Freitag, 27. März 2015

Geschwister

 Nun war auch noch der geliebte Vater gestorben, lange Jahre nach der verhassten Mutter. Beide Johanna und Bernhard hatten sich notgedrungener massen bei den Besuchen, erst noch in der Wohnung, dann im Heim und zum Ende in der Klinik, abgelöst. Wie jedes Mal wenn sie sich sahen war es zu Streit gekommen als sie die Besuchszeit festlegten um sich möglichst aus den Weg zu  gehen aber doch sicherzustellen dass der ,von beiden vergötterte, Vater täglich mindestens zwei, besser vier Mal besucht würde. Nach der pompösen Trauerfeier—jeder wollte den anderen übertrumpfen—ging Bernhard nach Hause um in Ruhe zu überlegen, wie es nun mit dem—sehr grossen—Erbe weitergehen sollte; ob er bald seinen Traum verwirklichen und mit dem verhassten Job Schluss machen könnte.                                                                                                                 Das Testament war beiden ja bekannt, der Vater hatte sie gezwungen ihre Fehde auf Eis zu legen und einen Erbschaftsvertrag zu unterschreiben. Sie sollten zu gleichen Teilen erben!                                Der Termin auf dem Notariat  hatte für alle beide  Schwester und Bruder eine grosse Überwindung bedeutet. So lange zusammen zu sein, erst Mittagsessen, dann der Termin im Notariat und zum Schluss die Heimfahrt mit dem Vater ins Haus ihrer zänkerischen Kindheit hatte beiden an den Nerven gesägt.                                                                                                                                      Was die beiden Streitenden nicht bemerkt hatten –da sie vor lauter Streit den Vertrag nur oberflächlich gelesen hatten— war eine im Erbvertrag vorhandene Klausel die vom Humor ihres Vaters zeugte. Im Vertrag stand, dass sowohl Haus wie Hausrat verkauft werden musste—im gegenseitigen Einvernehmen—ja jeder noch so keine Verkauf musste schriftlich dokumentiert und von beiden unterschrieben werden. Alle Objekte die einer der beiden selbst behalten wollte musste genauso dokumentiert, auf das gesamte Erbe angerechnet und vom anderen bestätigt werden. Erst nach dem Verkauf der Möbel und Objekte konnte der Verkauf des Hauses in Angriff genommen werden und erst dann kamen die beiden an das grosse Aktienpaket und das viele Bargeld heran. Bernhard wusste genau, dass er wegen des streitbaren Charakters von Johanna erst nach langen Jahren in den Genuss des ganzen Geldes kommen würde, ja er wäre dann schon lange Rentner und müsste auf  das viele schöne Geld bis in alle Ewigkeit warten.

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