Donnerstag, 26. Mai 2016

Personalchef

Mit ach und krach hatte Helmuth sein Abitur und dann sein Studium geschafft. Im Studium hatte er konsequent die Fakultäten gewechselt, mal dies mal das, Papa hatte lange zugesehen und auch bezahlt, bis er ihm eines  schönen Tages ein Ultimatum stellte. Noch drei Semester dann hast du einen Abschluss oder  du bekommst von mir nicht einen Cent, damals noch Pfennig, mehr. Helmuth der inzwischen die dreissig schon um einige Jahre überschritten hatte, schloss sein Philosophie-Studium mit einer Lizenz ab und konnte somit Papa dazu überreden ihn doch noch weiterhin zu unterstützen—was dem sehr begüterten Vater ja nicht schwer fallen konnte—da er noch eine Doktorarbeit angefangen hatte. Nun hatte dieser gut erzogene etwas füllige, aber immer pikfein gekleidete, Herr Doktor das Problem eine Arbeit zu suchen. Es war gar nicht so einfach, mit fast vierzig seine Bewerbungsschreiben zu verfassen, denn allgemein wurde in diesem Alter Berufserfahrung vorausgesetzt. Auch welche Arbeit er gerne machen würde war ihm schleierhaft. Papas Hilfe war wieder gefragt. Durch die Väterlichen Beziehungen fand Helmuth eine Stelle als Assistent des Personalchefs einer grösseren Firma. Er machte seine Arbeit weder gut noch schlecht, aber mehr wurde ja auch nicht erwartet. Der plötzliche Herztod des Personalchefs kam, nachdem Helmuth gut eingearbeitet war. Seine Herkunft und sein Doktortitel sowie seine guten Umgangsformen ermöglichten es ihn, Helmuth, zum Nachfolger des Verstorbenen zu küren. Die Jahre vergingen und aus dem etwas fülligen aber sehr gepflegten Personalchef wurde ein dicker ungepflegter, immer leicht nach Alkohol duftender Mittfünfziger, seine Anzüge waren zwar nicht wirklich schmutzig aber irgendwie schmuddelig. Es passierte nichts, die Firmenleitung, zu der er als Personalchef ja auch gehörte, hatte sich wohl an ihn gewöhnt. 
Als er eines Tages mit einer Zahnlücke zur wöchentlichen Direktionssitzung erschien ,wurde davon kein Aufheben gemacht, aber als er nach einigen Wochen immer noch keinen Zahnersatz im schwammigen Mund hatte, fragte ihn der Produktionsleiter ob er nicht zum Zahnarzt gegangen sei. Nein, war seine Antwort, ich habe Angst davor, ausserdem stört‘s mich nicht besonders. Auch Monate später änderte sich nichts daran ausser dass nun auch noch der zweite Schneidezahn fehlte.       
Somit hatte der Personalchef des grössten Arbeitsgebers der Stadt einen –um nicht zu sagen Bisslosen—so doch Zahnlosen Personalchef.                                                


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