Vor vielen vielen Jahren hatte ich
einen Freund—halt den Freund habe ich ja immer noch—aber eben damals war er
frisch verheiratet. Schnell kam ein Kind, ein Junge. Der Junge war sicher auch
der Hauptgrund dieser Ehe. Die Frau, nennen wir sie Jutta, war sehr schön, wie
aus einem Bild Rosettis oder eines anderen Pre-Raphaeliten kopiert. Damals war
man politisch eher links, also nannte man den Sohn Karl-Friedrich nach den
Idolen der Linken (Liebknecht Engels Marx). Später war mein Freund sehr froh
über den Mangel an Wissen der es den meisten Menschen unmöglich machte aus dem
Namen des Sohnes auf die „linke Vergangenheit der Eltern zu schliessen“. Beide
Eltern arbeiteten Teilzeit um ihre künstlerischen Ambitionen nicht verkümmern
zu lassen. Geld war knapp. Mein Freund kümmerte sich um den Löwenanteil der Haushaltsarbeit,
denn Jutta musste sich ja—wie damals üblich—realisieren! ausserdem vergass
Jutta regelmässig, dass sowohl ihr Mann als vor allem ihr Söhnchen manchmal Hunger
hatten und zu Essen brauchten, denn sie selbst brauchte vor Allem „geistige Nahrung“.
Also Stefan, nennen wir meinen Freund mal so, putzte, kochte, wusch, bügelte, besorgte
die Einkäufe und windelwickelte den kleinen Karl-Friedrich. Es wurde nicht
besser mit den Jahren, Karl-Friedrich war inzwischen knapp zehn Jahre alt/jung
als Jutta ihrem Stefan eröffnete dass sie ihre Freiheit brauche, da sie nun mit
einem ganz einfühlsamen Mann zusammenziehen wolle der sie wirklich verstehe. Dieser
Idealmann werde sie unterstützen und von den ach so belastenden Haushaltspflichten
befreien!
Stefan war am Boden zerstört, er
verstand die Welt nicht mehr, musste sich aber seinem Schicksal fügen. Es kam zur Scheidung.
Karl-Friedrich war eins der ersten
Scheidungs-Kinder der seinem Wunsche entsprechend von beiden Eltern wochenweise
betreut wurde. Meist war er etwa eine Woche bei Jutta mit ihrem Freund und drei
bis vier Wochen bei Stefan. In der Jutta-Woche war er meist sich selbst überlassen,
nur manchmal kümmerte sich der neue Freund Juttas—ein Psychologe—um sein Seelenheil,
für das leibliche Wohl war der—meist fast leere—Kühlschrank zuständig.
Bei Stefan gab’s reichlich und gut zu
essen, auch wurden die Schulaufgaben kontrolliert und die Kleider instand
gehalten oder erneuert. Was Karl-Friedrich sich in drei Wochen, gemäss seiner Mutter Jutta, „angefressen“
hatte verlor er in der Woche bei seiner Mutter wieder. Also kann man mit Fug
und Recht von einem YO-YO-Kind sprechen!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen