Montag, 27. Juni 2016

Lottogewinn als Lockvogel

Heiner hatte  nur noch wenige Freunde. Zu lange war er weg gewesen. Nun war er krank, ernsthaft krank. Ja nach den Ärzten waren seine Tage gezählt. Sehen tat man‘s nicht; es war nicht eine dieser Krankheiten die einen körperlichen Zerfall mit sich bringen. Durch seine vielen Stunden auf dem  Golfplatz und seiner  Gewohnheit stundenlang am Pool zu liegen und zu lesen, war er sonnengebräunt und sah kerngesund aus. Wie, fragte er sich, kann ich alle meine alten Freunde und Bekannte dazu bringen mit mir wieder Kontakt aufzunehmen. Da hatte er eine geniale Idee.

Durch seinen einzig verbliebenen Freund, einem Journalisten bei der Lokalzeitung, liess er verbreiten, er habe einen Riesengewinn in der Internationalen Lotterie gemacht und sei deshalb zurück in die Heimat gekommen. Arm war er nicht, er lebte recht gut in diesem Nobelhotel am See, wusste er doch, dass bei seiner prophezeiten Lebenserwartung das Geld  bestimmt reichen würde um hier an See seine letzten Tage oder gar Monate zu verleben. Aber eben, so alleine das wäre doch irgendwie fad. Wie von Honig angelockte Fliegen kamen alle verlorengeglaubten Freunde –natürlich ganz zufällig—ins Hotel um an der Bar oder im Speisesaal absolut überraschend  auf Heiner zu treffen. Keiner sprach offen von dem Fabelhaften Gewinn, gewisse Anspielungen aber waren nicht zu überhören. Heiner genoss es sehr, erzählte von seinem abenteuerlichen Leben und freute sich diebisch über die Manöver die einige der wiedergewonnenen Freunde anstellten um zum Drink oder  gar zum Essen eingeladen zu werden. Heiner lud nie ein, denn er musste, als Stammgast auch nie eine Rechnung verlangen oder gar unterschreiben. Als Heiner nach wenigen Wochen starb, veröffentlichte der Freund—jener Journalist—diese Geschichte, die sie eben gelesen haben, in der Tageszeitung. Manch einer ärgerte sich grün und blau über seine eigene Dummheit.

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