Mein Vetter
Wolfgang war viele Jahre lang in einer Pharmafirma in Basel in der
wissenschaftlichen Dokumentation tätig. Er war sehr begabt und recht clever
aber er hatte eine Art seinem Vorgesetzten immer wieder Fallen zu stellen um
dann vor Allen seine Dummheit ans Licht zu bringen .Er war nicht faul, nein er
war sehr selektiv mit der Arbeit, erledigte was nötig war sehr schnell, klagte
aber immer über Zeitmangel um sich wichtigerem zuzuwenden wie Literatur und
Kunst—vor allem Kleinkunst—hatte es ihm sehr angetan .Er war recht voraussehend
und wusste meist was sein Vorgesetzter ihm als nächste Arbeit auftragen würde.
Er bereitete sich darauf vor und wenn dann der Auftrag wirklich kam hatte er
wieder Zeit für wichtigeres, privates. Bei einer erneuten Reorganisation kam
sein Chef in eine verzwickte Lage, einerseits wollte er den aufmüpfigen
Wolfgang endlich loswerden, andrerseits fürchtete er einen
überdurchschnittlichen Mitarbeiter nicht ersetzen zu können. Wölfchen kriegte
seine wohlverdiente und selbst verschuldete Kündigung. Er machte sich „selbstständig“ arbeitete bei einem befreundeten Ehepaar
in einer Beraterfirma—wo er dieselben Fehler machte—allen zu zeigen dass sie dumm
seien, er aber sei intelligent. Wegen seiner Liebe zur Kleinkunst versuchte er
sich als Artisten—Manager, dieser Flopp wurde zum Desaster. Denn Wölfchen war
trotz seiner grossen Intelligenz in vielen Dingen geradezu erschreckend naiv. Menschenkenntnis hatte er keine, und
wurde deshalb weidlich ausgenützt. Da es ihm immerzu an Geld mangelte, liess er
sich gerne zum Essen einladen, auch und vor allem bei seinen Artisten wo immer
ein Teller mehr hingestellt werden konnte—was dann im Teller war sei
verschwiegen— Zu
solchen „Einladungen“ brachte er meistens einige Flaschen aus seinem ehemals gut
bestückten Weinkeller mit, soviel er eben tragen konnte da er kein Auto fuhr.
Bei so einem Verbrauch ist auch ein grosser Weivorrat bald leer,
Wolfgang bestellte munter nach. Weil er,
seit vielen Jahren, ein sehr guter Kunde war lieferten ihm die verschiedenen
Weinhändler munter weiter auch wenn noch Rechnungen offen waren. Wölfchen sagte
immer, wenn ich vom selben Händler einerseits eine Mahnung andrerseits aber
eine Offerte kriege so muss ich mich ja entscheiden! Er entschied sich meist
für eine Bestellung, die komischerweise oft auch geliefert wurde. Wie prekär
seine Lage wirklich war, hat er selbst nicht mit ansehen müssen, er verstarb an
einem massiven Herzinfarkt, nachdem er mir nachts noch an Telefon von pektanginösen
Beschwerden erzählt hatte und mich
fragte ob ich ihm bei Gelegenheit Nitroglycerin Pillen besorgen könne, von
Ärzten hielt er nicht viel, hatte wohl auch Angst vor deren Urteil. Seine Geschwister mussten leider das Erbe
ausschlagen, zu hoch waren die NEGATIVA und so wurde seine schöne Bibliothek in
alle Winde verweht.
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