Anita und Friedemann waren sich,
trotzdem sie beide schon seit Jahren in dieser Grossbank arbeiteten, nie zuvor
begegnet. Es war an der grossen Feier zum hundertfünfundzwanzigsten Jubiläum
dass sie, ganz zufällig bei einer Polonaise,
an der sich nicht zu beteiligen leider unmöglich war, sich gegenüber
standen und demzufolge auch miteinander tanzen mussten. Beide waren, so
stellten sie etwas später—als sie zusammen in der dunkelsten Ecke der grossen
Terrasse standen—wie vom Blitz getroffen worden. Es herrschte aber kein
Gewitter an diesem schönen Sommerabend, also musste es etwas anderes sein. Es
war Amors Pfeil der mal wieder getroffen hatte. Anita und Friedemann gaben sich
alle Mühe, die Schmetterlinge die in ihren Bäuchen wild herumflatterten zu
zähmen. Erfolg hatten sie dabei keinen und so kam es, dass sie im Park im
Dickicht übereinander herfielen. Zurück im Festsaal wurden sie wieder getrennt
und kamen erst einige Tage späte dazu richtig Bekanntschaft zu schliessen.
Beide waren verheiratet mit Haus Kindern,
Hund und Partner! Aber eben, die Schmetterlinge liessen sich nicht
verscheuchen. Friedemann schlug vor, sich doch ab und zu einer Schmetterlingsjagt zu treffen. Diese
Treffen—obwohl schwierig zu bewerkstelligen—wurden zur, zwar raren aber,
sehnlichst erwarteten Gewohnheit. Später
trafen sie sich meist zu einem Nachtessen bevor Jagd auf die wenigen
überlebenden Schmetterlinge gemacht wurde. Und an dem Abend, als sie
feststellen mussten, dass sie keine Schmetterlinge sondern nur noch einige
Dutzend Austen im—inzwischen bei beiden recht vorgewölbten Bauch— hatten,
beendeten sie ohne Trauer ihre Jagdabende.
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