Marc Antonio einen bewaffneten Nachtwächter und zwei Deutsche Schäferhunde die ihm aufs Wort parierten.  Als er nach einer Europareise, die ihn auch in seine Heimatstadt führte, zurück kam ,freute er sich seine Villa blitzsauber vorzufinden; weniger freute er sich, dass seine grosse Sammlung antiker Bronzefiguren, sowie sein Renaissance Silber auch auf Hochglanz poliert waren. Die Patina war zwar futsch, aber als Grandseigneur gab er sich selbst und nicht der  Putzfrau die Schuld .Er hatte sie ja so gelobt dass alles vor Sauberkeit glänzte.

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