Sie hiess Pamela, genannt wurde
sie meist Pamela das Busenwunder. Woher ihr Zuname kam war vielen Männern aber
sehr wenigen Frauen klar. Ja die Männer, die in den späten Sechzigerjahren des
letzten Jahrhunderts vor den Angeboten der
neu gegründeten Sex-Kinos, damals noch untertreibend Erotik-Kino genannt,
nicht verzichten konnten—lieber verzichteten sie auf den abendlichen Apéro um
in dieser Zeit ins Kino zu schleichen—hatten das Busenwunder Pamela schon
öfters gesehen. Viele Jahre lang beherrschte sie die Breit-Leinwand. Ihr
Regisseur, Lover und auch bald schon Ehemann Silvano wusste Pamela immer ins
rechte Licht zu rücken. Die Jahre vergingen, neue Darstellerinnen kamen ins
Geschäft und die Schwerkraft tat das Übrige; Po und Wunderbusen taten, was
einst Newtons Apfel tat, sie fielen—zwar nicht wie jener Apfel zu Boden—aber
doch erdwärts.
Jahre später, Pamela war
inzwischen Oma und pflegte ihren schon seit geraumer Zeit an fortschreitender
Altersschschwäche leidenden Gatten. Sie las sie ihm täglich vor.
Pamela hatte zwar nicht mehr das
Aussehen eines Porno-Stars aber die rauchige erotikgeladene Stimme war noch
immer da. Ihr Gatte Silvano genoss die „Märchenstunden“, die ihn dank seiner
Pamela zum Träumen verleiteten, sehr. Und plötzlich hatte Silvano, der noch
immer an seine Vergangenheit als Sex-Filmemacher dachte, einen Geistesblitz.
Hör mal meine liebe Pamela, sagte er eines Abends nach der Vorlesestunde: „ wir
könnten doch, während du mir vorliest, ein Tonbandgerät einschalten und dann
die Kassetten anderen Sehbehinderten zur Verfügung stellen.
Und so kam es, dass die
Blinden-Bibliothek regelmässig besprochene Kassetten mit Romanen und
Geschichten bekam, die, einmal vervielfältigt, die Tage der Sehbehinderten die
sich dort bedienten mit sehr besonderen Lesungen beglückte. Pamela las nur
Erotisches vor, wobei das Dekameron von Giovanni Boccaccio noch das harmloseste
war; härtere Texte passten zu Pamelas
Stimme einfach besser. So mancher Hörer erinnerte sich irgendwie an diese
Stimme, dass er sie in seinen jüngeren Jahren in verruchten Kinosälen gehört
hatte wurde ihm zwar nicht bewusst, aber die fühlbare Reaktion blieb nie aus.
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