Es war wohl
in den frühen siebziger-Jahren, ich war schon seit mehreren Jahren als
Ärztebesucher
—neuerdings Pharmareferent—unterwegs.
Diese Arbeit
gefiel mir sehr, denn damals war es ein Leichtes an die Kunden heranzukommen.
Kaum einer verlangte, dass man einen Termin ausmache, nein man wartete im Korridor
bis der Arzt den Patienten verabschiedete und wurde meist sofort oder als Übernächster
empfangen. Man war in der Regel willkommen, war es doch die Gelegenheit für den
Arzt mal eine zu qualmen! Ja damals rauchten die meisten Ärzte noch…..
Einer meiner
Kunden, ein französisch sprechender Allgemeinchirurg, der wie damals alle Ärzte
in Biel auch gut Berndeutsch sprach und den ich nun schon seit mehreren Jahren
immer gern besuchte, war plötzlich nicht mehr an seiner bisherigen Adresse, der
Bahnhofstrasse wohnhaft, nur ein Informations-Blatt gab seine neue Adresse
bekannt. Ich fuhr zu besagter Adresse. Es war eine hübsche Villa an der
Peripherie der Stadt. Das alte Praxisschild von der Bahnhofstrasse war an einer
Seitentür angebracht, darauf stand wie eh und je „sonnez et entrez“ „Bitte
klingeln und eintreten“ sowie die korrigierten Sprechstundenzeiten. Ich folgte
der Aufforderung und kam direkt in ein Wartezimmer. Ich war der einzige Wartende,
kurz darauf komplimentierte der Arzt eine übermässig voluminöse Dame zum
Ausgang und begrüsste mich sehr freundlich mit den Worten „sie haben meine neue Adresse gefunden also gehören sie
nicht zu den Vertretern die „alte“ Ärzte aus ihrer Kartei ausscheiden. Ja
dieser Arzt war Ende sechzig und viele Firmen gaben die Anweisung so alte nicht
mehr zu besuchen, denn es sei
Zeitverschwendung. Das Sprechzimmer war dasselbe wie früher an der
Bahnhofstrasse, selbes Mobiliar gleiche Bilder an den Wänden, selber alte
Perserteppich am Boden. Der Arzt erklärte mir, dass seine Frau durch ihre
Multiple Sklerose nun pflegebedürftig sei und er deshalb die Praxis in die Villa
verlegt habe, ausserdem habe er beschlossen nicht mehr zu operieren um nicht allzu
oft abwesend zu sein. Nun erlaubte ich mir eine Frage die mir schon seit Jahren
auf der Zunge lag, aber mir fehlte bisher der Mut sie zu stellen. Ich sagte,
ihre Praxis war immer äusserst schön eingerichtet und gepflegt nur die
verstaubten alten Medikamente-Packungen auf diesem schönen Biedermeierschrank
hinten an der Wand haben mich immer gewundert.
Verschmitzt lächelnd
erklärte mir der sichtlich amüsierte Arzt: Ich habe ein katastrophal schlechtes
Gedächtnis für Namen aber noch immer eine gute Sicht, wenn ich nach dem Namen
eines Medikaments suche blicke ich zu dem Schrank und schon weiss ich den Namen
den ich auf das Rezept schreiben muss; der Patient denkt dann immer, dass sich
dieser gute alte Arzt zuerst genau überlegt habe was für ihn am besten wäre.
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