Samstag, 15. November 2014

Betrug, Nötigung, sanfte Bettelei oder nie verbalisierte Erpressung?

Was man so erleben und einstecken muss in fünfzig Jahren Pharmaaussendienst! Es ist kaum zu glauben wie sich manche, oder einige, oder zu viele Ärzte, den Pharmareferenten gegenüber, benehmen. Mürrisch empfangen zu werden ist zwar noch verständlich aber beschimpfen lässt  sich sicher keiner gerne, insbesondere wenn es von einem Kunden kommt der ja glaubt immer im  Recht zu sein  und dem man nicht oder kaum widersprechen darf! Komischerweise kommen Vorwürfe wie—die Pharmafirmen wollen nur so viel Geld wie möglich machen—sind nur auf Profit aus—verkaufen wissentlich wirkungsloses Zeug—usw. von den Ärzten die die grössten Abzocker sind. Weil sie viel zu viel Labor und Röntgen machen, zu lange Konsultationen aufschreiben, nicht erbrachte, für den Laien unerkennbare, Leistungen verrechnen, das teuerste Material verrechnen aber billigstes verwenden und bei Haus-Besuchen das Kilometergeld optimieren. Es sind auch dieselben die sagen: was bringen sie mir als Geschenk, die Zeit die ich mit einem Vertreter verbringe muss sich finanziell lohnen, in der Zeit könnte ich einen Patienten mehr behandeln, ich werde der Firma eine Rechnung stellen, oder auch, sie müssen mir eine Kongressreis  bezahlen.                                               Als Beispiel dient ein Urologe in der Westschweiz, er kam in den Sechzigerjahren  aus einem kommunistischen Staat im Balkan, hat aber den Kapitalismus extrem schnell verstanden, sagte er doch allen Pharmareferenten: „ich verschreibe nur noch Medikamente der Firmen die mir einen Anteil an meine Kongressreise zum Europäischen Urologie Kongress (den er aber nie besuchte) bezahlen“. Was er wollte war einen jährlich wiederkehrenden Barscheck!! ich organisiere meine Kongressreise selbst, ihr habt keine Arbeit damit deshalb könntet ihr gerne mehr bezahlen.             Ein anderes typisches Beispiel: an einem Kongress (welcher wird nicht gesagt) sagt ein guter Kunde und Chefarzt zum Pharma-Mensch (Frauen sind Pharma-Schlampen):heute ist nichts Interessantes am Kongress zu hören, zeigen sie mir Paris, und finden sie Konzertkarten für heute Abend! Als der Pharma-Mensch auf dem Montmartre in einem Souvenir-Shop ein Paar Ansichtskarten kaufte, kam der Chefarzt mit einem grossen Stapel Ansichtskarten „können sie das für mich erledigen, mit Briefmarken denn ich muss vielen schreiben“. Als daraufhin der Pharma-Mensch sagte er könne es wohl bezahlen, der Firma aber nicht verrechnen, kam die lakonische Antwort „ sie finden sicher einen Weg“. Klar bezahlte der Pharma-Mensch die Karten und Briefmarken… wie heisst es im bekannten Wienerwalzer  –immer nur lächeln und immer vergnügt —                                                                                                                                                                                                 Vor vielen Jahren, ich war noch sehr jung, kam ein Arzt aus Basel in den Waadtländer  Jura .Er hatte längere Zeit bei eine Basler Pharma-Firma gearbeitet. Er übernahm eine verwaiste Praxis  in einer Kleinst-Stadt. Sein Französisch war nicht allzu gut darum freute er sich immer sehr wenn ich kam, denn dann konnte er Deutsch, nein sogar Schweizerdeutsch, reden. Ein Vertrauensverhältnis war schnell da, sodass er mir schon bald seine Lebensphilosophie darlegte.  Er sei mit seiner Frau, die aus diskretionsgründen, allein in der Praxis mitarbeitete, hierhergekommen um schnell viel Geld zu verdienen. Sobald er genug verdient habe um sich ein Haus am Meer, in Südfrankreich, und eins in einem Walliser Skigebiet zu kaufen, gehe er zurück in seine alte Firma, denn bis dann würde sein Ex- Vorgesetzter endlich in den Ruhestand gegangen sein und ihm sei, von dem obersten Chef, diese Kader- Stelle versprochen.  In seiner dummen Überheblichkeit hat er mir aufs Genauste seine Betrügereien erklärt. Für Injektionen, die einzigen Medikamente die er den Patienten oder deren Krankenkassen verrechnen konnte, alles andere musste er verschreiben, kaufe er das billigste Nachahmer Präparat ein, aber verrechnet würde das teuerste von den Kassen bezahlte Produkt. Er erklärte mir dies am Beispiel von Kortison folgendermassen: „ich spritze das Generikum das ich achtzig Rappen bezahle und verrechne das was du verkaufst, das bessere, für vierzehn Franken, das lohnt sich wirklich. Röntgenbilder sind auch sehr gut bezahlt und die Kassen kontrollieren nie ob man die Bilder wirklich schiesst Ha Ha Ha.   Aber auch Labor bringt sehr viel ein,ob man es macht oder nur verrechnet. Nach drei Jahren hat er die Praxis mit viel Gewinn an einen Bulgarischen Kollegen verkauft, inklusiv Geschäftsmethode. Dieser Arzt war weniger clever, er wurde bald beim Betrügen erwischt. Er aber hatte seine Häuser und ging zurück an den schönen Rhein, nach Basel, wo sein Chefsessel noch nicht von dem, in Rente gegangenen Vorgänger, erkaltet war .                       Nun eine eher brutale, leider, wahre Geschichte. Ein älterer Arzt aus Süddeutschland hatte im Jura eine Praxis übernommen es war die einzige Praxis im Ort und er betreute auch ein recht grosses Altersheim. Die Firma für die ich damals unterwegs war verkaufte unter vielem anderen auch das Krebsmittel Endoxan .Es muss auch noch gesagt werden dass dieser Arzt auch Medikaments selbst abgeben konnte  da im Ort keine Apotheke war .Nun fiel mir auf ,das seit einiger Zeit grosse Mengen Endoxan Tabletten bestellt wurden ;monatlich fünfzig Packungen. Und da machte ich einen unverzeihlichen, grossen, Fehler. Ich besuchte den alten Arzt, bedankte mich für die Bestellungen und fragte wie er die vielen Packungen einsetze. Seine Antwort war überraschend „es verhindert doch Krebs nicht wahr“ mein Fehler war, ihn über Risiken und Nebenwirkungen sowie Vorsichtsmassnahmen wie regelmässige Blutkontrollen zu informieren.  „Das ist viel zu kompliziert“ sagte er. Und das war das Ende der grossen Bestellungen, die Katastrophe für meinen Umsatz, aber, so hoffte ich damals, eine Lebens Verlängerung für mehrere alte Heiminsassen.                                 In Lausanne gab es einen Arzt einen sogenannten „Docteur Seringue“ Spritzendoktor, wo immer möglich therapierte er mit Injektionen. Die Firma für die ich damals arbeitete hatte mehrheitlich Medikamente die man injizieren musste; zwei bis dreimal pro Woche über Monate. Das hatte grosse Vorteile für die Kasse—nein nicht die Krankenkasse—die des Arztes. Anstatt diese Injektionen von der Praxishilfe machen zu lassen machte er jede Injektion selbst und verrechnete natürlich eine Konsultation; seine Begründung „ich muss doch den Krankheitsverlauf kontrollieren! Dazu machte er bei den Patienten die ein Arthrose Mittel bekamen regelmässige Röntgenbilder zur Verlaufskontrolle. Einen Teil der Ampullen lagerte er an einem kalten Ort somit schmerzten die Injektionen; dies sei bei vielen Patienten gut dann wirken die Kuren auch besser!                                                                    Ein anderer Arzt hatte Probleme mit den Kassen, denn er verrechnete vierundzwanzig Konsultationen nach einer Zehennagel Behandlung. Der Patient kam drei Mal wöchentlich für Kamillen-Fussbäder in die Praxis, der Arzt kontrollierte jedes Mal und verrechnete natürlich eine Konsultation. Seine Antwort an die Kasse „ es ist ja ein Bauer, da ist die Hygiene für das Fussbad und Verband nicht gewährleistet,!!                                                                                                   Dann gibt es die Kunden vor allem in Spitälern die grosse Mengen Produkte verwenden, das sind gewisse!!! Chef und Leitende Ärzte zum Teil auch Oberärzte die stereotyp dasselbe fragen: was habe ich oder was hat die Abteilung davon dass wir bei ihrer Firma kaufen? Welches sind die Nebenleistungen neben den Rabatten die sie dem Spitalapotheker geben. Und wenn diese Abteilungen schon Kunde sind und teils seit längerer Zeit kaufen, kommen sogenannte Sponsoring - Anfragen manchmal nett ,oft aber eher fordernd mit subliminaler Betonung  : es gibt ja auch andere Firmen ,sind sie glücklich mit uns als Kunde, was tun sie anderswo um die Kunden zu binden? Häufig auch: ihre Mitbewerber sind auch sehr nett, äusserst  aktiv, inventiv, tun viel mehr als ihr für die Abteilung und sind  grosszügig mit tollen Angeboten etc. Sie verkaufen doch viel in der Uni-Klinik, womit haben sie das „Erkauft“?                                                                                                 Es gibt aber auch Rachemomente wo einen geplagten Pharmareferenten das Herz schon höher schlagen kann!                                                                                                                                     Und hier die Geschichte dazu.   Es war in einer Stadt in der französischen Schweiz, wo spielt keine Rolle. Ein Arzt, der allen Pharma-Mitarbeitern schon in seiner Zeit als Assistentsarzt in den Spitälern der Westschweiz seine politische Einstellung—er war Kommunist—dargelegt hatte und auf die böse kapitalistische Industrie schimpfte, die ja eigentlich verstaatlicht werden sollte, war plötzlich Chefarzt einer geriatrischen Gemeinde-Klinik geworden. Der sozialistische Politiker der dem Gesundheits-Departement vorstand hatte ihn, ohne eine öffentliche Ausschreibung, ernannt. Solcher Nepotismus ist ja in allen politischen Parteien gang und gäbe.  Er sagte allen Pharmareferenten bei ihrem ersten Kontakt, dass er keine Besuche wünsche, er habe wissenschaftlichere Informationsquellen, er nehme nie solch tendenziöses Werbematerial entgegen. Nun wurde ihm, von seinen Kollegen, den Geriatern, der ehrenhafte Auftrag erteilt, den Geriatrie Kongress  in seiner Klinik zu organisieren; es wurden dazu alle „Grundversorger“ eingeladen. Da es üblich ist dass die Pharmafirmen an solchen Kongressen Stände aufstellen, für die natürlich viel Geld zu bezahlen ist, um dem Kongress zu  finanzieren, machte er ein bettel- Rundschreiben an alle Firmen. Weil die Firmen immer den Aussendienst der entsprechenden Region befragen und alle sich einig waren, wurde der Kongress ohne die Industriegelder zum grossen Flopp.  Ärzte werden sicher nicht aus der eigenen Tasche für Essen und sonstige Spesen aufkommen wollen, ganz im Gegenteil durch die Präsenz der Pharma- Vertreter kann man sich ja schon mal zu einem guten Essen einladen lassen; aber eben dies eine Mal war kein Pharma-Mensch zu sehen und der eigene Geldbeutel der sonst immer hermetisch verschlossen bleibt musste geöffnet werden. Der Organisator aber erntete nur Spott aber kein Lob.                                                                                                                                                      Ach ja da erinnere ich mich auch an einige nette, freundliche, hilfsbereite Ärzte, die vor lauter Freundlichkeit sehr lustige Situationen hervorriefen. Ich bespreche ein neues Medikament, erst seit einigen Tagen im Handel, und der Arzt sagt mir: “oh ja damit hatte ich mehrmals sehr gute Erfolge“ das war doch wirklich nett wie er mir Freude machen wollte. Ein anderer sagte sogar:  ich verschreibe viel Robapharm( so hiess die Firma in der ich damals arbeitete) sicher täglich, ich habe ihn nicht gefragt welches Produkt, sein Schweigen wäre doch allzu peinlich gewesen.  Da man seit den siebziger Jahren durch die Marktforschungsinstitute genau sieht was in einem Gebiet verschrieben wird, ist es auch sehr lustig wenn ein Arzt behauptet etwas täglich mehrmals zu verschreiben ,wenn es in diesem Gebiet nie verkauft wir. Soviel zur Glaubwürdigkeit der Aussagen. An grossen internationalen Kongressen, wo die Ärzte Punkte sammeln müssen ,oft mit aufliegenden Coupons, um ihre obligate Weiterbildung zu belegen, haben mich schon einige Kunden gebeten, weil sie früher abreisen mussten, Coupons für sie zu sammeln! Glücklicherweise hatte ich—zur ihrer grossen Enttäuschung—mit meinem Aussteller-Badge keinen Zugang zu den Vortragssälen, konnte somit diesen Sklavendienst nicht ausführen.                                                                                          Es gäbe noch sehr viel zu erzählen, oft werden Spionageaufträge gegeben,: wie viele Untersuchungen macht die Konkurrenz? wie verrechnen die anderen diese Untersuchung, stimmt es dass………… ich vertraue dir und nur dir etwas an, wird allen gesagt, und alle haben das Vertrauen missbraucht wenn das Geheimnis  publik wird ….oder warum haben sie schlecht über mich gesprochen…... oder auch: könntest du dies Gerücht streuen…. Ja der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Aber trotz allem ,es war ein schöner Beruf da ein Grossteil der Kunden höflich, angenehm ja gar liebenswürdig war ,aber  die negativen Beispiele  prägen sich viel mehr im Gedächtnis ein.

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