Schon als Kind war er anders gewesen als seine neun Geschwister. Ja
Tristan war sehr eigensinnig, doch als jüngster Spross dieser, dem Kleinadel
angehörenden, alteingesessenen Familie, wurde ihm schon in sehr jungen Jahren fast
alles durchgehen gelassen. Aufgewachsen ist er in dem schlossähnlichen
Familiensitz am See, eigentlich gehörte das Anwesen noch zur Stadt, war aber in
einer eleganten und steuerlich privilegierten Gemeinde angesiedelt. Die Schulen schaffte er—
dank vieler Nachhilfestunden—mit Ach und Krach, es lag nicht etwa an mangelnder
Intelligenz sondern an grosser Gleichgültigkeit und unermesslicher Faulheit. Aber faul war er nur,
wenn ihm etwas nicht zusagte, bei Spiel und Sport—wenn Spiel und Sport seinen
Vorstellungen entsprach—war er sogar der fleissigsten einer. Das Studium an der
Uni war wirklich nicht sein Ding, er wollte in irgendeinem Geschäft, möglichst
gleich als Chef aktiv werden. Dank seines doch sehr prestigereichen Namens fand
er auch schon bald einen Wirkungskreis in einer Handelsfirma. Aber der
wohlklingende Name wog seine dunkle Seite bei weitem nicht auf. Wegen einigen Schummeleien, verklagt war er nicht
geworden, verliess er die Firma und verschwand für mehrere Jahre irgendwo in
Lateinamerika. Als Tristan—er hasste seinen Namen, sowie er Wagner nicht
ausstehen konnte— mit Ende dreissig, mittellos zurück zu seinen Geschwistern
kam, wurde ein Familienrat einberufen. Alle Geschwister waren sehr erfolgreich,
sie waren Wissenschaftler, Geschäftsleute, Künstler, Kleriker aber auch Beamte
in höherem Staatsdienst. Entschieden wurde, dass Tristan im leerstehenden Familiensitz
eine Wohnung beziehen würde und auch in gewisser Weise den Palast verwalten solle. Dafür wurde er auch
von den Geschwistern grosszügig unterstützt. Alle wollten, dass im
Familien-Stammhaus jederzeit Gäste untergebracht und ab und zu Feste ausgerichtet
werden konnten. Dazu war auch das notwendige Personal, auf Abruf, vorhanden. Das
Leben als Schlossherr gefiel ihm sehr gut und er war, für die Gäste seiner Familie
ein charmanter Gastgeber und auch ein perfekter Verwalter fürs Schloss. Tristan
liebte die Liebe, ja er flatterte von Abenteuern zu Affären, oft musste er sich vor
wutentbrannten gehörnten Ehemännern verstecken, aber es lief meist glimpflich
ab. Trotz der grosszügigen Apanagen war Tristan stets knapp bei Kasse. Durch
seine Beziehungen in den besseren Kreisen kannte er viele Damen der Gesellschaft,
die sich in ihrem Luxus nach Liebe und Nähe sehnten und auch dazu bereit waren,
es sich etwas kosten zu lassen. Es ist ja sehr erstaunlich wie viele Frauen
ihren etwas jüngeren Liebhaber bemuttern, sie verwöhnen ihn mit den schönsten
Anzügen, schnellsten Autos und fabelhaften Urlaubsreisen in Luxusorte. Geld, nein Bargeld, hat er nie
angenommen, das fand er einfach zu vulgär! Jahre lang lebte Tristan das Leben
eines Gigolos oder besser Playboys, er wurde ohne es zu merken alt. Die Damen
der Gesellschaft—seine bisherige Einnahmequellen—fanden mühelos jüngere
potentere interessantere Liebhaber. Tristan gab aber nicht etwa auf, nein nun
suchte er jüngere Gespielinnen; ganz junge waren ihm zu blöd und vor allem
allzu anstrengend, war er doch
inzwischen schon Anfang sechzig. Aber so dreissig plus….das war was er sich
anlachte und brauchte. Diese jüngeren Bekanntschaften die er mit nach Hause
schleppte um sie dann durch das tolle Anwesen und den eleganten Butler—einem Komplizen—zu
blenden und die er dann nach dem Tête à Tête Dinner vernaschte, hatten es ihm
angetan. Meist dauerte solch eine Affäre mehrere Monate. Da seine Mittel immer
bescheidener wurden—die Monatliche Zuwendung der Familie schrumpfte durch den
Tod einiger Geschwister—fand er eine unfehlbare Methode diese jungen Damen bei
der Stange zu halten. Aus seinen turbulenten Jugendtagen waren ihm mehrere
Freunde geblieben, darunter war ein angesehener Notar und der war die
Schlüsselfigur seiner cleveren Methode. Schon wenige Tage nach einer
befriedigenden Eroberung, nahm er die Geliebte mit zum Notar und setzte ein
Testament auf in dem er der Gespielin –seiner grossen Liebe— seinen ganzen Nachlass verschrieb. Das sein Nachlass, sollte
er in diesem Moment sterben, nur aus Schulden und Verpflichtungen bestand
erwähnten weder Tristan noch der ach so seriöse Notar. Daran dass ein Testament jederzeit geändert oder annulliert werden kann,
dachten diese jungen Damen nicht und
sollten sie aber je daran denken und
nachfragen, antwortete der beleidigte Tristan empört: du traust mir so eine Gemeinheit
zu? Somit hatte Tristan bis ins hohe Alter stets junge, naive,
erbschleicherische Betthäschen zur
Verfügung.
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