Es war in den
frühen siebziger-Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts, ich war als
Ärztebesucher—heute heisst das Pharmareferent— an der, wie es damals noch hiss,
Sprachgrenze—der Röstigraben war noch nicht ausgehoben— tätig. Da ich dieser Arbeit schon seit
beinahe zehn Jahren nachging kannte ich meine Kunden recht gut. Bei einem sehr
netten Arzt in Freiburg/Fribourg hatte ich einen Termin so gegen zwölf Uhr
mittags ;das war die übliche Besuchszeit bei diesem Arzt, denn er wollte zuerst
alle Patienten des Vormittags „erledigen“ „liquider“. An diesem
Tag hatte ich mehrere Termine, alle im Stadtzentrum, darum lies ich mein Auto
ein wenig weiter vom Zentrum entfernt in einer
Zone mit unbeschränkter Parkzeit stehen und nahm meine Tour zu Fuss in Angriff. Da es plötzlich
stark regnete ging ich etwas zu früh in die Praxis meines Kunden, das störte
mich keineswegs hatte dieser Arzt doch in dem Wartezimmer viele gute
Kunstzeitschriften aufliegen. So vertiefte ich mich in die Gazette de l’Hôtel
Drouot in der sowohl alle Kunstversteigerungen wie die erzielten Resultate
abgedruckt waren, was meiner Sammlerwut entgegen kam. Plötzlich merkte ich,
dass es um mich herum eigenartig still geworden war, es war inzwischen halb
eins. Als ich aus dem Wartezimmer trat, merkte ich, dass ich alleine in der
Praxis war. Ja man hatte mich einfach
vergessen und eingeschlossen. Ich sah mir den Terminkalender der Praxis an und
stellte fest, dass der erste Patient um viertel vor zwei eingeschrieben war. Ich
ging in die Küche und nahm mir einen lauwarmen
Kaffee aus der Filter-Kaffeemaschine, kleine Esspressomaschienen gab’s
damals noch nicht. Dann setzte ich mich hinter die Empfangstheke und freute mich auf das dumme Gesicht der Praxishilfe. Nicht die Praxishilfe, nein
der Arzt kam um halb zwei und als er mich sah erschrak er, es war ihm sehr
peinlich, er und nicht seine
Praxishilfe hatte mich vergessen, denn
die war noch vor zwölf ,von ihm selbst
zur Post geschickt worden.
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