Freitag, 24. April 2015

Erbschleicherin(en) oder nur eine nette Krankenpflegerin(en) ?

Ob sie aus Ungarn, Tschechien oder aus dem Balkan stammte ist ja einerlei, so wie sie aussah würde sie nicht lange als Hilfspflegerin arbeiten. Ob sie nun in Österreich, der Schweiz, Deutschland oder einem anderen Land diese Spitalarbeit gefunden hatte ist schlussendlich auch egal. Wer sie sah dachte meist an das ausklappbare Zentralbild von Herrenmagazinen der Siebziger-Jahre. Ihr Anblick war, für die meisten Pflegerinnen eine Qual, die Ärzte und Pfleger, wenn sie nicht, wie sehr oft, schwul waren sahen das ganz anders. Sie hatte viele Affären, war dabei aber immer sehr umsichtig und diskret. Irgendwie erreichte sie, dass ihre Liebhaber dieselbe Zurückhaltung an den Tag legten—man munkelte viel, wusste aber nichts—.Sie, nennen wir sie Jovanna, arbeitete sehr gut, nie kamen Reklamationen oder auch nur schon Bemerkungen, im Gegenteil sie wurde immer und von allen Patienten, aber auch von Patientinnen, in höchsten Tönen, gelobt. Und dann kam dieser ältere Patient, mit gebrochener Hüfte, in die Abteilung. Heinrich, so hiess der Patient war ein gebildeter aber leider sehr ungepflegter Mitsechziger, alleinstehend—ja er hatte nie geheiratet—der in seiner verqualmten, mit Büchern vollgestopften Wohnung, eines Abends wohl bedingt durch ungehemmten Weingenuss, über einen seiner vielen Teppiche gestürzt war. In jungen Jahren schon, als sein Vater an einem Herzversagen plötzlich starb, hatte er das Buchantiquariat das schon der Grossvater gegründet hatte, geerbt. Darum brach er sein altphilologisches Studium ab und kümmerte sich um das Antiquariat und seine noch nicht sehr alte Mutter. Die Geschäfte liefen gut und Heinrich wurde, durch Selbststudium, zum versierten Buchhändler und ein wenig zum Privatgelehrten. Es war die Zeit vor den modernen Kommunikationsmöglichkeiten und nach dem Erscheinen seiner Kataloge meldeten  viele  seiner Kunden einen Besuch in seinem Antiquariat an. Als er das Antiquariat, nach vielen Jahrzehnten, an einen seiner  Konkurrenten verkauft hatte, füllte er seine Wohnung mit all den Büchern von denen sich zu trennen ihn am meisten schmerzen würde. Durch den Wegfall seiner Kunden nach dem Verkauf waren seine sozialen Kontakte auf ein absolutes Minimum reduziert. Wirt und Serviererin, da wo er seinen Mittagstisch hatte und die Kassiererin im kleinen Quartierladen wo er Zigaretten, Wein, Schnaps und den übrigen Bedarf deckte, waren die wenigen Menschen mit denen er kommunizierte.     Und nun war er zum ersten Mal in einem Spital, Ärzte hatte er im ganzen Erwachsenenleben nur selten gesehen, ach ja bei der Aushebung zum Militär hatte ihn ein netter älterer Arzt ausgemustert, warum ist nicht bekannt. Nun wurde er endlich einmal gründlich untersucht, wie staunten die Ärzte, dass er trotz eines ansehnlichen Weinkonsums und Kettenrauchens, nicht nur dem Alter entsprechend, kerngesund war. Jovanna pflegte ihn sehr sehr liebevoll, soviel Zuwendung hatte er noch nie in seinem Leben erfahren. Um seinen sexuellen Bedürfnissen nachzugehen, war er, als er noch jünger war, regelmässig nach dem benachbarten Ausland—wo es noch Bordelle gab— gefahren; aber dieses Bedürfnis –so dachte er—war vorbei. Nuttenmässig sah Jovanna nicht aus, gab sich auch nicht so, schon eher Vamp- mässig selbstbewusst. Mit dem laufen hatte Heinrich viele Probleme, für eine gute Physiotherapie und weitere Pflege kam er in ein privates, seinen finanziellen Möglichkeiten angepasstes,  Klinikum. Jovanna besuchte ihn jeden Abend, ja sie nahm die circa achtzig Kilometer gerne in Kauf, denn sie hoffte dass es gut investiertes Geld sei.                                                                                                                                   Man konnte Heinrich vieles nachsagen, doch war er weder naiv noch dumm. Er sah Jovanna wie die Kirsche auf seinem Alterskuchen, und er hatte sehr schnell Gefallen an dieser Kirsche gefunden. Dass die Kirsche, kurz nach der etwas unüberlegten und forcierten Heirat recht bald zu einer „Sauerkirsche“ mutierte hatte Heinrich nicht erwartet. Er kaufte Jovanna eine Wohnung, blieb aber lieber alleine in seiner altbekannten Bleibe. Jedes Mal wenn Jovanna Geld forderte, sie war meist nicht in ihrer Wohnung sondern irgendwo im Ausland, gingen sie zusammen zur Bank wo Jovanna  ums Geld feilschte wie ein Marktweib um halbverdorbenen Fisch. Eine Vollmacht für seine Konten hat ihr Heinrich, klugerweise, stets verweigert. Ob Jovanna sich ab und zu, auf gewisse Art und Weise, dankbar erwies, sei dahingestellt!                                                                                            Seit kurzem kümmert sich ein neuer „Vamp“ um Heinrich, der inzwischen ins betreute Wohnen abgewandert ist. Dieser neue „Vamp“ nistet sich nun in der Wohnung der noch Ehefrau ein und drängt den armen Heinrich —ganz uneigennützig—sich von diesem schrecklichen schmarotzenden Weibsbild, Jovanna, scheiden zu lassen und dann dank ihrer selbstlosen und liebevollen Pflege das Wohn-Heim zu verlassen und  in seine—durch die Scheidung freigeräumte— Wohnung zu kommen.

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