Montag, 28. August 2017

Tempus fugit

Ramona, die ihren Namen einem Ferienflirt ihres Papas verdankte, war ein lebenslustiges Mädchen. Ihre Mutter wusste nicht warum der—schon seit langem verschwundene Papa— seine Tochter so nennen wollte, sie hatte ihm geglaubt dass seine erste Lehrerin so geheissen hatte. Ramona und ihre Mutter lebten, beziehungsweise überlebten, dank der Zuwendungen ihrer Eltern und den spärlichen Alimenten die der Papa ab und zu vorbeibrachte. Ramona lebte nur dann auf, wenn ihr Papi kam, aber er kam sehr selten, meist wenn Rummel war zu dem er Ramona mitnahm und sie dann mit Zärtlichkeiten und Geschenken überhäufte. Ganz besonders freuten sich Vater und Töchterlein wenn der Papi am Schiessstand einen Teddy-Bär gewann. Schlimm wurde es für Ramona, wenn der Papa sie wieder zurück nach Hause brachte und dann für sehr lange Zeit verschwand. Aber noch schmerzlicher war es für die Kleine dass ihre Mutter sie nach solchen Eskapaden wie Dreck behandelte. Nichts konnte sie ihrer Mutter recht machen. Ständig schrie die Mutter: du bist wie dein Taugenichts von Vater, aus dir wird nichts, du nimmst noch mal ein schlimmes Ende. Die Zeit verging, Ramona war zum hübschen Teenie geworden als sie ihren geliebten Papi zum letzten Mal sah. Was damals passieret war, als sie mehrere Tage nicht nach Hause kam weiss nur sie und Papi, aber die Mutter hetzte ihrem Ex-Mann die Polizei auf den Hals wegen Entführung einer Minderjährigen. Seither hat man vom Vater nie mehr etwas gehört, war er ins Ausland gegangen, hatte er nur die Stadt verlassen oder war er verstorben, keiner konnte es sagen und Ramona zerbrach beinahe daran.
Schon kurz danach verschwand Ramona aus dem Leben ihrer ungeliebten Mutter und gammelte irgendwie rum. Sie hatte viele Beziehungen, Liebschaften aber keine, denn was Liebe ist hatte sie nie erfahren. Die Zeit verging, sie schlug sich durch. Alleine war sie selten, denn sie hatte ein Wesen, dass jede Art von Bekanntschaften provozierte aber nichts war wirklich von Dauer.
Mit der Zeit rutschte sie aber ganz allmählich aus dem Beuteschema der verfügbaren potenziellen Liebhaber heraus. Nicht nur,  dass die süssen Fettpölsterchen zu Speckwülsten mutiert waren auch ihr Wesen wandelte sich von einnehmend zu abstossend.
Um die immer düsterere Einsamkeit zu überbrücken brauchte sie immer mehr billigsten Rotwein, aber weil die Wirkung nur kurz anhält landete sie bald ganz in der sprichwörtlichen Gosse.
Von all dem wussten die beiden Medizinstudentinnen, die ihre erste Autopsie machten natürlich nichts, für die war Ramona eben nur ein interessanter Fall. Eine erst knapp fünfzigjährige Wasserleich, zirrhotisch  und mit chronischer Syphilis.



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