Montag, 10. November 2014

Die gute alte Bahn

Er war noch recht jung aber in keiner Weise unerfahren. Er sass im Erstklassabteil des Schnellzuges von Zürich nach Neuchâtel es war Freitagabend. Er dachte noch an die Problemchen über die man sich an der Quartalstagung ereifert hatte; --Profilneurotiker—war damals noch kein gebräuchlicher Modeterminus aber so hätte er mehrere seiner Kollegen bezeichnen müssen ;er war zwölf Jahre jünger als der bisher Jüngste im Aussendienst. Alle Interventionen fingen mit „Ich“  „meine Meinung“ „ durch meine Erfahrung“ und „sie wissen noch nicht, sind zu jung um es zu verstehen“ usw. Ja er dachte an all dies und fragte sich ob er wohl in einigen Jahren auch so blöd sein werde.   Er, der Schreiber, ist es nur zum Teil geworden! hat aber sicher andere Macken.                                  Aber kommen wir zum Hauptthema, er sass also in der Bahn, sinnierte und rauchte seine geliebte Camel ohne Filter. Genau ihm gegenüber hatte sich eine blonde recht attraktive nicht mehr ganz junge  Frau gesetzt; sonst war niemand in das Abteil zugestiegen. Kein Wort, nur verstohlene Blicke waren ausgetauscht worden. Auch die Blondine steckte sich nach einiger Zeit eine Zigarette in den Mund das war die Gelegenheit Kontakt zu nehmen, er gab ihr Feuer sie bedankte sich überschwänglich und rauchte schweigend. Ihre nächste Zigarette wurde wortlos von ihm angezündet, sie nahm einige Züge, dann sank ihre Hand auf die Knie, sie war eingeschlafen. Um eine Verbrennung zu vermeiden nahm er ihr sanft die brennende Zigarette aus der Hand, ein verschlafenes, lächelnd gemurmeltes, merci war die Reaktion. Nach einem kurzen, sicher vorgetäuschten, Schlaf erwachte sie  und fing sehr deutlich zu flirten an, richtig zu flirten. Schell kam es zum ersten, aber nicht letzten, Kuss. Sie fuhr nach einem Bummeltag in Zürich Heim nach Biel, wo sie Mann und zwei Kinder hatte. Sie stieg nicht aus in Biel, einfach so.   Im Gespräch hatte sie erfahren dass er alleine lebte und in Neuchâtel eine Wohnung hatte und so habe sie beschlossen mit ihm zu kommen. Er hatte nichts dagegen wohnte er doch zurzeit wirklich ALLEIN. In der Wohnung angekommen rief sie ihren Mann an, sagte sie habe den Zug verpasst und bleibe bei einer Freundin in Zürich. Sie blieb bis Montag früh, vergass es zuhause anzurufen und erwartete dass er sie im Auto nach Biel mitnahm, was er gerne tat obwohl er von dem Wochenende sehr erschöpft war, sie war nämlich in JEDER Beziehung extrem ermüdend. Die Telefonnummer die er von ihr bekommen hatte war sichtlich falsch,    „kein Anschluss unter dieser Nummer“ und Repetitionstasten waren damals noch nicht erfunden. Wie es Hans Albers so schön sang:                                                                       „Der Schmerz wird vergehen, die Erinnerung bleibt“

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