Kai-Uwe und Hedwige waren schon lange ein Paar. Kai-Uwe war
zwar verheiratet, unglücklich verheiratet, wie er immer wieder betonte, aber er
war an seine, an den Rollstuhl
gefesselte Frau Senta, durch Schuld und finanzielle Abhängigkeit gefesselt.
Kai-Uwe war schon als Jugendlicher ein Motoradnarr gewesen. Mit Hedwige fuhr er
in jeder freien Minute meist in die Alpen um waghalsige Passfahrten zu
unternehmen. Es waren seine wilden Jahre, dass dazu auch schon mal Drogen in
Form von Haschisch und natürlich viel Bier kam lag wohl am Geist der Zeit. Für
Kai-Uwe war der Sex mit Hedwige immer nur einfach Sex—guter, sehr guter zwar sicher aber keine Liebe—gewesen. Sich zu
fragen, wie Hedwige darüber dachte ist ihm nie eingefallen. Auf der Uni lernte
er die Tochter des reichen Fabrikanten Braun, Senta, kennen. Berechnend umwarb
er sie, wurde auch nach einiger Zeit dem gestrengen Vater vorgestellt und bei
dieser Gelegenheit einer richtiggehenden Befragung unterzogen. Dass er Ökonomie
studierte war der einzig positive Aspekt den Papa Braun an ihm fand; das Motoradfahren,
die langen Haare, das Boheme-hafte seiner Kleidung—so Richtung ungepflegt
Flower-Power—kam in diesem Etepetete-Haushalt gar nicht gut an. Kai-Uwe hatte
aber sofort gemerkt, dass Senta ihm sehr ergeben war, wohl auch ein Wenig als
Protest den Eltern gegenüber. Den Wunsch, oder besser das Verbot der Eltern,
nicht Motorrad zu fahren schlug Senta in den Wind. Auf einer Passfahrt bei
herbstlicher Witterung rutschte die Harley auf nassem Laub aus. Senta blieb
querschnittgelähmt und Kai-Uwe wurde notgedrungen Schwiegersohn von Papa und
Mama Braun. Jahre später, Kai-Uwe hatte längst, nach dem Tod vom Schwiegervater
den Betrieb übernommen, fuhr der nun immer korrekt gekleidete Firmenchef, an
jedem Wochenende mit seiner Harley weg. Wiedererkannt hätten ihn wohl seine
Geschäftspartner nicht, wären sie ihm—dem inzwischen Glatzköpfigen Bierbauchigen—begegnet. Ja er hatte sich eine Perücke mit langem Zopf und
grauen Haaren machen lassen, trug Lederkleidung und frass –mit der
wiedergefundenen Hedwige auf den Sozius—viele hundert Kilometer an jedem
Wochenende. In den Biker-Hotels die er nun frequentierte waren Kai-Uwe und
Hedwige—die auch einen, allerdings echten fettigen ungepflegten grauen Zopf trug—bekannt
wie bunte Hunde. Je naturbelassener es zu und her ging desto wohler fühlten sie
sich. Zuhause hatten sie ja jeden erdenklichen Komfort, hier liessen sie sich
so richtig gehen. Weder Hedwige noch Kai-Uwe haben je gemerkt, wie lächerlich
sie und ihre Bande aussahen und wie ekelhaft ihre Präsenz für andere Hotelgäste
war, es sei denn, diese Art Bürgerschreck zu spielen trug zu ihrem Wohlbefinden
bei.
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