Vor vielen Jahren wohnte ich in Rolle
am Genfer See. Die Wohnung lag direkt am See. Die Besitzerin war die Witwe
eines Dachdeckers, der besoffen vom Dach gestürzt war. Er lag wenige Jahre nach dem Unfall eines Tages tot
in seinem Paraplegieker-Bett. Wie und woran er gestorben war blieb ein gut
gehütetes Geheimnis, war doch der Arzt der den Tod festgestellt hatte ein naher
Verwandter der Familie. Die Besitzerin hatte einen sehr geregelten Tagesablauf.
Morgens war sie, vom Vorabend her verkatert, mittags schlecht gelaunt aber so
ab drei Uhr empfing sie meist Herrenbesuch. Später kamen dann mehrere Gäste und
es wurde gezecht. Mit ihrem Sohn, der die Firma weiterführte war immer Streit.
Es ging meist um gegenseitige Anschuldigungen über den Lebenswandel der Mutter
und das Saufen des Sohnes und umgekehrt. Sie war schon mehrmals wegen Blaufahrens auf
Staatskosten für einige Monate untergebracht worden. Auch hatte sie erst vor kurzem
den Führerschein wieder—für wie lange war das beliebteste Wettthema in der
ganzen Gegend. Warum ich in dort wohnen blieb ist sehr einfach zu erklären. Die
Wohnung war klein und sehr romantisch, sie lag direkt am See und die grossen Dampfer
fuhren zwischen der künstlichen Poeten Insel „Ile de la Harpe“ und dem Hause
zum Greifen nahe vorbei.
Dann entschied ich mich meinen
Arbeitgeber zu wechseln. Ich fand nach fünfzehn Jahren eine neue Aufgabe. Mein
neues Reisegebiet umfasste einen kleineren Teil der Westschweiz und einige
grössere Gebiete der Deutschschweiz. Ein Umzug wurde nötig um pro Tag etwa 200
Kilometer weniger fahren zu müssen. Eines Mittags klingelte ich bei der Besitzerin
um meinen ausserterminlichen Auszug zu verhandeln. Sie machte auf Stur, ich müsse –wie es das Gesetz
vorschreibt—zwei zumutbare solvente Nachmieter finden oder die Miete bis zum
Vertragsende 11 Monate lang weiterbezahlen. Freundlich lächelte ich und dachte in
Petto: du Schnapsdrossel, dir werde ich’s
zeigen. Dann verabschiedete ich mich süss lächelnd.
Ich hatte einen Freund, er war
Gynäkologe mit eigner Praxis in Lausanne. Mein Freund stammte aus Schwarzafrika
was man auch nicht übersehen konnte. Er hatte eine weisse Frau und vier
Milch-schokoladefarbene Kinder Er war mit Feuer und Flamme dabei dieser—wie ich
wusste und ihm schon mehrmals gesagt hatte—primitiven Rassistin eins
auszuwischen. Zum Besichtigungstermin kam er mit seiner Ebenholz-farbenen
Schwester und den so süssen adrett bekleideten Kindern. Sofort will ich den
Vertrag unterschreiben sagte er der Vermieterin, die ihn bat zur Verwaltung zu
gehen, denn es seien ja noch andere Bewerber da. Andere Bewerber? fragte ich
lächelnd, also muss ich keinen zweiten Nachmieter suchen?
Dumm war die Dame nicht, sie hatte
mein Manöver sofort durchschaut wusste dass sie verloren hatte und sprach seither kein Wort mehr mit mir. Die Verwaltung teilte mir mit, dass ich ohne
Bedingung zum gewünschten Termin die Wohnung verlassen könne.
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